DIE LINKE stellt sich auf die Seite der Menschen, die in Ägypten und der gesamten Region für ihre Freiheit kämpfen. Abgeordnete fordern, dass die Bundesregierung ihre Unterstützung für Diktatoren beendet
»Wer Waffen an Diktatoren liefert, macht sich mitschuldig an Unterdrückung, Zensur und Menschenrechtsverletzungen. Obwohl ihr die schweren Menschenrechtsverletzungen dort bekannt waren, hat die Bundesregierung Jahr für Jahr Waffenexporte nach Ägypten genehmigt«, kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Jan van Aken. Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher: »Auf Antrag der LINKEN findet am kommenden Montag, 7. Februar, um 15 Uhr eine Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses statt, um die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten und Initiativen für eine friedliche Lösung des Konflikts in Ägypten, Jemen und anderen Staaten des Nahen Ostens zu ergreifen. Die Fraktion hat darüber hinaus eine Aktuelle Stunde zu dieser Frage beantragt.«
Jan van Aken weiter: »Jahrzehntelang hat die Bundesregierung die Diktatoren in Ägypten, Tunesien und anderen Ländern gehegt und gepflegt. Menschenrechtsverletzungen wurden nicht einfach nur ignoriert, sie wurden auch aktiv unterstützt – nicht zuletzt durch umfangreiche Waffenlieferungen. So hat Deutschland seit dem Jahr 2000 Rüstungsexporte nach Ägypten im Wert von über 270 Millionen Euro genehmigt, darunter Panzer, 1.726 Maschinenpistolen und 606 Gewehre. Auf Fotos und Videos der letzten Tage sind zudem MAN-Wasserwerfer aus deutscher Produktion im Einsatz gegen ägyptische Demonstranten eindeutig zu identifizieren. So etwas darf sich nicht wiederholen. Wegschauen, Ignorieren und Unterstützen von Diktatoren darf keine Option mehr sein.«
Wolfgang Gehrcke weiter: »DIE LINKE hat Außenminister Guido Westerwelle aufgefordert, umgehend den Botschafter Ägyptens einzubestellen und die von Deutschland aufgewandten Gelder für polizeiliche und militärische Zusammenarbeit einzufrieren. Ein überlebtes Regime mit einem überlebten Präsidenten an der Spitze geht unter und scheint wild entschlossen, viele Menschen mit in den Untergang zu reißen. Die Bilder von Gewalt, Toten und Verletzten am Kairoer Tahrir-Platz rufen in aller Welt Entsetzen und Empörung hervor. Bei wohldosierter Empörung und wohlformulierten Forderungen nach Demokratie und Gewaltfreiheit darf die deutsche Außenpolitik jetzt nicht stehen bleiben. Außenminister Westerwelle und die Europäische Union lassen jegliche tatsächliche Konsequenz vermissen. Die USA, Deutschland und die EU klammern sich noch immer an das System Mubarak und sind entweder nicht fähig oder nicht willens, ihre eigenen Fehler, das kollektive Stillschweigen zu Wahlfälschungen, Folter, Korruption und Gewalt selbstkritisch zu benennen. Auch Deutschland trägt Mitschuld am System Mubarak.«
Waffenlieferungen stoppen
Anlässlich der aktuellen Entwicklung in Ägypten erklärten die Mitglieder des Vorstandes der Partei DIE LINKE, Wolfgang Gehrcke, Tobias Pflüger und Christine Buchholz zuvor:
»Ein Geheimdienstchef mit ausgezeichneten Beziehungen zum Mossad und zum CIA, eingesetzt als Vizepräsident und möglichen Nachfolger im Amt des Präsidenten, spricht nicht für Demokratisierung sondern für Militarisierung. Das lässt Schlimmes für die Entwicklung in Ägypten befürchten. Das Regime in Ägypten hat nach außen die innere Machtbalance wieder hergestellt, aber die Ruhe in Kairo ist eine Friedhofsruhe. Sie wird nicht von Dauer sein. DIE LINKE unterstützt die Forderung der Demonstranten nach Rücktritt von Hosni Mubarak und nach freien Wahlen. Alle Wahlen in den vergangenen zwei Jahrzehnten waren eindeutig gefälscht, mit Wissen und Tolerierung von Regierungen der USA und von EU-Staaten.
