In seinem neuen Buch »Power at work. Die Rückgewinnung gewerkschaftlicher Macht am Beispiel Australiens« fordert Michael Crosby einen Umbau in den Gewerkschaften. Die australische Gewerkschafterin und Sozialistin Liz Ross über das Buch. Ein Beitrag zur Debatte.
»Wir befinden uns in einem Klassenkrieg«, ob wir wollen oder nicht, so Michael Crosby, australischer Gewerkschaftsfunktionär und Verfasser des jetzt auf Deutsch erschienenen Buchs »Power at work. Die Rückgewinnung gewerkschaftlicher Macht am Beispiel Australiens« (1). Hier skizziert Crosby die vor allem von der US-amerikanischen Dienstleistungsgewerkschaft SEIU (2), aber auch von anderen Gewerkschaften weltweit, verfolgte Strategie, der jahrzehntelangen Unternehmeroffensive gegen Beschäftigte in den Industrieländern etwas entgegenzusetzen.
Crosbys Anliegen besteht darin, eindringlich – sogar leidenschaftlich, wie er sagt – dafür zu plädieren, die australischen Gewerkschaften nach Jahren der Niederlage und einem katastrophalen Niedergang der Gewerkschaftsmitgliedschaft wieder aufzubauen. Damit steht er nicht alleine. Über 50 Prozent der australischen Arbeiterschaft wollen Mitglied einer Gewerkschaft sein, während nur knapp 20 Prozent tatsächlich organisiert sind. Die Notwendigkeit und auch das Bedürfnis für den Wiederaufbau liegen auf der Hand (3). Mit der Behauptung, ein Scheitern sei »undenkbar« und wir bräuchten einen radikalen Umbau in den Gewerkschaften, bietet Crosby einige nützliche Taktiken für die Wiederbelebung der Gewerkschaften an. Er betont: »Wir sind kein Geschäft, das Dienstleistungen verkauft. (…) Wir sind das Mittel, durch das unsere Mitglieder ihren Arbeitgebern und den Mächtigen der Gesellschaft die Stirn bieten und sagen können: »Hört mal her, (…) Wir fordern das Recht, gehört zu werden, nicht aus Gnade, sondern weil ihr keine andere Wahl habt, als uns zuzuhören« (4).
Der Wiederaufbau gewerkschaftlicher Präsenz ist bereits mit nur einem Mitglied möglich, sagt Crosby und nennt konstruktive Beispiele dafür aus so unterschiedlichen Bereichen wie Schickimickiläden oder Bergwerken, aus denen die Gewerkschaften vertrieben wurden. Als beispielsweise die Beschäftigten des Star Casinos in Sydney anfingen, sich gewerkschaftlich zu organisieren, waren sie sich trotz eines Mehrheitsvotums für Streik der konkreten Unterstützung ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht sicher. Sie entschieden sich für einen Test, indem sie die Streikbereiten baten, ein blaues Pflaster um den kleinen Finger zu tragen. Am nächsten Tag hatten alle einen blau verklebten Finger, der Streik wurde eingeleitet und sie gewannen. Wie Crosby sagt: Den Arbeitern »muss der Erfolg der Gewerkschaft zugerechnet werden« (5). Crosby ist ehrlich genug, hier und da die von ihm gemachten Fehler und die daraus zu ziehenden Lehren zu beschreiben. Ebenso gibt er zu, viele seiner Ideen von US-amerikanischen Gewerkschaften »gestohlen« zu haben, die mit einem ähnlich harten antigewerkschaftlichen Umfeld kämpfen.
