Im Sammelband »Der inspizierte Muslim« von der Herausgeberin Schirin Amir-Moazami und anderen Autorinnen werden unterschiedliche Aspekte der gesellschaftlichen Debatten über Muslime untersucht. Das Sammelband füllt damit eine wichtige Lücke im Wissenschaftsbetrieb, meint David Paenson.
Etwa 30 Studierende, zumeist Muslima, mit und ohne Kopftuch, folgten Anfang Mai dem Aufruf von #WirBleibenLaut gegen die vom Forschungsinstitut Globaler Islam der Frankfurter Goethe Universität organisierte Tagung »Das Islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung«. Der Protest war laut und bunt.
Der knapp 400-seitige Sammelband »Der inspizierte Muslim« trifft den Nagel auf den Kopf und füllt eine wichtige Lücke im Wissenschaftsbetrieb.
»Der inspizierte Muslim« füllt eine wichtige Lücke
Die zwölf Beiträge von unterschiedlichen Autorinnen decken alle relevanten Aspekte wie Religion und »Modernität«, Postkolonialismus, die Fragwürdigkeit von »Umfragen«, die widersprüchliche Spannung zwischen »gutem« und »gefährlichem« Islam, den sexualisierten »Araber«, Säkularismus als Herrschaftsinstrument, Schulpädagogik und den Missbrauch von solidarisch gemeinter Forschung durch den Sicherheitsapparat ab.
In der gegenwärtigen Debatte: Muslima als abstrakte »Kategorie«
Eine Hauptkritikpunkt des Buches besteht darin, wie in der gegenwärtigen Debatte Muslima als abstrakte »Kategorie« unter die Lupe genommen werden – ohne Einbeziehung ihrer realen sozialen Lage und Lebensrealität, ihrer Meinungen zu gesellschaftlichen Problemen, ihrem Engagement in der Zivilgesellschaft, beispielsweise in Gewerkschaften, Elternbeiräten oder in sozialen Einrichtungen, und ohne Bezug zu solchen übergeordneten Themen wie deutsche oder internationale Politik, organisierter Rassismus in Gestalt der AfD und vieles mehr.
»Der inspizierte Muslim«: Trotz komplizierter Sprache lesenswert
Die Sprache der Artikel ist stellenweise kompliziert, das ist wohl dem Zielpublikum geschuldet. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen.
Das Buch
Der inspizierte Muslim. Zur Politisierung der Islamforschung in Europa
Schirin Amir-Moazami (Hg.)
transcript 2018
374 Seiten
39,99 €
Schlagwörter: Antimuslimischer Rassismus, Bücher, Islam, Kultur, Muslime, Rassismus, Rezension