Die SPD ist dabei, sich mit Blick auf die Bundestagswahl 2009 links zu profilieren. DIE LINKE sollte die Führung der Sozialdemokraten beim Wort nehmen.
Die SPD hat einen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm vorgestellt, der sich im Tonfall deutlich von dem der Modernisierer in der Partei unterscheidet. Im Programmentwurf wird die durch den Kapitalismus hervorgerufene systematische Ungleichheit betont, die staatliches Eingreifen erfordere.
Im Gegensatz dazu gehen Außenminister Steinmeier, Finanzminister Steinbrück und der ehemalige SPD-Chef Platzeck in ihrem Buch „Auf der Höhe der Zeit“ davon aus, dass der Kapitalismus nicht generell zu Ungleichheit führt. Die Politik müsse sich nur um „Chancengerechtigkeit“ bemühen, zum Beispiel für Bildungs- und Weiterbildungsangebote sorgen. Diese sollen – so lautet zumindest die Theorie – allen zugänglich sein, egal ob Arm oder Reich. Das wird mit dem Begriff „vorsorgender Sozialstaat“ beschrieben.
Im Umkehrschluss heißt das: Wer in einer „chancengerechten“ Gesellschaft nicht zurecht kommt, ist selber schuld, weil er seine Möglichkeiten nicht genutzt, Angebote nicht wahrgenommen hat. Damit hat er auch das Recht auf staatliche Transferleistungen verwirkt. Wer Hilfe braucht, hat keine verdient – so sehen es die Modernisierer, auch wenn sie es nicht so offen sagen.
Mit einer Programmatik, wie sie die Autoren des Buches vorschlagen, würde der Neoliberalismus in einer besonders hässlichen sozialdarwinistischen Variante ins politische Erbgut der SPD eingebracht – nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Theorie.
Genau wie der Programmentwurf, ist auch die neue SPD-Kampagne „Gute Arbeit“ ein Versuch, sich mit Blick auf die nächsten Bundestagswahlen links zu profilieren. Mit ihr will die Parteiführung Schadensbegrenzung insbesondere in den Gewerkschaften betreiben – und damit den Vormarsch der LINKEN stoppen.
{slide=SPD-Chef Beck über die Kampagne „Gute Arbeit“} "Die Wirtschaft in Deutschland feiert wieder Erfolge, aber eine große Zahl von Menschen bleibt davon ausgeschlossen. Das ist der Widerspruch, den wir täglich erleben. Dagegen müssen wir angehen (…)
Das neue Wachstum überwindet die Spaltung der Gesellschaft nicht von allein. Wir brauchen ein Konzept für gute Arbeit und gerechte Löhne (…)
Deshalb haben wir die Kampagne 'Politik für gute Arbeit – Deutschland braucht Mindestlöhne' gestartet. Die Gewerkschaften unterstützen unseren Aufruf für Mindestlöhne (…)
Der gesetzliche Kündigungsschutz, die Mitbestimmung im Betrieb, Tarifautonomie und Streikrecht der Gewerkschaften sind unverzichtbare Bestandteile der sozialen Marktwirtschaft. Dafür kämpfen wir mit all denen, die in unserer Gesellschaft soziale Gerechtigkeit verwirklichen wollen."
(Quelle: www.gutearbeit.spd.de / Foto: Torsten Lauterborn) {/slide}
Doch die Kampagne steht im offenkundigen Widerspruch zur Halbherzigkeit der SPD in der Regierungskoalition beim Thema Mindestlohn – und der bisher betriebenen Politik der Schwächung der Gewerkschaften durch Hartz IV und Angriffe auf den öffentlichen Dienst.
Trotzdem wird diese Wendung der SPD Konsequenzen haben, indem sie Hoffnungen in eine Politikwende der Sozialdemokratie Nahrung gibt.
DIE LINKE sollte SPD-Chef Beck beim Wort nehmen, der in der Vorstellung der Kampagne schreibt: „Dafür kämpfen wir mit all denen, die in unserer Gesellschaft soziale Gerechtigkeit verwirklichen wollen“.
Die LINKE kann der SPD zum Beispiel eine Mobilisierung gemeinsam mit den Gewerkschaften für den Mindestlohn vorschlagen, um die CDU-Blockierer auch von außerhalb des Parlaments unter Druck zu setzen.
In einer solchen Mobilisierung braucht die LINKE ein hohes politisches Profil: Sie ist die einzige Kraft, die die Rücknahme zentraler Elemente der der Agenda 2010 wie Hartz IV und der Rente mit 67 fordert. Die LINKE ist auch nicht durch die Beteiligung an der Bundesregierung kompromittiert.
Indem sie sich in der gemeinsamen Aktion als Kämpferin gegen den Neoliberalismus beweist, kann DIE LINKE Vertrauen gewinnen.
(Stefan Bornost)