Tränengas, Polizeiknüppel und Zäune mit Stacheldraht. Die NATO zeigt sich in Strasbourg als das, was sie ist: ein aggressives Militärbündnis nach innen und außen.
Während der offizielle NATO-Gipfel durch Polizei, Armee und Sicherheitskräfte vollständig von kritischer Öffentlichkeit abgeschirmt wurde, hatten Zehntausende von Demonstrierenden Probleme überhaupt den Ort der geplanten Proteste zu erreichen. "Einreiseverbote, verschärfte Grenzkontrollen und die Sperrung des Zugangs zur Kundgebung sorgten dafür, dass ein geordneter Ablauf der Proteste nicht möglich war", kritsierte die LINKE-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel.
"Die deutsche und französische Regierung sind durch ihre restriktiven und repressiven Vorgaben verantwortlich für die Eskalation am Rande der Proteste", so Hänsel weiter. Die Situation verschärfte sich als die deutsche Bundespolizei den Zugang des Ostermarsches von Kehl über die Europabrücke nach Straßburg verweigerte.
Diashow (51 Fotos): Anti-NATO-Demo in Kehl am 4. April. (Fotos: Michael Bruns)
Dem internationalen Anti-NATO-Bündnis gelang es dennoch, mit der Auftaktkundgebung zu beginnen. Doch als französische Polizei in die friedliche Versammlung Tränengas schoss, musste diese abgebrochen werden. Friedliche Poteste gegen die NATO waren offensichtlich nicht erwünscht. Die dadurch provozierte Eskalation der Proteste bedeutete eine Gefahr für die Bevölkerung in Straßburg und für die Menschen, die an diesem Tag nach Straßburg gekommen waren, um gegen die Politik von Obama, Sarkozy und Merkel zu demonstrieren. Sarkozy hatte schon zuvor angekündigt: "Ich möchte an diesem Tag keinen Demonstranten sehen" – und dies brutal durchgesetzt.
Dirk Spöri, Mitglied im Landesvorstand der LINKEN Baden-Württemberg, erklärte dazu: "Für die Menschen bedeuten die Ergebnisse der Gipfel in der Wirtschaftskrise nichts Gutes: mehr Geld für Krieg und Rüstung, eine Verschlimmerung in Afghanistan und weitere Arbeitsplatzverluste".
"Zum Krieg nach außen kommt ein Krieg nach innen", sagte Spöri. Weil die Mehrheit der Bevölkerung die Kriege der NATO ablehne, "wurden die Menschen durch Polizeigewalt am Demonstrieren gehindert."
Wolfgang Gehrke, Sprecher für internationale Politik der Bundestagsfraktion DIE LINKE, kritisierte ebenfalls das Vorgehen der Polizei: "Die NATO hat sich in Strasbourg als das gezeigt, was sie ist: ein aggressives Militärbündnis nach innen und außen. Es war völlig legitim, dass über 30.000 Menschen nach Strasbourg gekommen sind, um gegen die NATO zu protestieren und ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen. Diese Legitimität kann auch durch Gewalt im Verlauf der Proteste nicht in Frage gestellt werden. Es war die Planung der staatlichen Gewalt in Frankreich und Deutschland, massenhaften Protest gegen den NATO-Gipfel nicht zuzulassen."
Für die Politik der NATO sieht Gehrke keinen Rückhalt in der Bevölkerung: "In vielen europäischen Staaten gibt es keine Akzeptanz für die Forderung des US-Präsidenten Obama, weitere Soldaten nach Afghanistan zu entsenden."
In seiner Antwort auf die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum NATO-Gipfel sprach Oskar Lafontaine aus, was viele denken: "Die NATO ist heute ein Interventionsbündnis, das völkerrechtswidrige Kriege um die Öl- und Gasfelder des Vorderen Orients führt. Diese NATO lehnen wir und viele andere ab."
Mehr auf marx21.de:
- "Die NATO will mehr Krieg in Afghanistan": Jürgen Wagner von der "Informationsstelle Militarisierung" hat mit marx21 über die aggressive Expansion der NATO, die Gefahr einer neuen Blockkonfrontation und über die große Bedeutung des Afghanistankrieges für das Militärbündnis gesprochen.
- Die Achillesferse der NATO: Christine Buchholz über die aggressive Strategie der NATO, die Besatzung Afganistans und mögliche Gegenwehr
- Linksammlung zur Kampagne "Bundeswehr raus aus Afghanistan"
Mehr im Internet:
- "Kein Frieden mit der NATO – Die NATO als Waffe des Westens": Broschüre zur Mobilisierung gegen den NATO-Gipfel, Herausgeber: Informationsstelle Militarisierung e.V. (als PDF zum Download, 2,5 MB, 72 Seiten)
- Jürgen Wagner, "Brüssel, das neue Rom? Ostexpansion, Nachbarschaftspolitik und das Empire Europa", Studien zur Militarisierung EUropas 36/2008, Informationstelle Militarisierung e.V. (IMI), PDF 757 KB