Am vergangenen Wochenende haben weltweit Hunderttausende gegen die militärische Aggression Israels im Gazastreifen protestiert. Zum Wochenende werden neue Proteste erwartet. Von Yaak Pabst
In Deutschland, beteiligten sich bundesweit mehrere zehntausend Menschen. Zur größten Kundgebung in Deutschland folgten in Duisburg 15.000 Demonstranten dem Aufruf für ein sofortiges Ende der Offensive und die Aufhebung der Blockade gegen Gaza. In Berlin versammelten sich 10.000 Demonstranten, darunter viele Muslime. In Mainz demonstrierten 5000, in Nürnberg 5000, in Hannover 3000 in München 3000 Menschen und in Augsburg 2000. Kundgebungen gab es zudem in weiteren Städten. "Stoppt das Massaker" war auf zahlreichen Transparenten und Plakaten zu lesen. Redner forderten ein sofortiges Ende der israelischen Aggression. Auf einem Plakat stand: "Israel tötet Unschuldige". Das Foto auf dem Plakat zeigte die von israelischen Bombern zerstörte Uno-Schule im Gaza-Streifen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind bei dem Angriff auf die Schule mehrere Dutzend Menschen getötet worden. Hunderte Palästinenser hatten dort Zuflucht gesucht.
Bewegung weltweit
In Marroko und der Türkei demonstrierten jeweils eine Million Menschen gegen den Krieg. In Washington erhoben mehrere tausend Menschen ihre Stimme gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Dort forderten Protestierende in Sprechchören vor dem Weißen Haus „Freiheit für Palästina – Schluss mit dem Krieg". Etwa 200.000 Menschen demonstrierten in mehreren französischen Städten. Allein in Paris waren es 100.000. Auch in London kamen 100.000 Menschen zu einem Protestmarsch. Dort versuchte die Polizei die Demonstration mit Gewalt zu beenden. Nach einem zunächst friedlichen Marsch attackierte die Polizei die Demonstration. Die Demonstranten wehrten sich (siehe Video). Weitere Proteste gab es in Dublin, Belfast, Edinburgh, Aberdeen und Newcastle.
Video
Auch in Oslo versuchte die Polizei die Demonstration gewaltsam zu beenden. Sie setzte Wasserwerfer gegen die Protestierenden ein. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen kam es ebenfalls zu Protesten. In Athen zogen Tausende Menschen aus Protest gegen die israelische Militäraktion vor die amerikanische und die israelische Botschaft. In der Hafenstadt Thessaloniki versammelten sich mehrere Tausend Menschen. In Italien kamen in Mailand, Florenz und Turin ebenfalls mehrere Zehnttausend Menschen zu Kundgebungen zusammen.
In Spanien gingen zehntausende Menschen auf die Straße. Bei der größten Kundgebung protestierten in Barcelona 100.000 Menschen. Zu der Kundgebung hatten Initiativen aufgerufen, die 2003 Massenproteste gegen die US-geführte Invasion im Irak organisiert hatten. In Málaga, Valencia und Palma de Mallorca fanden kleinere Kundgebungen statt.
Phosphorbomben bringen neuen Horror
Ungeachtet der weltweiten Proteste hat Ministerpräsident Ehud Olmert die „dritte Phase" des israelischen Angriffs ausgerufen. Laut einem Bericht der britischen Zeitung „The Times" setzt das israelische Militär Phosphorbomben ein. Für die Menschen in Gaza gleichbedeutend mit neuem Horror. Marineinfanterist Jeff Engelhart schilderte die Wirkung solcher Bomben den „Wiener Nachrichten Online": „Verbrannte Körper, verbrannte Kinder, verbrannte Frauen. Weisses Phosphor tötet auf unberechenbare Weise. Es bildet eine Wolke, die im Umkreis von 150 Metern jeden Menschen und jedes Tier verbrennt."
Übereinstimmend damit berichten Mediziner von schweren Verbrennungen ziviler Opfer in Gaza. John Ging ist Leiter von UNRWA, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge und wohnt in Gaza-Stadt. Über die Situation in Gaza erklärte er: „Es ist entsetzlich, unmenschlich! Die Menschen hier sind verzweifelt und traumatisiert von der israelischen Militäroperation. Tag und Nacht wird der Gaza-Streifen beschossen, aus der Luft und vom Meer aus. Viele leiden unter Schlafentzug, weil das ständige Bombardement und die Explosionen einen nicht schlafen lassen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind verunsichert und fühlen sich schutzlos der Gewalt ausgeliefert. Der Armee-Einsatz entwickelt sich zu einer Katastrophe für die Zivilbevölkerung. Es gibt kein Wasser, keinen Strom, kein Brot. Die Zahl der getöteten und verwundeten Zivilisten steigt stündlich. Besonders hoffnungslos ist die Tatsache, dass kein Ende des Militärschlags in Sicht ist. Die Menschen hier kämpfen ums Überleben und fühlen sich von der Welt im Stich gelassen. Sie werden verrückt und fragen sich, weshalb ihnen niemand hilft."
