Die Gewerkschaft ver.di protestiert gegen den Bertelsmann-Konzern. 200 Drucker demonstrierten in Berlin für einen gemeinsamen Tarifvertrag und gegen die Erpressungsstrategien der Geschäftsführung. Von Max Manzey
Aus verschiedenen Städten kamen Arbeiter aus den Bertelsmann-Druckereien am 26. September nach Berlin und zogen vor die Hauptstadtrepräsentanz des Großkonzerns. Mit einem lauten Demonstrationszug wollten sie auf die geplanten Entlassungen beim Tiefdruckkonzern Prinovis in Nürnberg aufmerksam machen und gemeinsam für einen einheitlichen Tarifvertrag kämpfen.
Bei der von ver.di organisierten Kundgebung kritisierte Frank Werneke, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft, das Teile-und-Herrsche-Prinzip des Bertelsmann-Konzerns: »Dem Konzern geht es um zwei Sachen: So wenig Gewerkschaftseinfluss wie möglich und so wenig Tarifverträge wie möglich.« Bertelsmann versuche die Beschäftigen in verschiedene Gruppen zu teilen und setze auf Werkverträge und Leiharbeit. »Wer da nicht mitmachen will, dem wird gedroht entlassen zu werden« betont Hans Killer, Gewerkschafter bei Prinovis in Nürnberg.
Unbezahlte Mehrarbeit
Doch die Arbeiter wollen sich das nicht gefallen lassen. Im Januar 2011 weigerten sich mehr als 200 Kolleginnen und Kollegen einzelvertragliche Regelungen zu unterschreiben. Mit diesen Verträgen hätten sie drei zusätzliche Stunden pro Woche unbezahlt arbeiten und auf zwei Drittel ihres Urlaubs- und Weihnachtsgelds verzichten müssen.
Eine weitere Verschlechterung, nachdem schon 2008 der Großteil der Arbeiter drei zusätzliche Stunden unbezahlter Arbeit pro Woche akzeptiert hatten. Die Löhne und Gehälter würden dadurch dauerhaft 5 Prozent unter dem Tarif liegen.
Streik gegen Entlassungen
Von den 200 Arbeiterinnen und Arbeitern, die die schlechteren Verträge nicht akzeptieren, sollen nun 138 entlassen werden. So versucht Bertelsmann bei Prinovis Nürnberg das System »Lohn oder Arbeitsplatz« durchzusetzen. Bereits am 27. und 28. Juli, sowie am 9. und 10. August trat etwa ein Drittel der Belegschaft gegen die geplanten Entlassungen in den Streik.
Hans Killer berichtet: »Die Anzahl der organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter hat sich in den letzten zwei Jahren bei Prinovis in Nürnberg mehr als verdoppelt. Heute sind wir in der Lage Druck auf die Konzernleitung aufzubauen. Wenn wir streiken ist die Produktion beeinträchtigt.«
Noch nie so profitabel
Die Situation in Nürnberg ist kein Einzelfall. Zu der Kundgebung kamen auch Drucker aus Itzehoe, Ahrensburg, Gütersloh und Pößneck. Überall ist es ein ähnliches Bild: Durch Leiharbeit und Einzelarbeitsverträge sollen die Lohnkosten gesenkt werden. Jeder Tarifvertrag muss erkämpft werden. Bei Prinovis in Ahrensburg verdient ein Leiharbeiter nur 7,79 Euro pro Stunde. Dabei betrug der Gewinn von Bertelsmann im letzten Jahr über 665 Millionen Euro und Vorstandschef Ostrowski gibt zu: »Nie zuvor waren unsere Geschäfte so profitabel.« (SZ, 30.03.2011).
Frank Werneke von ver.di machte bei der Kundgebung deutlich: »So lange Bertelsmann eine gewerkschaftsfeindliche Unternehmenspolitik führt, werden wir nicht mit ihnen zusammenarbeiten.« Stattdessen forderte er die Geschäftsführung des Konzerns auf: »Respektieren Sie endlich die Arbeitnehmerrechte und geben Sie die Blockade auf!«
Solidarität gegen Lohndumping
Auch die Drucker aus Nürnberg wollen weiter kämpfen. Hans Killer betont: »Wenn es kein Einlenken von Bertelsmann gibt, wird weiter gestreikt.«
Bei der Demonstration in Berlin waren nicht nur Drucker dabei. Die im Moment streikenden Arbeiterinnen und Arbeiter der Charité in Berlin zeigten ihre Solidarität und schlossen sich dem Demozug an. Auch aus dem Ausland kamen einige Solidaritätserklärungen bei den Arbeitern in Nürnberg an. Hans Killer sieht darin eine Bestätigung für die wichtige Rolle der Proteste für ganz Europa. »Unsere Kolleginnen und Kollegen im Ausland hoffen, dass wir uns endlich gegen das Lohndumping in Deutschland wehren, durch das ganze Volkswirtschaften zerstört werden.«
Mehr im Internet:
- Weitere Infos unter: https://druck.verdi.de/druckindustrie/prinovis
- Solidaritätserklärungen an: aktion-prinovis@gmx.de