Aber trotz all seiner Rhetorik vom Aufbau der »Macht im Betrieb« und der kollektiven Macht der Arbeiter geht es ihm nicht um Arbeitermacht. Immer wieder scheint eine managementbetonte und unternehmensfreundliche Agenda durch. Während Arbeiter gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen oder zu hungern, verwendet Crosby die Begrifflichkeit der Börse, um Arbeiter als »Mitspieler auf dem Arbeitsmarkt« (6) zu beschreiben, als ob sie wie die Reichen entscheiden könnten, »auf dem Markt zu spielen«. Als Individuen innerhalb des kapitalistischen Systems können sie jedoch – wie auch Crosby zugeben muss – nicht gewinnen. Arbeiter schließen sich zusammen oder bilden Gewerkschaften, gerade weil sie, wie Marx es nannte, »Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals« (7) brauchen. Während Gewerkschaften Verteidigungsorganisationen innerhalb des Kapitalismus sind und nicht die kapitalistische Herrschaft an sich angreifen, kann die Art ihres Kampfes dennoch zum Ausgangspunkt für einen revolutionären Wandel werden. Crosby hat aber nicht die Absicht, den Gewerkschaften diese Richtung zu geben.
Er gibt stattdessen mit seiner Reputation als »Henker« an, wenn Gewerkschaften ihn herbeirufen, um ihren Haushalt auszugleichen, und macht keine Anstalten, sich dafür zu entschuldigen, dass das oft auch Personalabbau heißt, da dies der größte Kostenfaktor bei Gewerkschaften ist (8). Die Finanzsektorgewerkschaft, sagt er, hat »sich wieder aufgerappelt. Sie senkte dramatisch die Ausgaben, (…) und ist jetzt ein Vorbild für effizientes Management gewerkschaftseigener Mittel.« (9)
Er geht kaum darauf ein, dass der Abbau von Arbeitsplätzen im Finanzsektor, gegen den die Gewerkschaft nichts tat, sondern lediglich Abfindungen für die Beschäftigten aushandelte, hinter dem realen Verlust an Gewerkschaftseinkommen und dem katastrophalen Niedergang der Mitgliedschaft steht. Warum sich die Gewerkschaften in diesem prekären Zustand befanden, kann Crosby, wie ich später zeigen werde, ebenfalls nicht erklären. Er bietet infolgedessen eine unpolitische, geradezu mechanistische Strategie für den Organisationsaufbau an. Es ist kein Zufall, dass auf dem Einband der australischen Ausgabe des Buchs eine Vierfachsteckdose und auf dem der deutschen eine Rohrzange abgebildet ist und nicht Arbeiterinnen und Arbeiter zu sehen sind, die aus dem Betrieb marschieren oder auf Streikposten stehen, oder Bilder von den Zusammenstößen bei dem Hafenarbeiterstreik von 1998 oder von der »Your Rights at Work«-Kampagne von 2005 bis 2007, durch die der konservative Ministerpräsident John Howard gestürzt wurde.
Wenn Gewerkschaften jedoch stark sind, besteht Crosbys Ziel in gemeinsamem Management mit dem Unternehmen, statt dafür zu argumentieren, gegen das Kapital vorzugehen. Für Gewerkschaften gibt es, so sagt er, »dann auch Wege, zur Erhöhung der Produktivität und der Konkurrenzfähigkeit real Verantwortung für die Betriebsführung zu übernehmen«. (10)
Obwohl er durchgängig dafür argumentiert, die Gewerkschaften systematisch wieder aufzubauen, weist Crosby jede Vorstellung von einer Kontrolle von unten zurück und behauptet, Führung von oben sei ein wesentlicher Faktor für den gewerkschaftlichen Erfolg. Er schreibt: »Einige (…) haben das Umschwenken auf eine Organizingkultur als Anstoß für die Entwicklung einer Basiskontrolle über die Gewerkschaftsaktivitäten interpretiert« (11). Doch nichts liegt ihm ferner. Er führt hypothetische Beispiele für die Rückständigkeit von Gewerkschaftsmitgliedern an: Wie können wir dafür sorgen, dass eine überwiegend junge Arbeitnehmerschaft Renten als Priorität betrachtet, oder eine männliche Arbeitnehmerschaft sich für bezahlten Mutterschaftsurlaub einsetzt. Dabei übersieht er die Tatsache, dass die Mitglieder nicht selten die Funktionäre gedrängt haben, diese Forderungen aufzugreifen, und wringt voller Schrecken die Hände über die Idee, die Mitglieder »machen zu lassen« (12).
