Das Regierungslager um Präsident Hugo Chávez hat in den Regionalwahlen 20 von 23 Gouverneursposten gewonnen. Der unterlegene Präsidentschaftskandidat der Opposition Henrique Capriles Radonski hat allerdings einen wichtigen Erfolg erzielt. Von Jan Kühn und Harald Neuber
Die sozialistische Partei (PSUV) des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez ist gestärkt aus den Regionalwahlen am Sonntag hervorgegangen. Von 23 Gouverneursposten gewann sie 20. Insbesondere der Wahlsieg in den traditionell von der Opposition regierten Bundesstaaten Táchira und Zulia im Westen des Landes dürfte für das Chávez-Lager als besonderer Erfolg gelten.
Der Präsidentschaftskandidat der Opposition, Henrique Capriles Radonski, konnte jedoch im Bundesstaat Miranda einen wichtigen Sieg gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Elías Jaua verbuchen. Auch in den Bundesstaaten Lara und Amazonas konnten sich die Kandidaten der Rechten durchsetzen.
Niedrige Wahlbeteiligung
Die Ergebnisse wurden um neun Uhr Abend (Ortszeit) von der Präsidentin des Nationalen Wahlrats (CNE) bekannt gegeben. Sie betonte den friedlichen Ablauf der Wahlen und sprach von einer neuen »brillanten Seite« in der Geschichte der venezolanischen Demokratie. Der Wahlkampfleiter der PSUV, Jorge Rodríguez, sprach nach der Bekanntgabe der Ergebnisse von einem »perfekten Sieg« des Regierungslagers.
Der Sprecher des Oppositionsbündnisses »Tisch der Demokratischen Einheit« (MUD), Ramón Guillermo Aveledo, gestand am Abend zwar ein, »einige Staaten« verloren zu haben. Das venezolanische Volk lasse sich aber dennoch nicht »beugen« und die Wahlergebnisse erkenne der MUD erst an, nachdem sie überprüft worden seien.
Die Wahlbeteiligung war im Vergleich zu den Präsidentschaftswahlen vor sechs Wochen deutlich geringer. Während am 4. Oktober über 80 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten, nahmen am Sonntag nur 53,94 Prozent teil.
Komplikationsfreier Ablauf
Die Stimmung bei den Regionalwahlen war deutlich entspannter als bei den Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober. In den Wahllokalen waren bereits am Freitag die elektronischen Wahlmaschinen aufgebaut worden. Auf zwei großen Tafeln konnten die rund 17 Millionen Abstimmungsberechtigten ihre Kandidaten auswählen.
Weil bei den Regionalwahlen neben den Gouverneuren auch die Mitglieder der Regionalparlamente bestimmt werden mussten, waren einige Wähler allerdings überfordert. »Einige kommen zur Wahl, ohne mit dem System vertraut zu sein«, sagte ein Beobachter des Oppositionsbündnisses MUD gegenüber amerika21.de. Andere Parteienvertreter beider Lager bescheinigten indes einen komplikationsfreien Ablauf. Vertreter der nationalen Wahlbehörde CNE sagten am Abend zu, die entsprechenden Beobachtungen der 40 internationalen Wahlbegleiter auszuwerten.
Internationale Wahlbeobachter
Ebenfalls gegenüber amerika21.de hob der Generalmajor Wilmer Barrientos die Rolle der Armee hervor. »Für uns ist sehr wichtig, dass die Armee eine politische und soziale Sensibilität bekommt«, sagte der ranghohe Militär nach seiner Stimmabgabe im Verwaltungsbezirk Sucre, Miranda. Aus diesem Grund würden Militärs für den Einsatz während Wahlen in dem südamerikanischen Land stetig geschult. Die Armee halte sich aus den politischen Prozessen jedoch strikt heraus und beschränke sich auf die Absicherung sicherer Wahlen.
Zugleich begrüßte Barrientos die Präsenz der internationalen Wahlbegleiter. Es freue ihn, dass der Wahlprozess auch international auf Interesse stoße. Am Nachmittag gab der Militär, der für das Sicherheitsprogramm Plan República verantwortlich ist, auf einer Pressekonferenz 19 Festnahmen wegen Verstößen gegen die Wahlgesetzgebung bekannt.
Einheit der Regierungskräfte
Überschattet wurde die Abstimmung von der Krankheit des Präsidenten Hugo Chávez, der sich vor wenigen Tagen in der kubanischen Hauptstadt Havanna einer schweren Krebsoperation unterziehen musste. Nach Einschätzung von Aktivisten in Venezuela hat die Erkrankung vor allem auf die Anhänger des sozialistischen Politikers eine mobilisierende Wirkung gehabt.
»Die Nachricht eines erneuten medizinischen Eingriffs hat in Basisbewegungen in Venezuela auch Debatten ausgelöst«, sagte Jesús Blanco, Begründer des lokalen Bürgerfernsehens TV Caricuao. Es sei vor allem deutlich geworden, dass politische Nachwuchskräfte ausgebildet werden müssten, die in Zukunft Führungsposten übernehmen können, so Blanco. Allerdings habe die Erkrankung des Präsidenten auch die Einheit der Regierungskräfte gestärkt, fügte der Basisaktivist hinzu.
(Zuerst erschienen auf amerika21.de – wir danken für die freundliche Genehmigung.)
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