Wegen der dramatischen Zustände im Palästinensergebiet schlägt nun auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm. Angesichts der Kämpfe und der schlechten Hygienebedingungen im Gaza-Streifen warnte die Organisation vor einem Ausbruch von Seuchen. Die Zahl jener Menschen, die vor den Kämpfen fliehen oder keine Unterkunft mehr haben, steigt weiter an und geht nach Angaben des Uno-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) in die Zehntausende. Laut Uno handelt es sich um den größten Flüchtlingsstrom im Gaza-Streifen seit dem Sechstagekrieg von 1967.
Weitere Proteste dieses Wochenende
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft für dieses Wochenende zu weiteren Massenprotesten auf. In dem Aufruf heißt es „Zwei Wochen nach Beginn der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen ist ein Ende des grausamen Krieges nicht abzusehen: 750 getöteten und mehreren tausend verwundeten Palästinensern (Stand: 9. Januar) stehen ein Dutzend getötete und mehrere Dutzend verletzte Israelis gegenüber. Diese Relation sagt viel aus über die ungleiche Verteilung von Macht und Waffen im Nahen Osten, es sagt auch viel aus über die Unverhältnismäßigkeit und besondere Härte, mit der Israel diesen Krieg führt. Es sagt aber noch nichts aus über die Ursachen des Krieges und über die Frage, wer denn die Hauptschuld an ihm trägt. Für die israelische Regierung, Bundeskanzlerin Merkel und US-Außenministerin Rice steht fest: Hamas ist an allem Schuld. Ohne die ständigen Raketenangriffe auf südisraelisches Gebiet wäre die Reaktion der israelischen Armee nicht erfolgt. Die Wahrheit sieht anders aus. Israel hat sich sowohl gegenüber dem 2005 verlassenen Gazastreifen als auch gegenüber dem besetzten Westjordanland immer das Recht herausgenommen, militärische Aktionen (gezielte Tötungen, Razzien, Zerstörung von Häusern und Olivenplantagen usw.) gegen Palästinenser durchzuführen."
In dem Aufruf fordert der Friedensratschlag unter anderem den sofortigen Stopp der Luftangriffe, die Beendigung der Bodenoffensive und den „vollständiger Rückzug" der israelischen Armee aus dem Gazastreifen. Außerdem die Aufgabe der Blockade des Gazastreifens und einen einen „ungehinderten Zugang" für humanitäre Hilfe.
Um diese Übersicht auf dem aktuellen Stand zu halten, sind wir auf deine Mithilfe angewiesen. Bitte informiere uns über neue Demo-Termine. Vielen Dank!
- Demonstrationstermine (weitere folgen Stand 14.01.09)
Berlin Samstag, 17.01.2009, 14.00 Uhr Demonstration gegen den Krieg in Gaza, Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus
Bochum Samstag, 17.01.2009, 14.00 Uhr Demonstration Treffpunkt vor dem Rathaus Bochum.
Chemnitz Samstag, 17.01.2009, 11.00-13.00 Uhr, Mahnwache, Neumarkt
Chemnitz Montag, 19.01.2009, 16.00 Uhr, Demo, Neumarkt
Hamburg 16.01.2009, 17.00 Uhr bis 18:00 Uhr Mahnwache – Petri -Kirche (Mitte Mönckebergstr.)
Hamburg 17.01.2009, 14.00 Uhr Treffen auf dem Hachmannplatz (Hauptbahnhof) ab 14:30 Uhr Demonstration durch die Innenstadt über den Jungfernstieg zum Axel-Springer-Platz
Hannover Samstag, 17.01.2009, 14.30 Uhr Opernplatz Demonstration
Kempten Samstag 17.01.2009, 16.00 Uhr am Haupteingang Forum Allgäu eine Mahnwache / Demonstration
Köln Samstag, 17.01.2009, 14.00 Uhr Kundgebung auf der „Domplatte"
Stuttgart täglich, 15.00 Uhr bis 16.30 Uhr Mahnwache auf dem Schloßplatz
Weißenburg Samstag, 17.01.2009, 10.30 Uhr Kundgebung, Gotischen Rathaus