Die Lokführergewerkschaft GDL kämpft gegen Dumpinglöhne und für gleiche Bezahlung von Mitarbeitern von privaten Verkehrsunternehmen und der Deutschen Bahn. Dieser Kampf sollte unterstützt werden, meint Werner Halbauer.
Die Eisenbahn-Verkehrsunternehmen, allen voran die DB, machen kräftig Propaganda gegen die Warnstreiks der Gewerkschaft der Lokführer (GDL). Es wird behauptet, dass fast alle Forderungen der GDL zum Flächentarifvertrag in den Verhandlungen zwischen DB und GDL erfüllt seien oder eine Einigung nahe sei. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Die Verkehrsunternehmen verlangen die Übernahme der Vereinbarung Branchentarifvertrag für den Nahverkehr zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und den Nahverkehrsunternehmen, die einen Baranchentarifvertrag mit ca. 5 Prozent Lohnerhöhung bei einer Laufzeit von 29 Monaten vorsieht.
Darüber hinaus ist bekannt geworden, dass dieser Vertrag noch nicht einmal einen Übernahmeanspruch der betroffenen Beschäftigten bei einem Betreiberwechsel im Schienenpersonennahverkehr beinhaltet.
Damit drohen den Beschäftigten, deren Arbeitsplätze ausschreibungsbedingt wegfallen, weiterhin Versetzungen bis hin zu Kündigungen.
Damit wird auch ersichtlich, warum der Branchen-Tarifvertrag (beschränkt auf den Nahverkehr) ein Segen für die Arbeitgeber ist. Für die Beschäftigten wird er sich als Fluch entpuppen. Es ist zu befürchten, dass in diesem »Jahrhundertwerk« noch viel mehr Kröten versteckt sind, als bisher bekannt geworden ist.
Alleine die Anwendung der tarifierten 40-Stunden-Woche würde ein Minus von 5 Prozent oder aber 13 zusätzliche Arbeitstage für die Lokführer bedeuten.
Die GDL fordert:
- einheitlicher Flächentarifvertrag für alle Lokomotivführer (BuRa-LfTV) mit einheitlichem Entgelt (Basis: 105 Prozent des DB-Niveaus) für alle Verkehrsbereiche,
- Absicherung bei unverschuldeter Fahrdienstuntauglichkeit
- einheitliche Qualifizierungsstandards
- Regelungen zum Übergang bei Betreiberwechsel und stufenweise Angleichung auf das Niveau der BuRa-LfTV
In der Öffentlichkeit herrscht derzeit laut ZDF-Politbarometer mehrheitlich Verständis für die Forderungen der GDL vor.
Doch noch immer hält sich bei einer Minderheit das Vorurteil, dass Lokführer zu den Besserverdienern gehören. Laut »Frankfurter Rundschau« erhalten Lokführer »bei den Unternehmen der DB – je nach Qualifikation und Berufserfahrung – jährlich zwischen 33000 und 42400 Euro im Jahr (inklusive Zulagen und Weihnachtsgeld). Wettbewerber zahlen teils bis zu 30 Prozent weniger.«
Wie sieht es im Vergleich dazu mit dem Durchschnittsverdienst in Deutschland aus? Das Statistische Bundesamt schreibt in einer Pressemitteilung vom 3. Februar: »Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verdiente in Deutschland im Jahr 2010 durchschnittlich 42 535 Euro brutto. Die höchsten Bruttojahresverdienste erzielten die Beschäftigten in Banken und Versicherungen (60 963 Euro) sowie in der Energieversorgung (59 516 Euro). Die niedrigsten durchschnittlichen Bruttojahresverdienste wurden im Gastgewerbe (24 012 Euro) gezahlt.«
Als Lokführer wird man also sicher nicht reich. Einige Medien verweisen dennoch darauf, dass es Berufe mit ähnlicher Arbeitsbelastung gibt, die geringer entlohnt werden. Stimmt. Das ist allerdings kein Grund, gegen Lohnerhöhungen für Lokführer zu sein. Es zeigt nur, dass auch anderswo Bedarf nach Lohnzuwachs besteht.
Unverständlich ist die Haltung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG (die EVG ist Ende 2010 aus der Fusion von GDBA und Transnet entstanden). Sie hat die Arbeitgeber davor gewarnt, den Forderungen der GDL nachzugeben. »Wenn die Arbeitgeber der GDL einen besseren Abschluss als mit uns zugestehen, wird das weit reichende Konsequenzen haben«, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner dem Tagesspiegel (21.2.2011). Kirchner konkretisiert: »Dann werde man Nachverhandlungen fordern und gleiche Bedingungen verlangen«, schreibt der Tagesspiegel.
Vernünftiger wäre, sich jetzt den Forderungen der GDL anzuschließen und sich im Streik solidarisch zu zeigen, um so die Kampfstärke der Lokführer für alle Beschäftigtengruppen produktiv einzusetzen.
Ein einheitlicher Flächentarifvertrag würde auch weitere Privatisierungen unattraktiv machen, z.B. im Falle einer Teilausschreibung von Strecken der Berliner S-Bahn. Das wäre positiv, denn Bahnprivatisierungen, so zeigen die Erfahrungen auch in anderen Ländern, gehen mit Einbußen für die Beschäftigten und Personalabbau einher. Für Bahnkunden bedeuten sie oft schlechteren Service bei steigenden Preisen.
Zum Autor:
Werner Halbauer ist Mitglied im Bezirksvorstand der LINKEN in Berlin-Neukölln.
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