Die Wiedervereinigung bedeutete für die ostdeutsche Wirtschaft Deregulierung, Privatisierung und Umverteilung im Interesse der westdeutschen Industrie. Dreißig Jahre später ist Ostdeutschland noch immer abgehängt und wird vom Westen aus wirtschaftlich kontrolliert. Von Thomas Walter
»Dreißig Jahre nach der friedlichen Revolution«, wie es im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2019 heißt, zeigt sich diese begeistert: »Die Angleichung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Lebensverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschland ist bis heute weit vorangekommen. (…) Die neuen Länder sind ein attraktiver Standort für die Neuansiedlung junger, innovativer Unternehmen und Forschungseinrichtungen.« Und auch der »Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer« frohlockt: »Mit der Privatisierung der rund 8000 Staatsbetriebe in der Anfangsphase und insbesondere der Gründung zahlreicher neuer Unternehmen in den vergangenen Jahren ist eine leistungsfähige private Wirtschaft in den neuen Ländern entstanden.«
»Blühende Landschaften« in Ostdeutschland?
Endlich »blühende Landschaften«, so könnte man meinen. Doch bei Betrachtung der ökonomischen und sozialen Unterschiede zwischen West und Ost zeigt sich, dass der Prozess der »Angleichung« ins Stocken geraten ist. Zwar bemühen sich Politik und bürgerliche Medien unter Verweis auf »Leuchttürme« wie die Jenaer Zeiss-Unternehmen, Zuversicht zu verbreiten, doch tatsächlich bleiben die »neuen Bundesländer« wirtschaftlich gegenüber dem Westen abgehängt – abgesehen von der Tatsache, dass in einigen Regionen Westdeutschlands ein Angleichungsprozess nach unten stattgefunden hat.
Das Versprechen von Bundesinnenminister Horst Seehofer anlässlich des diesjährigen »Tags der Deutschen Einheit«, dass es in Deutschland in zehn Jahren überall die gleichen Lebensverhältnisse geben wird, entpuppt sich mit Blick auf die Struktur der ostdeutschen Wirtschaft als Wunschtraum. Der Osten Deutschlands dient seit der Wende als verlängerte Werkbank westdeutscher und internationaler Konzerne – mit hochqualifizierten Beschäftigten zu verhältnismäßig niedrigen Löhnen und schwachem gewerkschaftlichem Organisationsgrad. Und nichts deutet daraufhin, dass sich an diesem Zustand in absehbarer Zeit etwas ändern wird.
Schocktherapie und strukturelle Abhängigkeit
Der Grundstein für die strukturelle Abhängigkeit der Wirtschaft im Osten, die ein »Aufholen« zum Westen bis heute verhindert, wurde mit eben jener Privatisierungswelle gelegt, die der Beauftragte der Bundesregierung als Erfolgsgeheimnis der angeblichen Stärke der Wirtschaft im Osten verkaufen will. Tatsächlich handelte es sich um eine neoliberale Schocktherapie, die ihresgleichen sucht, ein Kahlschlag, der nicht nur fatale soziale Folgen für Millionen Menschen hatte, sondern bis heute nachwirkt.
Als 1989 die Mauer fiel, war die alte BRD schon etwa seit zehn Jahren auf neoliberalem Kurs. Die Wiedervereinigung wurde vom Kapital im Westen als Chance begriffen, das neoliberale Modell voranzutreiben. Sie wurde von Anfang an vom Westen aus organisiert, wobei sich die alte Staatsbürokratie der DDR als willfähriger Handlanger entpuppte.
Zur Verwaltung des ehemaligen Staatseigentums der DDR wurde die berüchtigte Treuhandanstalt geschaffen. Ihr Motto: »Privatisierung vor Sanierung«. Die Treuhand bekam alle wichtigen Besitzrechte: die Kontrolle von Kapital und Stimmrechten, die Ausgabe von Aktien, den Verkauf von Beteiligungen, die Vergabe von Nutzungsrechten an Grund und Boden. Sie wurde damit nicht nur Besitzerin, sondern auch Eigentümerin von rund 8500 »volkseigenen« Betrieben mit etwa vier Millionen Beschäftigten in rund 45.000 Betriebsstätten. Hinzu kamen 17,2 Milliarden Quadratmeter landwirtschaftliche Flächen, 19,6 Milliarden Quadratmeter bewirtschaftete Wälder, 25 Milliarden Quadratmeter Immobilien, etwa 40.000 Einzelhandelsgeschäfte und Gaststätten, 14 Centrum-Warenhäuser sowie einige tausend Buchhandlungen, hunderte Kinos und Hotels und einige tausend Apotheken.