Eine höchst elitäre Einstellung zeigt sich auch, wenn er die Schlussfolgerung zieht: »Nehmen wir uns nicht die Zeit, Arbeitnehmer auch in diesen Themen zu schulen, können wir lediglich die Probleme und Vorurteile vieler unserer Mitglieder widerspiegeln.« (13)
Was wir brauchen, sagt Crosby, ist eine aufgeklärte Führung, die dafür sorgt, dass die Mitglieder ein Gefühl von Eigentum an der Gewerkschaft haben, dass sie beteiligt sind und ihnen zugehört wird, aber am Ende muss eine Führung »den Arbeitnehmern ihren Willen aufdrücken« (14).
Er betont, dass ein von 51 Prozent der Mitglieder unterstützter Streik nur in eine Katastrophe münden kann. Statt aber für den Aufbau des Streiks zu werben, für Streikposten vor Betrieben, die sich gegen das Mehrheitsvotum stellen, für den Aufbau eines Streikkomitees oder auch nur für die Idee demokratischer Mehrheitsherrschaft einzutreten, argumentiert er, ein solches Abstimmungsergebnis zeige den Arbeitgebern unsere Schwäche und Spaltung, weshalb die Führung sich darüber hinwegsetzen solle! Er beschließt diese Überlegungen wie folgt: »Die besten Gewerkschaftsführer werden dann darüber sprechen, dass ihr größter Erfolg darin bestand, irgendwann Mitglieder von der Weiterarbeit überzeugt zu haben, wie scharf die Arbeitgeberprovokation auch immer gewesen sein mag.« (15)
Es ist richtig, wenn Crosby sagt, wir befinden uns in einem Klassenkrieg, aber die Politik der Klassenzusammenarbeit, der Schwächung von Kämpfen der Gewerkschaftsbasis, der Organisierung von Beschäftigten in Gewerkschaften mit dem Ziel, Produktivität und Profit zu fördern, für die er in seinem Buch wirbt, ist nicht die Lösung dafür. Folgende Sätze bringen seine Philosophie auf den Punkt:
»Die Gewerkschaften müssen reformiert werden, weil sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gute Dienste leisten. Sie müssen aber auch erneuert werden, damit die Beschäftigten ein Gegengewicht zu denen aufbauen können, die die Produktionsmittel kontrollieren. Nur mit starken Gewerkschaften können Arbeiter und Angestellte darüber mitbestimmen, wie sie von der Gesellschaft, in der sie leben, behandelt werden. Nur so kann eine Marktwirtschaft entwickelt werden, in deren Mittelpunkt die Notwendigkeit der Chancengleichheit für alle steht. Nur so können wir unser nationales Erbe bewahren – die Essenz dessen, was es heißt, Australier zu sein.« (16)
Wir suchen vergeblich nach einer Vorstellung von widerstreitenden Klasseninteressen, von Arbeiterkontrolle, von Internationalismus der Arbeiterklasse oder auch nur von der Idee der Gewerkschaften als unübertroffene »Kriegsschule«, wie Engels sie beschrieb (17). Crosbys Buch zeigt Seite für Seite, dass diejenigen, die den Klassenkrieg heute auskämpfen wollen, und jene, die Crosbys Aufbaumodell folgen, in grundlegend unterschiedliche Richtungen gehen. Rosa Luxemburg macht das in »Reform oder Revolution« sehr deutlich: »Wer sich (…) für den gesetzlichen Reformweg anstatt und im Gegensatz zur Eroberung der politischen Macht und zur Umwälzung der Gesellschaft ausspricht, wählt tatsächlich nicht einen ruhigeren, sicheren, langsameren Weg zum gleichen Ziel, sondern auch ein anderes Ziel (…)« (18).
