Sollen SUV aus den Innenstädten verbannt werden? Toni Lepsch meint: Ja, denn damit treffen wir die Autokonzerne da, wo es ihnen am meisten weh tut
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Die Gegenposition zu diesem Kommentar findest Du hier: SUV-Sanktionen – wen juckt`s?
Es gibt gute Argumente, SUVs den Kampf anzusagen. Ihr martialisches maskulin-aggressives Design begünstigt Rücksichtslosigkeit und schafft Sicherheit nur für sich selbst – auf Kosten anderer. Ihr Sprit-, Raum- und Ressourcenverbraucht ist absurd, wenn man bedenkt, dass zweieinhalb Tonnen Stahl bewegt werden, um 70 Kilo Fleisch zu transportieren.
Neoliberaler Überlegenheitsgestus SUV
Der neoliberale Überlegenheitsgestus findet seinen Ausdruck auf der Straße am stärksten in Form eines SUV. So bezeichnen die Politikwissenschaftler Ulrich Brand und Markus Wissen den SUV auch als »Nebenschauplatz des Klassenkampfes«: Für die (noch) wohlhabende Zwischenklasse ist der SUV eine Selbstbestätigung des eigenen Status, ein Mittel sich vor der immer unsicher werdenden Umwelt und Gesellschaft zu wappnen und dadurch die eigenen Abstiegsängste zu bearbeiten. Doch 58 Prozent der Städter sind laut einer Tagesspiegelumfrage mittlerweile für ein SUV Verbot in Innenstädten.
Doch das entscheidende Argument gegen SUVs ist, dass die Autokonzerne mit diesem Premiumsegment fast ihren ganzen Profit machen. Deswegen hat zum Beispiel der VW-Konzern sich das Ziel gesetzt, bis 2025 eine SUV-Quote von 50 Prozent zu erreichen. Unrentable Kleinwagenproduktion, wie beispielsweise der VW Lupo, wird stattdessen eingestellt – zu wenig Profit. Im ersten Halbjahr 2019 war schon jeder dritte neuzugelassene Wagen ein SUV.
Auch die Frage nach der ökologischen Sinnhaftigkeit von Elektromobilität entscheidet sich zuvorderst an der Größe der Karren. Während Tesla und deutsche Hersteller auf große Fahrzeuge und Luxuslimousinen setzen, liegen die ökologische Chancen von E-Autos gerade in ihrer Unzulänglichkeit in Sachen Größe und Reichweite. Kombiniert man die Umstellung des Antriebes auf Strom mit konsequentem Downsizing, also der Verringerung von Gewicht und Leistung, können E-Autos durchaus ein sinnvoller Bestandteil einer umfassenden Verkehrswende sein.
Angriff auf die Automobilindustrie
Die Forderung nach mehr ÖPNV ist natürlich richtig, es müssen zunächst die Alternativen her, zu denen die Menschen umsteigen sollen. Es wird damit aber die Frage umschifft, wie mit der deutschen Autoindustrie und ihren hunderttausend Arbeitsplätzen umgegangen werden soll. Der ehemalige VW-Betriebsrat Stephan Krull hat dazu eine klare Meinung: »Der hohe Grad der Konzentration und Kartellbildung sind Ausdruck der objektiven Reife für die Vergesellschaftung dieser Schlüsselindustrie.«
Greift man die Autokonzerne da an, wo es am meisten weh tut: bei ihren Profiten, ergo den SUVs, schafft man die Grundlage für eine gebrauchswertorientierte Konversionsdebatte in der Belegschaft und damit für die Vergesellschaftung der Autoindustrie. Betriebliche Kämpfe für eine Transformation und Konversion der Produktion auf umweltfreundlichere Produkte, wie Busse, Kleinwagen oder Fahrräder müssen von Gewerkschaften, Umweltgruppen und der LINKEN unterstützt werden.
Der Autoindustrie geht der Arsch auf Grundeis
Die breite Anti-Autobewegung, die dieses Jahr erstmalig große Blockade- und Protestaktionen rund um die Frankfurter Automesse IAA angekündigt hat, stößt genau in die richtige Kerbe. Allein die Ankündigung der Proteste brachte die diesjährige Selbst-Beweihräucherung dieser kriminellen Industrie in Bedrängnis. Reihenweise sagten Hersteller ihre Teilnahme ab, das gebuchte Messegelände musste verkleinert werden und die Öffentlichkeit berichtet mehr über das Bündnis »Sand im Getriebe«, als über die Messe selbst.
Der Autoindustrie geht der Arsch dermaßen auf Grundeis, dass sich VW-Häuptling Herbert Diess sogar auf ein Streitgespräch mit der Pressesprecherin des Bündnisses einlassen musste. Die Zuspitzung, die die Frankfurter LINKE für das Protestwochenende ausgerufen hat ist deshalb genau richtig: »S-Bahn fahren, statt SUV-Wahn!«
Mehr ÖPNV ja, aber du musst auch den Kopf der Schlange des deutschen Autokapitalismus abschlagen. Und das ist nun mal der SUV.
Überzeugt? Unsere Redakteurin Elina Fleurs hält dagegen. Sie ist gegen ein SUV-Verbot in Innenstädten, denn der Vorschlag geht am Problem vorbei. Ihren Beitrag findest Du hier.
Foto: Alexander Migl
Schlagwörter: Auto, Autos, CO2, Inland, Klima, SUV, Verkehr