Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem ist der neue Vorsitzende der Eurogruppe. Gut für Europa, jubeln die Medien. Doch für die meisten Europäer lässt die Benennung Dijsselbloems nichts Gutes erwarten
Die Eurogruppe ist ein monatliches Treffen der EU Finanzminister. Offiziell ist es ein Forum ohne Entscheidungsbefugnis, doch seit der Eurokrise wurde das Treffen zu einer der wichtigsten Säulen der europäischen Politik. In den letzten Jahren war der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker Vorsitzender, jetzt wird ein unbekannter Niederländer den Vorsitz übernehmen.
Dijsselbloem ist ein politisches Leichtgewicht, das wenig Erfahrung in seinem Lebenslauf vorzuweisen hat. Für die niederländischen Sozialdemokraten (PvdA) trat er während des Wahlkampfes 2003 als roter Ingenieur auf, de facto ist er allerdings ein Technokrat, der auf die Zusammenarbeit mit der liberalen Partei (VVD) hinarbeitet. Zusammen mit dem PvdA-Vorsitzenden Diederik Samson, Premierminister Mark Rutte (VVD) und Minister Stef Blok (VVD) entwarf er den aktuellen Regierungsvertrag in den Niederlanden.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb: »Der Name Dijsselbloem bürgt für einen resoluten Sparkurs – auch um den für Sozialdemokraten hohen Preis weitreichender Arbeitsmarktreformen oder eines höheren Renteneintrittsalters.« Dijsselbloem selbst gab an, die »konsistente Linie« des ehemaligen Finanzminister s Jan Kees de Jager (VVD) fortsetzen zu wollen.
Merkel unterstützt Dijsselbloem
Darum unterstützte die deutsche Regierung seine Kandidatur auch so ausdrücklich. Merkel profitiert davon gleich doppelt. Der fügsame Vorsitzende Dijsselbloem wird den Spaniern, Italienern und Griechen eisenharte europäische Haushaltsregelungen aufzwingen, während der Posten des niederländischen Delegierten in der Eurogruppe von einem VVD-Politiker besetzt wird. Gleichzeitig ist dies die beste Garantie, dass die Niederlande die 3-Prozent- Hürde für Staatsschulden selbst nicht überschreiten.
Die echte Bedeutung dieser Benennung liegt also darin, dass auch die sozialdemokratische PvdA die neoliberale Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission unterstützt. In ihrem Drang dazu zu gehören erkennen sie nicht, dass die politischen Folgen dieser Politik nicht den Interessen ihrer Basis entsprechen. Wieder einmal sind die Sozialdemokraten in ihr eigenes Gefängnis gelaufen.
(Zuerst erschienen auf der niederländischen Webseite socialisme.nu. Übersetzung: Mona Dohle)
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