Grundlage von Crosbys fehlerhaftem Rezept für die gewerkschaftliche Erneuerung ist die völlige Unfähigkeit, die wirkliche Ursache für den Gewerkschaftsniedergang in Australien zu benennen, was sich auch in der Kapitelüberschrift »Was zum Teufel ist passiert?« widerspiegelt.
In seinem kurzen Abriss über Australien und seine Gewerkschaften beschwört er eine Vision von einer »egalitären«, klassenlosen Vergangenheit, zu deren kollektiven Errungenschaften »unsere Fähigkeiten im Krieg« und industrielle Entwicklungen gehören (19). Dabei verleugnet und entstellt er die wahre Geschichte von Klassenkampf und den Errungenschaften der Arbeiterbewegung.
So behauptet er, dass Australien seit Anfang des 20. Jahrhunderts »eine »nach Gleichheit strebende Marktwirtschaft« war (20). Haben wir jemals in der australischen Geschichte erlebt, dass die herrschende Klasse die Gleichheit der Arbeiter angestrebt hätte? Nein, es war Klassenkampf, der die Unternehmer und ihre parlamentarischen Vertreter Schritt für Schritt auf diesen Weg gezwungen hat.
Ebenso beschämend ist seine Darstellung der neueren Geschichte, die es ihm erlaubt, eine Strategie der Klassenzusammenarbeit statt des Klassenkriegs für Gewerkschaften zu untermauern. So stellt er die konzertierte antigewerkschaftliche Politik und Praxis der sozialdemokratischen Hawke/Keating-Ära von 1983 bis 1996 zwar als nicht unproblematische, aber doch kooperativere, sogar privilegierte Zeit für Arbeiter dar.
Tatsächlich zerschlug die Hawke/Keating-Regierung zwei Gewerkschaften: Während des Preis- und Lohnabkommens (Accord genannt), das zwischen den Gewerkschaften und der Regierung geschlossen worden war, gerieten einige militante Gewerkschaften unter Beschuss, weil sie die Botschaft des Accords von »Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Harmonie« und Lohnzurückhaltung bedrohten. Zu ihnen gehörten die Bauarbeitergewerkschaft als stärkste Gewerkschaft Australiens und die Pilotenvereinigung. Sie wurden im Namen des Accords durch die Regierung mit aktiver Beteiligung einer Mehrheit der Gewerkschaftsführer des Landes zerschlagen. Bauarbeiter und Piloten kämpften hart und gewannen die Unterstützung einiger Gewerkschaftsführer, vieler einfacher Gewerkschaftsmitglieder und anderer progressiver Kräfte – am Ende jedoch obsiegte die Regierung.
In dieser Zeit wuchs die Ungleichheit, es kam zum schnellsten Niedergang der Gewerkschaftsmitgliedschaft seit den 1890er Jahren und zur Vereinzelung am Arbeitsplatz, womit der Grundstein für die konservative Nachfolgeregierung unter John Howard gelegt wurde. Diese Regierung verzichtete auf jede Kooperationsrhetorik und formulierte offen ihre antigewerkschaftliche Tagesordnung.
Und doch kam Howard bei seinem ersten Zusammenstoß mit der Seeleute- und Hafenarbeitergewerkschaft MUA (21) einer Niederlage nahe, als die landesweite Klassenpolarisierung Regierung und Arbeitgeber fast in die Knie zwang. Crosby beschreibt den feigen Ausverkauf, auf den sich die MUA-Führung entgegen den Vorstellungen ihrer Mitglieder einließ und wobei sie dem Arbeitgeber fast jedes Zugeständnis machte, als Sieg einer erleuchteten Führung angesichts der Unnachgiebigkeit der Basis, statt als Niederlage für die Arbeiterbewegung, die es tatsächlich bedeutete. Folglich kann er auch den politischen Gewinn der Tatsache nicht erkennen, dass tausende von Gewerkschaftern der MUA zu Hilfe kamen, dass die Arbeiterklasse mobilisiert war und zeigte, was gegen eine Offensive der herrschenden Klasse möglich war.
