Personalabbau und Lohndumping im Zeitungsgewerbe. Gewerkschaft und LINKE üben Solidarität. Von David Paenson
Der drittgrößte Zeitungsverlag Deutschlands, M. DuMont Schauberg, Eigentümer u.a. der Berliner Zeitung, der Hamburger Morgenpost sowie des Kölner Stadtanzeigers und mit 50 Prozent Hauptanteilseigner der Frankfurter Rundschau (mit 40 Prozent ist die SPD über ihre Medienholding DDVG der zweitwichtigste Eigentümer) hat beschlossen, die gesamte Frankfurter Redaktion, mit Ausnahme der Lokal- und Regionalredaktion und des iPad- und Online-Geschäfts, in der Berliner Zeitung zu konzentrieren. Die Folge: der Wegfall von insgesamt 116 Stellen und die Schaffung von 72 »neuen« Stellen in tarif- und betriebsratslosen Gesellschaften außerhalb des »Druck und Verlagshaus FFM GmbH« (DuV).
Wie lange sich eine Lokalredaktion unter diesen Bedingungen halten kann, und mit welchen Auswirkungen die Mitarbeiter der Rundschau-eigenen Großdruckerei in Neu-Isenburg, im Frankfurter Süden, rechnen müssen, ist sehr ungewiss.
Verlust an Meinungsvielfalt
Ulrich Wilken, medienpolitischer Sprecher der LINKEN im hessischen Landtag, meinte dazu: »Mit diesem weiteren Schritt der Konzentration der Medienlandschaft geht jedenfalls ein wichtiger Standbein der Meinungsvielfalt verloren.«
Betriebsratsvorsitzender Marcel Bathis, der sich mit dem Landesvorstand der LINKEN traf, meinte, es müsse sehr viel getan werden, um eine gemeinsame Abwehrstrategie unter den Kollegen zu entwickeln. Sie stehen unter enormen Druck stillzuhalten, vor allem, weil dem einen oder anderen möglicherweise eine Neueinstellung in Berlin oder den Gesellschaften in Frankfurt in Aussicht gestellt wird.
Währenddessen hat ver.di angekündigt, alles zu tun, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und tarifliche Beschäftigung im DuV zu erhalten.
Demokratie und Medien
Der Umgang mit Medien nach rein profitorientierter Logik wirft auch die Frage nach der Demokratie in der öffentlichen Meinungsbildung auf. Ob nicht die Leserschaft ein Recht besitzt, von einer unabhängigen, regional angesiedelten Redaktion, zu der sie leichter Zutritt haben kann, informiert zu werden? Und ob die Redakteure nicht das Recht haben sollten, kollektiv über die Inhalte, die sie an ihre Leserschaft vermitteln, zu bestimmen, anstatt nur das wiederzugeben, was die dpa weitergibt?
Stattdessen wird die Lage der Redakteure weiter prekarisiert. Bereits heute sind von den insgesamt 60 Lokalredakteuren 28 bei der Dienstleistungsfirma Pressedienst Frankfurt zu schlechteren Bedingungen als ihre Kollegen des Frankfurter Druck- und Verlagshauses angestellt. Dieser Trend soll weiter forciert werden.
Solidaritätskomitee möglich
BR-Vorsitzender Marcel Bathis erklärt: »Was sind die Tarifverträge und Vereinbarungen mit der Arbeitgeberseite wert, wenn sie so offen gebrochen werden sollen, und welche Glaubwürdigkeit will eine Frankfurter Rundschau bei unseren Lesern noch haben, wenn sie z.B. Vorgänge in der Gesellschaft anprangert, die im eigenen Verlag genauso praktiziert werden?«
Die Rundschau mit ihrer über 60-jährigen Geschichte ist ein wichtiges Bindeglied der Region. Die Gründung eines Solidaritätskomitees von Lesern, Frankfurtern und Gewerkschaftern anderer Betriebe wäre eine Zielsetzung, in die sich DIE LINKE in Frankfurt und Region durchaus mit Gewinnchancen einbringen könnte. Für eine solche Zielsetzung müsste auch die SPD vor Ort gewonnen werden.
Marcel Bathis hat sich beispielsweise bereit erklärt, an einer Veranstaltung an der Fachhochschule Frankfurt zu sprechen, wenn dazu von den Vertrauensleuten und dem Personalrat eingeladen wird. Wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickeln wird, werden wir online auf marx21.de berichten.
Zum Autor:
David Paenson, Vorstandsmitglied von ver.di Fachbereich Bildung, Bezirk Frankfurt und Region