Die deutsche Außenpolitik gegenüber den arabischen Ländern muss grundlegend geändert werden. Die Doppelbödigkeit im Umgang mit Menschenrechten muss beendet werden. Mit dem Hinweis auf die Stabilität in der Region dürfen nicht beide Augen zugedrückt werden, wenn es z.B. um Pressezensur oder inhaftierte Oppositionelle geht. Ein wesentlicher Auslöser für die aktuellen Massenproteste in Ägypten waren steigende Lebensmittelpreise. Genau daran trägt aber insbesondere die Wirtschaftspolitik von EU und EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland wesentliche Mitschuld.
In Ägypten, Jordanien, Tunesien, Jemen u.a. Ländern der Region müssen grundlegende demokratische und soziale Veränderungen erfolgen. DIE LINKE fordert von der Bundesregierung insbesondere die Waffenlieferungen aus den EU-Staaten in den Nahen Osten sofort stoppen. Deutschland als Mitglied des Weltsicherheitsrates steht hier in einer besonderen Verantwortung.
DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, Mubarak nicht weiter zu unterstützen und wünscht der demokratischen Protestbewegung Erfolg.«
Gegen Doppelmoral
Auf seiner Tagung am 29./30. Januar in Berlin hat sich auch der Parteivorstand der LINKEN mit der Situation in Ägypten, Tunesien und dem gesamten Nahen Osten befasst und folgende Erklärung verabschiedet:
»DIE LINKE begrüßt explizit, dass sich Menschen z.B. in Ägypten oder Tunesien gegen autoritäre und undemokratische Strukturen auflehnen und wünscht diesen Demokratiebewegungen Erfolg. Diese Proteste sind weltweit eine Hoffnung für viele Menschen.
Die Bundesregierung muss auf Ägypten einwirken, dass keine weitere Gewalt gegen Demonstranten angewandt wird. Die Polizei darf nicht weiter gegen die Bevölkerung eingesetzt werden. Die Außenminister der EU-Staaten müssen sich auch für die persönliche Unversehrtheit des ehemaligen Generaldirektors der Atomenergiebehörde, el-Baradei und die sofortige Aufhebung seines Hausarrestes einsetzen.
Die Europäische Union und auch Deutschland stützen durch ihre Politik seit Jahren die undemokratischen Regime in den arabischen Staaten. Die Bundesregierung genehmigte 2009 Waffenexporte im Wert von 77,5 Millionen Euro an die Diktatur Hosni Mubaraks.
Zwischen den nordafrikanischen Ländern und der EU gibt es eine intensive Zusammenarbeit, z.B. zwischen Sicherheitskräften der nordafrikanischen Länder und der EU-Grenzbehörde Frontex, um Flüchtlinge aus der Region südlich der Sahara vor dem Übertritt nach Europa zu stoppen.
Deutschland und der Westen sehen die arabischen Diktaturen als Verbündeten im sogenannten Kampf gegen den Terrorismus und als Garanten für den Zugang zum Ölreichtum der Region. Weil die autoritären Regierungen in Tunesien und Ägypten als Bollwerk gegen den Islamismus gelten, schloss man die Augen vor inhaftierten Oppositionellen und Pressezensur.
DIE LINKE fordert ein Ende dieser doppelten Standards gegenüber den arabischen Staaten. Demokratie und Menschenrechte dürfen nicht weiter den Interessen der deutschen Wirtschaft untergeordnet werden. Dazu gehört vor allem auch, dass die Telekommunikationswege sofort wieder für die Bürger geöffnet werden müssen.
Viel zu lange hat die EU die politische und soziale Entwicklung in Ländern wie Tunesien, Ägypten und Jemen ignoriert. Dabei haben sich die Proteste angesichts der sozialen Situation in diesen Ländern schon länger abgezeichnet.«
Demonstration:
Um Druck auf die westlichen Regierungen auszuüben, findet am 4.2. um 14 Uhr eine Demonstration vom Adenauerplatz in Berlin zur Gedächtniskirche statt.