Die Treuhand und der Ausverkauf
Während die Treuhandanstalt Eigentümerin der Betriebe wurde, blieben die finanziellen Belastungen, also die Schulden, zwar im Zuge der D-Mark-Einführung um die Hälfte reduziert, bei den einzelnen Betrieben. Sie waren so stark mit sogenannten Altschulden belastet und damit für die Großbanken nicht kreditwürdig. Für »Käufer« wurden sie zum billigen Schnäppchen, was sich die Konzerne aus dem Westen zunutze machten.
Der damalige Leiter der Treuhandanstalt zur Privatisierung der DDR-Betriebe Detlev Rohwedder hat den Wert dieser »volkseigenen« Betriebe – laut Handelsblatt von ihm als »Ramsch« bezeichnet – einmal auf 600 Milliarden D-Mark beziffert. 1995 wurden dann allerdings statt 600 Mrd. DM Vermögen 200 Mrd. DM Schulden auf den »Erblastentilgungsfonds«, also auf den Steuerzahler, übertragen. Wenn Rohwedders Zahlen stimmten, wurde damit westlichen Firmen DDR-Vermögen in Höhe von 800 Mrd. DM zu Lasten des Steuerzahlers übertragen.
Westkonzerne übernehmen Ostdeutschland
Die Energieversorgung der DDR wurde an die westdeutschen Stromriesen RWE, Preussag und Bayernwerke verscherbelt, obwohl sie nach dem Kommunalvermögensgesetz von 1990 den Gemeinden übergeben werden sollte. Die »Deutsche Reichsbahn« – die DDR hatte diese Bezeichnung nicht geändert – transportierte mehr Güter als die westdeutsche Deutsche Bundesbahn. Nach der Wiedervereinigung wurde aber der öffentliche Nahverkehr in den Ost-Bundesländern heruntergefahren, um sie nach westlichem Vorbild in Autogebiete umzuformen. Während zahlreiche Eisenbahnstrecken stillgelegt wurden, tauchten im Gegenzug überall Autohäuser auf.
Westdeutsche Investoren konnten im Zuge der Privatisierung und begünstigt durch steuerliche Abschreibung im großen Stil günstig Immobilien im Osten erwerben. Betriebe und Kombinate wurden »entflochten«. Die Deutsche Bank und die Dresdner Bank »kauften« das Filialnetz der DDR-Staatsbank. Die Allianz erstand für einen geringen Preis sämtliche gewinnbringenden Versicherungen. Opel, VW und Daimler sicherten sich Autoproduktionsbeteiligungen, die westdeutschen Kaufhauskonzerne die DDR-Handelsketten. Die Supermarktkette Kaufland hatte im Herbst 1990 gerade einmal 51 Filialen, fast alle im Westen. Sieben Jahre später hatte sich der Umsatz von Kaufland verhundertfacht – dank zahlreicher neuer Märkte in Ostdeutschland. 2018 verfügte Kaufland über 660 Filialen, ein Drittel davon in den Ostbundesländern.
Siemens schnitt sich zahlreiche Filetstücke wie den Starkstrom- und den Nachrichten-Anlagenbau heraus. Auch internationale Konzerne kamen zum Zuge. Die Leunawerke wurden von der Treuhand an den französischen Konzern Elf Aquitaine (heute: Total) verkauft. Die Zahl der Beschäftigten schrumpfte von 28.000 auf 9000. Wie gut bei diesen Privatisierungen teilweise geschmiert wurde, kam im Falle dieses Öl-Deals in der sogenannten Leuna-Affäre ans Licht.
Wie das Magazin »Katapult« Juli 2021 darstellt, landeten auch alle DDR-Zeitungen bei westdeutschen Eigentümern. Neue Eigentümer sind eine südwestdeutsche Verlagsgruppe, die Funke-Mediengruppe aus Essen, die Bauer Media Group und Gruner und Jahr aus Hamburg, Madsack aus Hannover, die NOZ Medien aus Osnabrück und einige weitere westdeutsche Firmen. Lediglich die Berliner Zeitung wurde an Ostberliner Unternehmer zurückverkauft. Die Treuhand verdiente an den Verkäufen der DDR-Zeitungen 1,2 Milliarden D-Mark, also etwa 0,6 Milliarden Euro.
