Die Gewerkschaften GEW, GdP, und ver.di haben zu einem ersten Warnstreik in Hessen aufgerufen. Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen will die CDU-Landesregierung nun per Gesetz die Löhne diktieren. Die Forderung nach einem Recht auf politischen Streik bekommt dadurch eine neue Qualität.
Noch deutlicher kann Roland Koch seine Abneigung gegen die Arbeiterbewegung und deren Gewerkschaften nicht ausdrücken. Dadurch das Hessen nun per Gesetz Löhne diktieren will, schließt sie die Gewerkschaften von der Arbeits-, und Lohnpolitik aus – und umgeht somit das gesetzlich streng reglementierte Streikrecht. Dagegen haben sich mit einem Warnstreik Ende September 5000 Landesbeschäftigte gewehrt.
Hessen ließ erste Gespräche mit den Tarifkommissionen Anfang Juni platzen, da diese an die so genannte Meistbegünstigtenklausel des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst bis Ende 2007 gebunden sind. Nach der Meistbegünstigungsklausel müssten die Gewerkschaften dem Bund und den kommunalen Arbeitgebern anbieten, abweichende, für den Arbeitgeber günstigere Regelungen zu Arbeitszeit und Sonderzahlungen zu übernehmen, sowie günstigere Vereinbarungen zum Entgelt, die mit einem Bundesland getroffen werden.
Die hessische Landesregierung fordert jetzt die 42 Stundenwoche und bietet Einkommenserhöhungen von 2,4 Prozent ab 2008. Da die Landesregierung 2003 aus dem Arbeitgeberverband der Länder (TdL) ausgetreten ist und somit ein tarifloser Zustand hergestellt wurde, gab es in den letzten drei Jahren keine Erhöhung der Vergütung mehr. Zwar wirkt der damals noch geltende Bundesangestelltentarifvertrag solange fort, bis Hessen einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Bis dahin bleibt dieser aber eingefroren.
Das hat nicht nur zur Folge, dass es zu keiner weiteren Steigerung der Bezahlung kommt. Ministerpräsident Koch hat schon jetzt allen Beschäftigten, die nach dem Austritt aus der TdL eingestellt wurden, die 42-Stunden-Woche diktiert.
Die geplante Erhöhung von nur 2,4 Prozent steht somit in keinem Verhältniss zu der Tarifentwicklung von Bund und Kommunen in den letzten Jahren. Als Provokation emfindet ver.di außerdem, dass diejenigen, die bereits 40, 41 oder 42 Stunden in der Woche arbeiten müssen, für diese Mehrleistung nur einmalig 500 Euro erhalten sollen (Auszubildende 200 Euro). "Damit soll dauerhaft die bis zu 42-Stunden-Woche auch im Tarifbereich festgeschrieben werden", beklagt ver.di mit Recht.
Derzeit besprechen die Gewerkschaften ihr weiteres Vorgehen. Bleibt zu hoffen, dass sie sich für ein Fortführen der Kampagne, für eine Ausweitung des Streiks entscheiden. 5000 Landesbeschäftigte auf der Straße sind ein Anfang. Das sollte Mut machen, angesichts der Tatsache, das weite Teile des öffentlichen Dienstes überhaupt keine Streikerfahrung haben und teilweise nur 10 bis 20 Prozent der Kolleginnen und Kollegen Gewerkschaftsmitglieder sind.
Früher reichte es aus, wenn die gewerkschaftlich gut organisierten Müllarbeiter und Straßenmeistereien streikten. Aber Dank Kochs Austritt aus der Tarifgemeinschaft stehen die hessischen Landesbeschäftigten nun alleine da.
Ein Streik wird nur zu gewinnen sein, wenn möglichst viele Dienststellen, Abteilungen und Teams der Behörden, Gesundheitseinrichtungen, Polizei, und Schulen in den Streik mit einbezogen werden. Dass dies nur in einem Prozess, durch Sammeln von Erfahrungen, erreicht werden kann, sollte uns allen klar sein.
(Tobias Paul, Mitglied DIE LINKE Darmstadt)
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