Schmerzhafte Wahlergebnisse: Weder in Rheinland-Pfalz noch in Baden-Württemberg konnte DIE LINKE in den Landtag einziehen. Um eine andere Politik durchzusetzen, wird die Partei dennoch gebraucht
Obwohl die Partei DIE LINKE den Einzug in den Landtag verpasst hat, ist das Ergebnis der Landtagswahl in Baden-Württemberg Ausdruck eines Linksschwenks in der Bevölkerungsmeinung als Reaktion auf die Atomkatastrophe in Japan.
Die breite Stimmung für einen sofortigen Atomausstieg, die sich zuletzt bei den Demonstrationen von Hunderttausenden am vergangenen Samstag auf der Straße zeigte, schlug sich in der Abwahl von Mappus bei enorm gestiegener Wahlbeteiligung nieder. Nach Umfragen wurde als »wichtigstes Problem« Atompolitik/Umwelt mit 47 Prozent an vorderster Stelle benannt. Nutznießer dieses Linksschwenks waren die Grünen, die in den Augen der breiten Masse als die Anti-Atom-Partei angesehen werden. Sie verdoppelten ihren Stimmenanteil von 12,5 auf 24,2 Prozent.
Schmerzlich, dass DIE LINKE den Einzug in den Landtag deutlich verpasst hat. Zwar wurden im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen, damals noch als WASG, in absoluten Zahlen 17.000 Stimmen hinzugewonnen. Allerdings blieb DIE LINKE weit entfernt von den 7,2 Prozent bei der vergangenen Bundestagswahl und erreichte auch nur noch 36 Prozent der damaligen Stimmen.
Kernprofil der LINKEN
Ein Grund dafür ist, dass das dominierende Thema der Atom-, Energie- und Umweltpolitik weithin nicht als Thema der LINKEN gilt. Die soziale Frage, Kernprofil der LINKEN, spielte bei den Wahlen eine untergeordnete Rolle. Das Thema Arbeitslosigkeit sank nach Umfragen zum »wichtigsten Thema« im Vergleich zu den Landtagswahlen 2006 von damals 48 auf heute 17 Prozent. In den sozialen Brennpunkten, den Hochburgen der LINKEN (die Arbeitslosen sind mit 12 Prozent die größte Wählergruppe der LINKEN), ist die Wahlbeteiligung am wenigsten angestiegen. Beispiel Freiburg-West (LINKE-Hochburg, 2006 und 2011 zweitstärkstes Ergebnis im Land): Wahlbeteiligung um 15 Prozent gestiegen, aber im darin enthaltenen Wahlbezirk Weingarten nur um 8 Prozent (dort LINKE-Ergebnis von 9,4 Prozent).
Zweitens verlor in den letzten Tagen vor der Wahl die These, dass nur durch eine Stimme für DIE LINKE Mappus gestürzt werden könne, angesichts der Umfragen an Durchschlagskraft. Wähler und Wählerinnen, die ihre Entscheidung unter taktischen Gesichtspunkten – Wer soll zukünftig regieren? – treffen, entschieden sich direkt für Grüne oder SPD.
Hoffnungen in Rot-Grün
Es ist nicht verwunderlich, dass sich im Kontext des scharfen Lagerwahlkampfes gegen Mappus der Aufschwung an reformistischen Hoffnungen im Wahlerfolg von Rot-Grün niederschlägt. Die Frage ist, wie sich DIE LINKE jetzt gegenüber der neuen Regierung aufstellt.
Der Erfolg von Rot-Grün basiert auf großen Hoffnungen in einen sozial-ökologischen Kurswechsel in der Landespolitik. Auf der neuen Regierung wird ein hoher Erwartungsdruck lasten – für einen Ausstieg aus der Atomkraft, gegen den Bau von Stuttgart21, für die Abschaffung von Studiengebühren.
Es wäre falsch die Schlussfolgerung zu ziehen, eine LINKE würde nicht mehr gebraucht. Die Widersprüche zwischen den Erwartungen der Wählerinnen und Wähler und den Taten von Rot-Grün werden steigen: Was wird aus Stuttgart 21? Geht Kretzschmann den Investoren und Baufirmen an den Geldbeutel? Traut sich Rot-Grün diesmal mehr als beim rot-grünen Atomkompromiss? Geht Kretzschmann an die Atomprofite der EnBW, die zum Großteil dem Land gehört? Werden die Studiengebühren vollständig abgeschafft und finanziell kompensiert oder die Kürzungen auf die Unis umgelegt?
Druck der Straße
All dies wird vom Druck der außerparlamentarischen Bewegung abhängen. Hier wird DIE LINKE gebraucht. Die Stärke der außerparlamentarischen Kämpfe und die Klarheit der Bewegung werden entscheidend dafür sein, ob tatsächlich alle alten Meiler stillgelegt bleiben und ob die anderen Geldmaschinen abgestellt werden. Hier geht es um Milliardenprofite und damit ums Ganze. Die Proteste werden uns das ganze Jahr 2011 und darüber hinaus begleiten. DIE LINKE steht vor der Herausforderung, an der Seite der Bewegung für die Durchsetzung dieser Kernforderungen zu kämpfen.
In der Auseinandersetzung um den Ausstieg aus der Atomkraft ist der nächste Fokus für Proteste der 25 Jahrestag von Tschernobyl, mit Aktionen an einem Dutzend Reaktor-Standorten. Die LINKE sollte sich weiter sichtbar an den Anti-Atom-Protesten beteiligen und dabei ihre antikapitalistischen Postionen einbringen, wie sie bereits im letzten Jahr auf der Energiekonferenz in Hamburg in Form dieser Resolution festgehalten wurden.