Mit Janine Wissler ist letzten Monat eine Unterstützerin des Netzwerks marx21 zur stellvertretenden Vorsitzenden der LINKEN gewählt worden. Welche Ziele sie hat und wie sie die Zukunft der LINKEN sieht, erklärt Janine im marx21-Gespräch.marx21.de: Auf faz.net steht, du würdest nichts vom Parlamentarismus halten. Wie passt das zusammen mit der Aufgabe als stellvertretende Vorsitzende der parlamentarischen Partei DIE LINKE?
Janine Wissler: Ganz so habe ich das nicht gesagt. Ich habe auf die Beschränktheit des Parlaments hingewiesen und darauf, dass sich Demokratie nicht darin erschöpfen darf, dass man alle paar Jahre ein Kreuzchen auf seinem Stimmzettel macht. Wir brauchen mehr direkte Demokratie und vor allem eine Demokratisierung der Wirtschaft und eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse.
Natürlich nimmt DIE LINKE an Parlamentswahlen teil. Und es ist wichtig, dass DIE LINKE in Parlamenten vertreten ist, um Druck von links zu machen. Wir können so wichtigen Anliegen Öffentlichkeit verschaffen, politische Alternativen aufzeigen und kritische Fragen stellen, um damit frühzeitig herauszufinden, wenn Bundes- oder Landesregierungen neue Schweinereien planen.
Ist das Parlament doch wichtig?
Klar. Aber wir dürfen uns nicht einreden, dass DIE LINKE allein über Anträge und Reden im Parlament die Politik grundlegend verändern könnte. Je länger ich hessische Landtagsabgeordnete bin, desto weniger glaube ich an die Macht des Arguments.
Wird im Landtag nicht diskutiert?
Zumindest nicht ergebnisoffen. Das zeigt sich bei den Anhörungen. Im Gesetzgebungsverfahren ist vorgeschrieben, dass die jeweils Betroffenen angehört werden müssen. Dann kommen Menschen in den Landtag, die sich alle Mühe geben, Sachverhalte zu erklären und ihre Kritik vorzubringen, aber in den meisten Fällen verhallt das einfach und der Gesetzentwurf wird unverändert beschlossen.
Da können die Argumente noch so gut sein, ohne gesellschaftlichen Druck ändert sich nichts. Deshalb brauchen wir starke außerparlamentarische Bewegungen, um etwas zu verändern.
Sieht das die restliche LINKE auch so?
Ich denke schon. Wir sind als Partei verankert in Bewegungen und Gewerkschaften, mobilisieren die Blockupy-Proteste, unterstützen Streiks im Einzelhandel oder beteiligen und an Blockaden von Nazi-Aufmärschen in Dresden und anderswo.
Gibt es dafür schon Ideen, wie die Partei in den nächsten Jahren weiter gestärkt werden kann?
Die Vorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping haben dafür mit dem Text »Verankern, verbreiten, verbinden« eine gute Vorlage geliefert. Jetzt müssen wir das diskutieren und umsetzen und daran würde ich gerne mitwirken.
Geht DIE LINKE schon in die richtige Richtung?
In den letzten zwei Jahren haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Unsere Mitgliederzahlen steigen wieder und die Wahlergebnisse werden besser.
DIE LINKE hatte schon 2009 bei der Bundestagswahl 12 Prozent …
… und dieses Ergebnis stand in keinem Verhältnis zur gesellschaftlichen Verankerung der Partei. Wir bekamen damals etwa halb so viele Stimmen wie die SPD. Aber wir haben nicht annähernd halb so viele Mitglieder.
Wir müssen die Partei aufbauen und stärker verankern. Vor allem brauchen wir mehr aktive Mitglieder. Wir brauchen eine LINKE, die nicht nur gute Wahlergebnisse erzielt, sondern auch vor Ort aktiv ist und Bewegungen unterstützt.
Muss DIE LINKE mehr diskutieren, wie sie Politik machen will?
Wir sind jetzt in einer guten Situation, um solche Diskussionen zu führen. Und die müssen vor allem in den Kreisverbänden geführt werden. Die schönsten Papiere des Vorstands nutzen nichts, wenn sie nicht von den aktiven Mitgliedern diskutiert und in der Praxis mit Leben gefüllt werden. Das zu organisieren, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben.
(Die Fragen stellte Hans Krause.)
Mehr im Internet:
Der Text „Verankern, verbreitern, verbinden« von Bernd Riexinger und Katja Kipping: http://www.die-linke.de/partei/parteientwicklung/projekt-parteientwicklung/texte/verankern-verbreiten-verbinden/ .
Das Porträt von Janine Wissler auf faz.net: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/im-portraet-janine-wissler-klassenkaempferin-im-parlament-12934641.html
Mehr auf marx21.de:
Weiter auf dem Weg zur aktiven Mitgliederpartei: Der Berliner Parteitag der LINKEN hat die Mitgliedschaft ermutigt, gegen die Kriegsgefahr in der Ukraine aktiv zu werden und den Kurs der Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger bestätigt. Eine Auswertung von marx21
Foto: dielinke_nrw