Im Vorfeld der Landtagswahlen gründete sich in Hessen das Bündnis »Keine AfD im Hessischen Landtag«. Wir sprachen mit der DGB-Regionsgeschäftsführerin und Mitinitiatorin des Bündnisses Ulrike Eifler.
Es ist leider bisher eher ungewöhnlich, dass sich bei Landtagswahlen breite Bündnisse gegen die Wahl der AfD zusammenschließen. Wie kam es in Hessen dazu?
Der Startschuss kam vom DGB-Kreisverband in Hanau. Dort gelang es der AfD, bei der Bundestagswahl ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen. Angesichts dieses Ergebnisses wuchs bei den Kolleginnen und Kollegen der Wunsch, dem Rechtsruck in der Gesellschaft nicht einfach tatenlos zuzusehen, sondern sich ihm als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aktiv entgegenzustellen.
Die DGB-Bezirkskonferenz verabschiedete dann mit großer Mehrheit eine Kampagne, die zum Ziel hat, die AfD aus dem Hessischen Landtag herauszuhalten.
Aktuell ist das Bündnis sehr breit und wird nicht nur von Gewerkschaftern getragen, sondern auch von vielen Organisationen und prominenten Einzelpersonen, wie dem Schriftsteller Jan Seghers oder der Moderatorin Bärbel Schäfer.
In der Tat. Das Bündnis besteht aus Einzelpersonen unterschiedlicher Organisationen, die deutlich über den Kreis von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern und die üblichen linken Strukturen hinausreichen. Es beteiligen sich Personen, die ein grundlegendes Problem mit Rassismus haben: Vertreter unterschiedlicher Religionsgemeinschaften, Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler, aber auch Verbände und Parteien. Mich hat es persönlich sehr gefreut, wie selbstverständlich die unterschiedlichsten Menschen auf unsere Anfrage nach Unterstützung geantwortet haben und mit ihrer Unterschrift deutlich machen wollten, dass weder für die AfD noch für Rassismus Platz in unserer Gesellschaft sein darf.
Gewerkschaften und Antifaschismus
Warum muss die Kampagne aus deiner Sicht ein Thema für Gewerkschaften sein?
Die Gewerkschaften sind die größten politischen Organisationen in der Bundesrepublik und sie sind zudem die einzigen Organisationen, die in den Betrieben verankert sind. Dort aber machen die Kolleginnen und Kollegen immer wieder mit unterschiedlichen Formen der Spaltung Erfahrung: Leiharbeiter und Stammbelegschaft, Männer und Frauen, aber auch Deutscher und Migrant. Solidarität kann jedoch nicht theoretisch vermittelt werden, sie muss in gemeinsamen Kämpfen wachsen. Bei Strafe ihres eigenen Untergangs sind die Gewerkschaften zu Solidarität und Zusammenhalt verpflichtet, denn Verteilungskämpfe lassen sich nur gewinnen, wenn sie gemeinsam und solidarisch organisiert werden. In praktischen Kämpfen sind wir also in der Lage, Ressentiments gegenüber dem »Anderen« zu überwinden.
Gleichzeitig haben Gewerkschaften eine besondere historische Verantwortung. Die Arbeiterbewegung war in der Weimarer Republik das Bollwerk gegen die Nazis. Mit ihren Organisationen, Zeitungen und kollektiven Erfahrungen waren sie ein Damm, der die gesellschaftliche Ausbreitung antisemitischer Ideen verhinderte. Erst nachdem die Nazis die Arbeiterbewegung 1933 zerschlagen hatten, konnte ihre antisemitische Hetze breite Teile der Bevölkerung erreichen.
Wenn man Ressentiments am Besten im gemeinsamen Kampf überwinden kann, wäre es dann nicht effektiver, wenn die Gewerkschaften Arbeitskämpfe organisieren würden?
Ich halte eine Trennung von politischen und ökonomischen Kämpfen für falsch. Im Kampf gegen rechts ist beides wichtig. Ende April zog die Thüringer AfD-Landtagsfraktion mit Björn Höcke an der Spitze in Eisennach vor das Opel-Werkstor, um sich in dem aktuellen Konflikt mit den Opelanern zu solidarisieren. Statt die AfD auf das Gelände zu lassen, haben sich die Kollegen untergehakt und der AfD den Zutritt zur Kundgebung verweigert. Und das Ganze mit den Worten: »Wir brauchen die Solidarität der AfD nicht. Es gibt keinerlei inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen AfD und IG Metall«. Ich finde, das Beispiel zeigt, dass es auf beides ankommt: auf die gemeinsame Erfahrung im Arbeitskampf und Klärungsprozesse in politisch-inhaltlichen Fragen, die auch durch Kampagnen wie unsere ausgelöst werden.
Kein Teil des demokratischen Diskurses
Wenn man sich die gegen die AfD stellt, bekommt man immer wieder das Argument zu hören, sie sei eine demokratische Partei, wie jede andere auch.
Für mich hat die AfD kein Recht, Teil des demokratischen Diskurses zu sein, weil sie genau diesen Diskurs verachtet. Wenn man sich die Aussagen von Höcke, Gauland, Weidel und anderen Führungskadern der AfD genauer anschaut, wird schnell klar, dass die Differenzen zwischen der AfD und der NPD keine inhaltlichen Differenzen sind. Deshalb halte ich es für gefährlich, die AfD zu unterschätzen. Sie versucht, eine neue rechte Bewegung zu formieren und verschiebt den gesellschaftlichen Diskurs immer weiter nach rechts. Sie sickert mit ihrem rechten und zum Teil nazistischen Gedankengut in die Gesellschaft ein. Aus diesem Grund muss es nennenswerten Widerstand gegen sie geben.
Zu verhindern, dass die AfD in den hessischen Landtag einzieht, ist ein ziemlich hochgestecktes Ziel, oder?
Meine Erfahrung ist, dass viele Menschen unsere Kampagne gut finden, aber kaum jemand ihr Ziel für möglich hält. Im letzten Jahr hat sich jedoch gezeigt, dass die AfD bei Landtagswahlen nicht in allen Bundesländern mobilisierungsfähig ist. In Schleswig-Hollstein erreichte die Partei gerade einmal 5,9 %, und das ohne eine große antifaschistische Gegenmobilisierung. Ich halte es daher für absolut realistisch, die AfD unter fünf Prozent zu drücken.
Wir wollen mit unserer Kampagne aber auch mehr erreichen, als nur die AfD am Einzug in den Landtag zu hindern. Wir wollen eine gemeinsame Plattform gegen Rassismus schaffen und damit sichtbar sein: in den Sozialen Medien, im Netz und in der analogen Welt. Und es geht uns darum, sowohl in den Städten als auch in der Fläche mobilisierungsfähig zu sein. Deshalb wollen wir die vielen antifaschistischen Initiativen und lokalen Bündnisse, die es in fast jedem Ort ohnehin schon gibt, miteinander vernetzen.
Aus diesem Grund freut es uns besonders, dass die bundesweite Konferenz des Bündnisses »Aufstehen gegen Rassismus« in diesem Jahr vom 1.-2. September in Frankfurt stattfinden wird. Wir werden am Vorabend der Konferenz eine eigene Veranstaltung zur Frage »Keine AfD in den hessischen Landtag« organisieren.
Schlagwörter: AfD, Antifa, Antifaschismus, Deutscher Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft, Hessen, Inland, Landtag