Nachdem Howard eine Reihe kämpferischer Gewerkschaften aufs Korn genommen hatte, richtete er seinen Hauptstoß schließlich gegen die gesamte Arbeiterklasse mittels des mit einem wahrhaft Orwell'schen Namen bezeichneten Gesetzes WorkChoices, das die Arbeiter und ihre Gewerkschaften fast all ihrer Rechte beraubte.
Die folgende Labor-Regierung unter Kevin Rudd und Julia Gillard kam auf dem Rücken einer Großkampagne für Arbeitnehmerrechte (Your Rights at Work) mit landesweiten Warnstreiks, wirkungsvoller Organisation von unten, aussagekräftigen Anzeigen und Werbefilmen an die Macht. Es war alles in allem eine Kampagne, die Labor zwang, WorkChoices »in Stücke zu reißen«. Und doch hat sich nur wenig geändert. Schlimmer noch hält sie an Howards Australischer Kommission für das Baugewerbe (ABCC) fest, die Bauarbeiter zur Denunziation zwingt, indem ihnen das Recht auf Aussageverweigerung genommen wurde, und Arbeiter in den Knast schicken sowie Bußgelder gegen Arbeiter wie Gewerkschaften verhängen kann.
Crosby gibt zu, dass einige Gewerkschaften davon »enttäuscht« sind. Dennoch tritt er dafür ein, die Regierung zu akzeptieren, da den Gewerkschaften jetzt »eine ganze Reihe von Mitteln an die Hand gegeben [wurden], ihre Stärke erneut aufzubauen«, und die Arbeitgeber die Stärke der Gewerkschaften anerkennen würden und »bereit zu kooperativen Beziehungen« seien (22).
In Crosbys Buch findet sich keine ernsthafte Kritik an Labors früherer oder heutiger Politik. Das ist kein Wunder, denn gäbe er zu, dass Labor bereit ist, Arbeiterrechte im Interesse der fortgesetzten Herrschaft des Kapitals mit Füßen zu treten, würde das in Widerspruch zu dem von ihm gezeichneten Bild einer progressiven Labor-Regierung geraten, die auf ein reibungsloses Komanagement des Kapitalismus zusteuert, an dessen Ende der versprochene Lohn in Form eines gleichen Anteils an seinem Wohlstand steht.
Crosbys Vorstellung von der Aufgabe der Gewerkschaften hat viel Ähnlichkeiten mit dem, was der italienische Marxist Antonio Gramsci als kapitalismusfreundliche Tendenzen des Gewerkschaftswesens analysierte.
Gramsci schrieb, dass die Arbeiter, weil sie lediglich ihre Arbeitskraft verkaufen können und gnadenloser kapitalistischer Konkurrenz ausgesetzt sind, mittels der Gewerkschaften »ihr Eigentum, die Arbeitskraft, in größeren und umfassenderen ‚Firmen‘ angelegt (…), Preise und Arbeitszeiten festgelegt und den Markt diszipliniert« haben. Diese »Firmen« oder Gewerkschaften nehmen die Gestalt von Kapitalgesellschaften an, mit »vertrauenswürdigem Verwaltungspersonal (…), das die Marktbedingungen beherrscht, fähig ist, Verträge zu schließen, das kommerzielle Würfelspiel abzuwägen, ökonomisch nützliche Schritte in die Wege zu leiten« (23). Ihr Funktionärskörper, die Gewerkschaftsbürokratie, geht als Verfechter kapitalistischer Politik und Verteidiger des kapitalistischen Systems logisch aus dieser Entwicklung hervor.
Und Rosa Luxemburg wies darauf hin, dass die Gewerkschaftsbürokratie beständig nach Theorien oder Programmen der Sozialpartnerschaft sucht (in Australien 1983 das Preis- und Lohnabkommen, Accord, zwischen der Dachgewerkschaft ACTU und der sozialdemokratischen Australian Labor Party), »die den gewerkschaftlichen Kämpfen im Gegensatz zur sozialdemokratischen [sozialistischen] Lehre auf dem Boden der kapitalistischen Ordnung ganz unbeschränkte Perspektiven des wirtschaftlichen Aufstiegs eröffnen würde« (24).
