Die US-Sitcom »Superstore« erzählt humorvoll und treffend von den Sorgen, Nöten und Konflikten der Angestellten in einer Einzelhandelsfiliale. Von Alban Werner
Superstore« ist vielleicht nicht die Beste, aber in jedem Fall eine der liebenswertesten Sitcoms, die derzeit laufen. Es handelt sich um eine sogenannte »workplace comedy«. Nicht nur das hat »Superstore« mit der zwei Jahre länger laufenden Serie »Brooklyn 9-9« gemeinsam. Ähnlich wie ihre geistige Schwester verzichtet »Superstore« auf Publikumsgelächter in der Tonspur und den »Mockumentary«-Stil von »Modern Family« und anderen, bei dem die Schauspieler direkt in die Kamera sprechen. Gemeinsam ist beiden Serien auch, dass sie von Charakteren bevölkert werden, die so penetrant klischeehaft angelegt sind, dass es schon wieder ehrlich und erfrischend wirkt.
Wie der Name nahelegt, ist der Schauplatz der Serie, an dem sich die allermeisten Handlungsstränge abspielen, ein riesiger Einkaufstempel à la Walmart, K-Mart oder Kaufland mit dem Namen Cloud 9. Die ersten Folgen wurden sogar in einer umdekorierten K-Mart-Filiale gedreht.
Einkaufstempel Superstore
Wichtigster roter Faden der Serie ist eine klassische »werden sie oder werden sie nicht ein Paar?«-Konstellation zwischen der ihr ganzes Berufsleben bei Cloud 9 arbeitenden Amy (gespielt von America Ferrera, die als »Ugly Betty« bekannt wurde) und dem frisch dazu gestoßenen College-Aussteiger Jonah (Ben Feldman). Was sie auseinanderhält, sind nicht nur Jonahs Allüren, für die man als Zuschauer eine gewisse Fremdschamtoleranz mitbringen sollte. Amy hat eine Tochter und ist verheiratet – man weiß nur nicht genau, wie glücklich sie in ihrer Ehe ist.
Absolut liebenswürdig sind der fromme, aber völlig konfliktunfähige Filialleiter Glenn, der es partout jedem Recht machen will, und die burschikose Dina, die nicht nur seine Stellvertreterin, sondern mit ihrer aufbrausenden Art sein genaues Gegenteil ist. Zum Team gehören weiterhin der querschnittsgelähmte Garrett, der immer für einen sarkastischen Kommentar gut ist, der schwule und unfassbar eitle, von den Philippinen stammende Mateo, der sich in den Cloud-9-Gebietsleiter Jeff verliebt, und die Teenagerin Cheyenne, deren Schwangerschaft, genauer gesagt der ihr vom Cloud-9-Konzern versagte Mutterschutz, am Ende der ersten Staffel zum Auslöser des ersten Streiks der Beschäftigten wird.
Entlassung und Arbeitsverdichtung
An »Superstore« ist erfreulich, dass man sowohl mit als auch über die Protagonistinnen und Protagonisten lachen kann. Während man über die Stories der einzelnen Episoden ebenso laut lachen kann, wie man sie auch schnell wieder vergisst, wachsen einem die Charaktere gerade wegen ihrer Marotten schnell ans Herz. Wenn auch nicht mit dem Holzhammer vermittelt, so scheint in der Serie doch immer wieder deutlich durch, dass das Leben im Einzelhandelsproletariat kein Zuckerschlecken ist. Wenn die Belegschaft des Cloud-9-Marktes regelmäßig kleine und große Katastrophen abwenden muss, wenn Entlassungen oder Arbeitsverdichtungen drohen und Kolleginnen und Kollegen trotz aller Anstrengungen am nächsten Morgen wieder zur Schicht antreten müssen, wird einiges über die Sinnarmut der kapitalistischen Arbeitswelt erzählt.
Eine umso größere Schande ist es, dass die Serie in Deutschland neben ihrer Ausstrahlung auf dem Universal Channel bei Pro Sieben auf einem nachmitternächtlichen Sendeplatz geradezu lebendig beerdigt wird. Dabei hat »Superstore«, vielleicht gerade weil sie menschliche Beziehungs- und Gefühlswelten bis zur Kenntlichkeit überzeichnet, mehr über Sorgen, Nöte und Hoffnungen der »kleinen Leute« zu sagen als die furchtbaren »Skripted Reality«-Sendungen, mit denen die Privatsender nachmittags die Frequenzen überfluten.
Info
Serie
Superstore
NBC Universal 2017
Läuft in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ab 0:55 Uhr auf Pro Sieben und in der Pro Sieben Mediathek
erste Staffel als DVD erhältlich
Schlagwörter: Fernsehserie, Kultur, TV-Serie