In den USA inszenieren Präsident Barack Obama und die Republikaner einen erbitterten Streit in den Medien. Tatsächlich wollen beide Seiten Kürzungen im Staatshaushalt, die viele Menschen verarmen lassen, meint Hans Krause
Barack Obama wirkte bitter enttäuscht. 750.000 Arbeitsplätze seien gefährdet und die Wirtschaft werde um 0,5 Prozentpunkte weniger wachsen, als bisher vermutet. Als der US-Präsident am 1. März bekannt gab, die angeblich automatischen Kürzungen von umgerechnet 65 Milliarden Euro umsetzen zu müssen, beschwerte er sich über die Sturheit der Republikaner.
Doch auch sie lehnen die Kürzungen offiziell ab. Trotzdem wurden sie von Obamas Demokraten und den Republikanern zugelassen.
Kürzungen bei Sozialversicherungen
Der Grund ist, dass beide Parteien schon seit letztem Jahr wesentlich größere Kürzungen fordern. Der Entwurf der gemeinsamen Haushaltskommission hatte sich im Februar auf niedrigere Ausgaben von umgerechnet 1,8 Billionen Euro geeinigt.
Etwa ein Viertel davon wird bei der erst 2010 eingeführten umfassenderen Krankenversicherung gestrichen. Auch bei anderen Sozialversicherungen und im Nahverkehr wird gekürzt.
Vermögen der Reichsten wachsen
Dem entsprechend werden in dem neuen Haushaltsvorschlag der Republikaner vom 5. März große Teile der jetzigen Kürzungen beibehalten. Nur die Senkung der Ausgaben für die Armee soll weitgehend zurückgenommen werden.
Umstritten ist lediglich, ob zusätzlich die Steuern für Reiche geringfügig erhöht werden, wie Obama es fordert. Doch selbst wenn er sich durchsetzt, wird das Vermögen in den USA bei den Reichsten der Reichen weiter wachsen. Ebenso wird sich die Armut etwa der Hälfte der Menschen in den USA weiter verschlimmern.
Reine Propaganda-Tricks
Dass die Republikaner einen Kompromiss bisher ablehnen, liegt daher nicht an einer unterschiedlichen politischen Ausrichtung Obamas. Vielmehr gibt es anonyme Quellen von Mitarbeitern der Regierung, wonach beide Seiten einen grundsätzlichen ideologischen Konflikt vortäuschen, obwohl sie wissen, dass die Unterschiede für die praktische Politik minimal sind. Zudem können die jetzigen »automatischen« Einsparungen als Teil eines wesentlich größeren Kürzungspakets beibehalten werden.
Einen ähnlichen Propaganda-Trick verwenden zurzeit die Regierungen der EU: Die britische Regierung behauptet, die Begrenzung der Boni für Bank-Manager würde die Existenz der Finanzkonzerne aufs Spiel setzen. Die deutsche Regierung tut gleichzeitig so, als würde ein solches Gesetz die Gefahren der Finanzmärkte abmildern. Beide Seiten hoffen dadurch auf ein bestimmtes Image in den Medien, während sie wissen, dass die Maßnahme selbst bedeutungslos ist.
Kürzungen wie in Griechenland
Voraussichtlich werden auch die beiden großen Parteien der USA ihren »Streit« noch einige Zeit fortführen. Damit versuchen die Republikaner als harte Kämpfer gegen jede Art von Steuern zu erscheinen. Während Obama die Illusion erzeugen will, er setze sich für soziale Gerechtigkeit ein.
Hinter diesen falschen Bildern versuchen beide Parteien zu verbergen, dass sie gemeinsam die Menschen in den USA mit Kürzungen überziehen wollen, die mit denen in Griechenland in den letzten Jahren vergleichbar sind. Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten wird dieses Jahr voraussichtlich auf umgerechnet 14 Billionen Euro oder 112 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.
99 Prozent bezahlen
Zwar sind die Einzelheiten der »Sparpakete« noch nicht veröffentlicht. Doch Demokraten und Republikaner sind sich einig, dass große Teile dieser Schulden schnell abgebaut werden sollen, ohne dass Wirtschaft oder Armee umfassende Einbußen erleiden.
Ähnlich wie in Südeuropa droht großen Teilen der US-amerikanischen Bevölkerung, in einem Industriestaat zu sein, aber wie in einem Dritte-Welt-Land leben zu müssen. Dass die Menschen fähig sind, gegen dieses Schicksal zu kämpfen, bewies letztes Jahr die großartige Occupy-Bewegung, ausgehend von der Wall Street in New York.
Um tatsächlich zu verhindern, dass 1 Prozent der US-Amerikaner weiter im Geld schwimmt, während 99 Prozent den Preis dafür bezahlen, braucht es jedoch auch die Streikkraft von in Gewerkschaften organisierten Beschäftigten. Eine solche Bewegung wäre möglich, wenn sie erkennt, dass Barack Obama nicht »ihr Mann« im Weißen Haus ist, sondern die zentralen politischen Ziele der Republikaner teilt.
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