Der finnische Film »Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki« über einen ungewöhnlichen Weltklasse-Boxer hat schon viele Preise erhalten. Am 5. Januar kommt er auch in deutsche Kinos. Von Phil Butland
Ein Film in schwarz-weiß übers Boxen? Kommt einem irgendwie bekannt vor. Vor bald vierzig Jahren drehte Martin Scorsese »Wie ein wilder Stier«, mit Robert de Niro als flegelhaftem, gewalttätigem Jake LaMotta – einer der Archetypen des Genres Sportfilm. Eins steht fest: Der finnische Boxer Olli Mäki (Jarkko Lahti), der im Jahr 1962 um die Weltmeisterschaft kämpfen soll, ist und wird kein Jake LaMotta. Der schüchterne gelernte Bäcker vom Dorf boxt, weil es sein Job ist. Weder die Schlägerei noch die dazugehörige Berühmtheit machen ihn glücklich. Lieber verbringt Mäki Zeit mit seiner neuer Freundin Raija (Oona Airola).
Ein außergewöhnlicher Sportfilm
»Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki« ist insofern ein außergewöhnlicher Sportfilm, als er fast keinen Sport zeigt. Im »echten Leben« gibt es tatsächlich den Boxer Olli Mäki, der 15 Jahre gekämpft hat. Im Film sehen wir aber nur einen Kampf – und dann nur wenige Minuten gegen Ende des Films. Der Rest des Films konzentriert sich auf die sorgfältige und oft langweilige Vorbereitung des Boxkampfs: lange Joggingeinheiten und Versuche, das richtige Gewicht zu erreichen (inklusive selbst herbeigeführtem Erbrechen). Selten wurde der Alltag eines Sportlers so realistisch – und so reizlos – dargestellt.
Der Boxer als Arbeiter
Warum also ist 17. August 1962 der glücklichste Tag in Ollis Leben? Weil er sich an diesem Tag des Titelkampfs mit Raija verlobt. Am Ende des Films versuchen sie sich Arm in Arm ihre gemeinsame Zukunft vorzustellen. Als sie ein altes Paar sehen, fragt Raija: »Denkst du, wir werden mal wie sie?« Olli fragt: »Meinst du alt?« – »Ja, und glücklich.« – »Aber sicher!« Das alte Paar spielen die echten Olli und Raija Mäki. Das soll jetzt auf keinen Fall so klingen, als wäre der Film irgendwie schmalzig. Olli ist ein Kämpfer und die wenigen Kampfszenen sind hervorragend gefilmt. Es ist nur so, dass dies nicht der wichtigste Teil von Ollis Leben ist. Der Film zeigt den Boxer als Arbeiter – er geht in den Ring, um Geld zu verdienen, damit er anderswo ein sinnvolles Leben führen kann. Ollis Geschichte hat nichts zu tun mit dem Heldenkult, dem Abfeiern von Konkurrenz und dem Nationalismus, die viele Sportfilme (und den Sport insgesamt) vergiften.
Trailer
Der echte Olli Mäki
Die Geschichte lebt von der eindrucksvollen Darstellung von Airola und besonders von Lahti als einfache Menschen, deren Leben plötzlich große öffentliche Bedeutung bekommen. Mäki spielt für den Medienzirkus ohne Begeisterung, aber auch ohne zu meckern – weil er ein netter Kerl ist, der versucht, es allen Recht zu machen. Allerdings war der echte Olli Mäki nicht nur ein angenehmes Individuum – er war auch ein Kommunist, der sich geweigert hat, seine Gegner k.o. zu schlagen, weil weiterer Schaden unnötig ist. Seine fehlenden Ambitionen lagen zumindest teilweise an seinem Verständnis von Solidarität. Ollis politische Überzeugung wird zwar im Film erwähnt, aber nicht weiter vertieft. Dabei wäre es vielleicht interessant zu erfahren, inwiefern Mäkis natürliches Auftreten Ausdruck seiner politischen Überzeugung war.
Held der Arbeiterklasse?
Regisseur Juho Kuosmanen hat sich jedoch entschieden, in seinem Debütfilm eine andere Geschichte zu erzählen, auch wenn er in Mäki einen »Held der Arbeiterklasse« sieht. Das ist sein gutes Recht – und die Geschichte, die er erzählt, stellt ohnehin wichtige Fragen über die Relevanz von Sport und die Wirkung der permanenten Konkurrenzsituation auf Sportler. »Der glücklichster Tag im Leben des Olli Mäki« ist ein Sportfilm wie kein anderer und ein würdiger Nachfolger von Scorseses Meisterwerk.
Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki
Regie: Juho Kuosmanen
Finnland, Deutschland, Schweden 2016
Camino Filmverleih
Im Kino ab 5. Januar 2017
Schlagwörter: Kultur