Während DIE LINKE in Berlin mit der Forderung »Bundeswehr raus aus Afghanistan« auf die Straße ging, versucht der SPD-Kanzlerkandidat, die Öffentlichkeit zu täuschen.
Die vielen zivilen Opfer beim Luftangriff nahe Kundus haben Afghanistan zu einem zentralen Thema im Wahlkampf gemacht. Die Untersuchungsberichte belasten die Bundeswehr schwer und Verteidigungsminister Jung hat sich lächerlich gemacht, als er noch zivile Opfer bestritt, während der NATO-Befehlshaber McChrystal am Krankenbett von beim Angriff verwundeten Bauern und Kindern abgelichtet wurde.
Zwar ist die Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes in Deutschland nicht gestiegen, das Thema polarisiert aber mehr als vorher. Diejenigen, die schon vor dem Luftangriff für den Abzug waren – das sind 55 Prozent der Bevölkerung in Deutschland – sehen sich bestätigt. Bei vielen findet die Partei DIE LINKE auch deshalb Interesse, weil sie als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien den sofortigen Abzug der Bundeswehr fordert. Das ist auch Tenor der Analysen, die das neue Umfragehoch der LINKEN begleiten.
Video: Rede Gregor Gysis auf der Kundgebung der LINKEN »Schluss mit dem Bomben! Raus aus Afghanistan« am 8. September in Berlin
Erst siegen, dann abziehen?
Getrieben durch die LINKE hat sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier zu einem Abzug der Bundeswehr geäußert: Doch die BILD-Schlagzeile »Steinmeier will deutsche Truppen bis 2013 abziehen geht fehl. Sowohl in seinem »Zehn-Punkte-Papier« als auch im Fernsehduell forderte er, dass innerhalb der nächsten Legislaturperiode die Voraussetzungen geschaffen werden müssten, damit ein Abzug beginnen kann. Das kann für die nächsten Jahre auch Eskalation des Einsatzes heißen.
Die NATO sagt seit dem Einmarsch 2001, sie sei dabei, die Vorrausetzungen für den Abzug zu schaffen – Obama begründet so seine Aufstockung der Kampftruppen.
Was die Besatzer damit meinen ist, dass sie erst den Krieg mit allen erforderlichen Mitteln führen und auch gewinnen wollen, bevor ein Abzug für sie überhaupt in Frage kommt. Deswegen hat Steinmeier einen Abzug an Bedingungen geknüpft: »Wir müssen uns in Afghanistan überflüssig machen, das geht nur dann, wenn die Sicherheitskräfte selbst in der Lage sind, Sicherheit zu gewährleisten.«
Ziele der Besatzer
Steinmeiers »Strategie« erinnert an das Vorgehen der USA im Vietnamkrieg Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre: Rekrutierung und Ausbildung einheimischer Militärkräfte für die Ziele der USA verbunden mit massiver Verstärkung militärischer Operationen der USA. Beides führte zur Niederlage der USA und war mit vielen Opfern unter der vietnamesischen Bevölkerung verbunden.
In Afghanistan bleiben die Ziele der Besatzer bestehen: Beherrschung des mittelasiatischen Raumes durch westliche Großmächte und damit Eindämmung des Einflusses von Russland, China, Indien und Iran. Mit Hilfe für die afghanische Bevölkerung hat das nichts zu tun.
Deutschland strebt im Gefolge der USA und mit der NATO das Ziel an, wieder eine global militärisch handelnde Macht zu werden. Denn nur ökonomisch potent zu sein, reicht aus Sicht der Herrschenden nicht aus, um im internationalen Konkurrenzkampf um Märkte, Rohstoffe und Einfluss mithalten zu können.
In Steinmeiers 10-Punkte-Plan ist ein Strategiewechsel nicht zu erkennen. Ein solcher setzt voraus, dass sich Deutschland von den Zielen der USA distanzieren würde. Doch keine der im Bundestag vertretenen Parteien, abgesehen von der LINKEN, will von den bisherigen Kurs der Besatzer in Afghanistan grundsätzlich in Frage stellen.
Die LINKE hingegen fordert den sofortigen Abzug ohne Vorbedingungen. Denn Folge der Besatzung sind Instabilität, Leid und Tod. Demokratie und Wiederaufbau haben erst eine Chance, wenn die Besatzungstruppen abgezogen sind.
Mehr im Internet:
- Video: Rede Oskar Lafontaines auf der Kundgebung der LINKEN »Schluss mit dem Bomben! Raus aus Afghanistan« am 8. September in Berlin
Mehr auf marx21.de:
- Interview – »Wir vertrauen den deutschen Soldaten nicht«: Sayyed Mansur Nadiri ist Vorsitzender einer linken Partei in Afghanistan. Mit marx21 sprach er über die Präsidentschaftswahlen, den Widerstand gegen die Besatzung und die Rolle der Bundeswehr.
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