Seitdem die NSU-Morde aufgeflogen sind, wird wieder über ein NPD-Verbot diskutiert. Doch im Falle eines Verbots steht mit der Partei Die Rechte schon ein Ersatz bereit. Das zeigt die offene Flanke der Verbotsforderung, meint Marijam Sariaslani
Aktuell debattiert der Bundestag darüber, ob er sich dem NPD-Verbotsantrag der Länder anschließen soll. Es scheint so, als wären sich zumindest die Oppositionsparteien einig darüber, dass die NPD dieses Mal tatsächlich verboten werden soll.
Manche Gegner eines Verbots argumentieren, dass »die Demokratie die NPD aushalten muss«. Das muss sie nicht, erst recht nicht, wenn diese Demokratie die Faschisten fast zur Hälfte finanziert. Finanzielle Unterstützung der NPD bedeutet auch die Unterstützung extrem gewaltbereiter so genannter freier Kameradschaften und Terrororganisationen wie des NSU.
Verbotsverfahren hat NPD gestärkt
Dennoch ist ein »simples« Verbot der Partei nicht zielführend. In der Vergangenheit hat sich schon gezeigt hat, dass – sobald der Staat Gesetze erlässt, um gegen Rechtsextreme vorzugehen – diese zuerst und zumeist gegen Linke genutzt wurden. Das hat jüngst das Beispiel der so genannten Extremismusklausel bewiesen.
Ein reines Verbot kann keine Gesinnung verhindern. Die Nazis organisieren sich ganz einfach unter anderem Namen neu. Das gefährliche daran ist, dass sie bei diesem Prozess meistens wirklich an Zuwachs und Selbstvertrauen gewinnen.
So auch die NPD. Als der Staat Anfang der 90er offen faschistische Gruppen wie die FAP verbot, organisierten sich viele Nazis in der legalen NPD. Nachdem das NPD-Verbotsverfahren 2003 gescheitert war, erlebte die Partei einen Aufschwung und gewann Fraktionen in den Landtagen von Sachsen (2004) und Mecklenburg-Vorpommern (2006). Insgesamt hat trotz vieler Verbote diverser faschistischer Strukturen die Anzahl gewaltbereiter Neonazis zugenommen.
DIE RECHTE steht bereit
Und auch für den Fall, dass das Gericht dem Verbot diesmal zustimmt, steht schon eine neue Parteiorganisation in den Startlöchern. Sie nennt sich DIE RECHTE und hatte Mitte 2012 in Hamburg ihren Gründungstag.
In Nordrhein-Westfalen ist aus dem Verbot des Nationalen Widerstands DIE RECHTE Dortmund entstanden. Mittlerweile hat sie dort über 100 Mitglieder und auch in anderen Landkreisen Ableger ihrer Organisation, die derzeit formal noch keinen Parteistatus hat. Weitere sind in Planung. Zumindest in Dortmund stellen ihre Aktivisten auch schon einen aktiven Teil von Naziaktionen dar und rufen auch gemeinsam mit der NPD zu bundesweiten Demonstrationen auf.
In der RECHTEN sammeln sich ehemalige Funktionsträger aus NPD, DVU und Nazikameradschaften, die beste Verbindungen in die NPD und zu anderen faschistischen und offen rassistischen Strukturen pflegen. Einer der Hauptköpfe ist der Multifunktionär der militanten Naziszene Christian Worch. Sobald die NPD in die Illegalität stürzt, werden Worch und seine RECHTE als Auffangbecken für alte und neue Nazis dienen.
Nazis blockieren
Allein auf parlamentarischem Wege und durch Verbote sind Nazis nicht zu stoppen. Es gilt, die Ursachen für das Erstarken von rassistischem und faschistischem Gedankengut zu bekämpfen und es gilt, sie dort zu bekämpfen, wo sie sich breit machen wollen: auf der Straße.
Deshalb bedeutet der Kampf gegen Nazis aktiven Widerstand, auch wenn der Staat diesen wiederum nicht duldet, wie das Beispiel des Berliner Antifaschisten Tim zeigt, der kürzlich zu einer Haftstrafe von 22 Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde, weil er angeblich an einer der erfolgreichsten Naziblockaden in Dresden durch ein Megafon gerufen haben soll »Kommt nach vorne«.
Deswegen, und um den Nazis zu zeigen, dass es für sie keinen Raum gibt, in dem sie sich protestfrei bewegen können, heißt es auch dieses Jahr wieder, Naziaufmärsche wie in Dresden gemeinsam zu verhindern.
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