Ostdeutsche Konkurrenz unerwünscht
Doch bei der Privatisierung durch die Treuhandanstalt handelte es sich nicht nur um einen billigen Ausverkauf. Das westliche Kapital schaffte sich gleichzeitig lästige DDR-Konkurrenz vom Hals. So schrieb 1990 der Spiegel über die DDR-Firma Deutrans: »Dem westdeutschen Lkw-Gewerbe drohte Konkurrenz von einem Ost-Betrieb. Doch die West-Lobby arbeitete wirkungsvoll, das Unternehmen wird aufgelöst.«
In vielen Fällen lag der Kahlschlag nicht, wie häufig behauptet, am technologischen Rückstand gegenüber der westdeutschen Industrie. Das Münchner ifo-Institut nannte noch 1990 verschiedene Wirtschaftsbereiche, die nicht oder nur geringfügig unter dem BRD-Niveau lagen, z.B. Bergbau, Metallerzeugung, Stahl- und Maschinenbau und ein Teil der Elektronikindustrie.
Insgesamt wurden rund 15.000 staatliche Betriebe durch die Treuhand privatisiert: 85 Prozent der ostdeutschen Industrie ging an westdeutsche Konzerne, 10 Prozent an ausländische Käufer, die über Produkte, Produktionsprofile und Kapazitäten bestimmten. Für alles, was sich nicht verkaufen ließ, hieß es: Abwickeln! Die Konsequenz war eine großflächige Deindustrialisierung.
Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung
Der wirtschaftliche Kahlschlag hatte tiefgreifende Folgen, die bis heute nachwirken. Auf die Massenarbeitslosigkeit folgte Massenabwanderung: In sämtlichen Ostländern schrumpfte die Bevölkerung drastisch – am stärksten in Sachsen-Anhalt mit 22,3 Prozent. Thüringen verlor 17,2 Prozent seiner Bevölkerung, Mecklenburg-Vorpommern 15,6 Prozent, Sachsen 13,6 Prozent und Brandenburg 2,1 Prozent. Insgesamt gewannen die westlichen Länder seit der Wende fünf Millionen neue Einwohner, während die östlichen zwei Millionen verloren. Heute leben in Ostdeutschland so wenige Menschen wie seit 1905 nicht mehr.
Zum Rückgang der Bevölkerung im Osten trug jedoch nicht nur die Abwanderung bei, sondern auch der Rückgang der Geburten. Mit der Wiedervereinigung brach die Geburtenrate schlagartig um die Hälfte ein, zum Leidwesen westlicher Beobachter, weil das so gar nicht zum »Aufbruch Ost« passen wollte.
Zwar hat die Abwanderung die Arbeitslosigkeit gemildert, gleichzeitig führte sie jedoch zu massiver Überalterung insbesondere in ländlichen Gebieten. So gehören zu den 30 Kreisen in Deutschland mit dem höchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung ausschließlich ostdeutsche Kreise.
Ostdeutschland als verlängerte Werkbank
Doch nicht nur die demographischen Folgen der vom Westen aus gesteuerten Übernahme der Wirtschaft der ehemaligen DDR halten bis heute an. Nach wie vor sind es Konzerne aus dem Westen, die einen Großteil der Wirtschaft in Ostdeutschland kontrollieren und diese als verlängerte Werkbank gebrauchen. Das bedeutet nicht, dass die Betriebe im Osten veraltet seien. Teilweise sind sie moderner als ihre westdeutschen Gegenstücke. Aber strategische Entscheidungen wie Planung, Produktdesign oder Forschung und Entwicklung finden weitgehend im Westen statt und werden im Osten nur umgesetzt. Die Großbetriebe der DDR wurden abgewickelt zugunsten einer kleinteiligen Wirtschaftskultur von kleinen und mittleren Unternehmen, die aber die Großindustrie nicht ersetzen können. Oft sind ostdeutsche Unternehmen vorwiegend als Zulieferer der großen westdeutschen Unternehmen eingebunden.
Stärker vertreten ist die Autoindustrie: BMW hat heute zwei Produktionsstandorte in Leipzig und in Eisenach. Dort produziert auch Opel mit 1400 Beschäftigten SUVs. Daimler hat ein Werk in Kölleda (Otto- und Dieselmotoren) und in Ludwigsfelde (Karosserie- und Montagewerk für Transporter). Die Volkswagen AG produziert Porsche in Leipzig, in Chemnitz Motoren und in Dresden und Zwickau Golf und Passat. Allein in Chemnitz, Dresden und Zwickau sind insgesamt 11.000 in der Autoindustrie beschäftigt. Forschung und Entwicklung blieben jedoch in Westdeutschland konzentriert. Und gemessen an ihrer westdeutschen Schwester ist die ostdeutsche Industrie nach wie vor klein. Die industrielle Leistung beträgt gerade einmal 9 Prozent der Gesamtleistung Deutschlands – mit Berlin sind es knapp 11 Prozent.