Auf diese Weise werden die Arbeitnehmer in ihrem gewerkschaftlichen und politischen Krieg gegen das Kapital letztendlich entwaffnet – das ist die Politik, die Crosby vertritt.
Weitere Literatur zum Thema:
- Mick Armstrong und Tom Bramble, The Labor Party: a Marxist analysis, Socialist Alternative, 2007
- Tom Bramble, Trade Unionism in Australia. From flood tide to ebb tide, Cambridge University Press, 2008
- Defend The Unions Committee. War on the Waterfront. Link.
- Rick Kuhn und Tom O'Lincoln (Hg.), Class and class conflict in Australia, Pearson Longman, 1996
- Rick Kuhn (Hg.), Class and struggle in Australia, Pearson Longman, 2005. Link.
- Liz Ross, Dare to Struggle, Dare to Win. Builders Labourers Fight Deregistration, 1981-1994, Vulgar, 2004
- Liz Ross, »Dedication doesn't pay the rent. The story of the Victorian Nurses strike of 1986«, in: Sandra Bloodworth and Tom O'Lincoln (Hg.), Rebel Women Red Rag, 2007
- Zu verschiedenen Aspekten der Geschichte der australischen Arbeiterklasse. Link .
- Zu vergangenen und derzeitigen Arbeitskämpfen in Australien siehe: Socialist Alternative.
Fußnoten:
1 Michael Crosby, »Power at work. Die Rückgewinnung gewerkschaftlicher Macht am Beispiel Australiens«, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Detlef Wetzel, 2. Vorsitzender der IG Metall, VSA Verlag, Hamburg 2009. Michael Crosby war Direktor des »Organizing Centre« des australischen Gewerkschaftsdachverbandes ACTU. Er leitet derzeit das Europabüro des 2005 in den USA gegründeten Gewerkschaftsverbandes »Change to Win«.
2 Service Employees International Union.
3 Nach neuesten Statistiken hat sich die Mitgliedschaft, nachdem sie in den vergangenen 17 Jahren ständig gefallen war, stabilisiert: bei 13,6 Prozent im Privatsektor und 41,9 Prozent im öffentlichen Sektor (in dem aber nur knapp 20 Prozent aller Arbeitskräfte beschäftigt sind), was einen Durchschnitt von 18,9 Prozent ergibt.
4 Crosby, S. 107.
5 Crosby, S. 107.
6 Crosby, S. 18.
7 Karl Marx, »Lohn, Preis, Profit«, in: Marx-Engels-Werke (MEW) Bd. 16, S. 152.
8 Crosby, S. 86-87.
9 Crosby, S. 32.
10 Crosby, S. 271.
11 Crosby, S. 114.
12 Crosby, S. 114.
13 Crosby, S. 210.
14 Crosby, S. 117.
15 Crosby, S. 122.
16 Crosby, S. 13.
17 Friedrich Engels, »Die Lage der arbeitenden Klasse in England«, in: MEW Bd. 2, Berlin 1985, S. 441.
18 Rosa Luxemburg, »Sozialreform oder Revolution«, in: Gesammelte Werke (GW) Bd. 1.1, Berlin 1987, S. 428-429 http://www.marxists.org/deutsch/archiv/luxemburg/1899/sozrefrev/kap2-3.htm .
19 Crosby, S. 12.
20 Crosby, S. 12.
21 Maritime Union of Australia.
22 Crosby, S. 305.
23 Antonio Gramsci, »Philosopie der Praxis. Eine Auswahl«, Frankfurt am Main 1967, S.39-43, http://www.marxists.org/deutsch/archiv/gramsci/1919/10/gewerkrat.html.
24 Rosa Luxemburg, »Massenstreik, Partei und Gewerkschaften«, in: GW Bd. 2, Berlin 1990, S. 164. http://www.marxists.org/deutsch/archiv/luxemburg/1906/mapage/kap8.htm .