Ostdeutschland bleibt zurück
Nicht nur ist kein einziges ostdeutsches Unternehmen im Börsenleitindex DAX-30 notiert, von den 500 größten deutschen Firmen haben nur 16 ihren Sitz in den neuen Ländern. Der Umsatz dieser Ost-Firmen ist gering – er ist zusammengerechnet gerade einmal so groß wie der Jahresumsatz von Thyssen-Krupp in Essen.
Noch dazu sind von diesen 16 Konzernen, laut einem Artikel aus der Zeit aus dem Jahr 2018, lediglich fünf im Besitz von Ostdeutschen. Auf einen ostdeutschen Manager in den neuen Ländern kommen zwei westdeutsche. Selbst ostdeutsche Vorzeigefirmen wie die Gas AG Leipzig oder die Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm werden von Westdeutschen geführt. Von 81 deutschen Universitäten wurde Ende 2018 nicht eine von einem Ostdeutschen geführt.
Aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Westen ist es nicht verwunderlich, dass der Osten nicht aufholen konnte. Beim »Verfügbaren Einkommen je Einwohner« erreicht das einkommensstärkste Ost-Land Brandenburg (20.200 Euro) noch immer nicht das schwächste »West«-Land Berlin, das inzwischen als Gesamtberlin einschließlich Ost-Berlin ausgewiesen wird. Beim Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer liegt Sachsen mit 83,5 Prozent des Bundesdurchschnitts im Osten an der Spitze, aber noch hinter dem Westschlusslicht Schleswig-Holstein, das auf 88,3 Prozent kommt. Bei der »Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen« (Produktivität) erreicht der Ost-Spitzenreiter Brandenburg 87,0 Prozent des BRD-Durchschnitts, weniger als das Westschlusslicht Saarland mit 89,6 Prozent.
Diese Ungleichheit macht auch vor den Gehältern von Führungskräften nicht halt, wie die FAZ gestützt auf Daten der Vergütungsberatung Gehalt.de im Juli 2021 berichtete. In westlichen Bundesländern wurde im Mittel (Median) zwischen 91.000 Euro (Schleswig-Holstein) und 101.000 Euro (Hessen) verdient, in den östlichen dagegen zwischen 78.000 Euro (Mecklenburg-Vorpommern) und 82.000 Euro (Sachsen-Anhalt) oder 89.000 Euro (Berlin). Nach Bundesländermittelwert (mittleres Verdienst, Median) sind die höchsten Führungskräftegehälter im Osten also niedriger als die niedrigsten im Westen. Bei Fachkräften sieht es ähnlich aus. Die Verdienste reichen von mittleren 38.000 Euro in Schleswig-Holstein bis zu 45.000 Euro in Hessen, während sie im Osten von 33.000 Euro (Mecklenburg-Vorpommern) bis 35.000 Euro (Thüringen) – also noch unter dem Wert von Schleswig-Holstein – oder 40.000 Euro (Berlin) reichen, wobei Berlin ja die Vereinigung von West- und Ost-Berlin ist.
Das Ende des Aufholprozesses
Die Folgen der neoliberalen Wiedervereinigung haben sich tief in die ostdeutsche Wirtschaft eingegraben. Die Strukturen im Osten mit seiner Abhängigkeit von Westfirmen sind festgefahren. Das ifo-Institut in München hat kürzlich eine Studie zur weiteren Entwicklung Deutschlands bis 2035 vorgelegt. Demnach stagniert laut einem Basisszenario zwischen 2017 und 2035 die Bevölkerung in Westdeutschland, in Ostdeutschland geht sie aber um 5 Prozent zurück. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner wird im Osten 2035 immer noch unter 80 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts liegen. Das ist kaum mehr als 2018. Auch das ifo-Institut geht also in seinem Basisszenario davon aus, dass der Aufholprozess praktisch zum Abschluss gekommen ist.
Die Entwicklung im Osten Deutschlands nach dem Zusammenbruch des Staatskapitalismus fand im Zeichen des Neoliberalismus statt. Zentrale Elemente neoliberaler Politik sind der Niedriglohnsektor und die Schwächung der Gewerkschaften. Der »Erfolg« dieser Politik zeigt sich im Osten: 2019 arbeiten dort 35 Prozent aller Beschäftigten im Niedriglohnbereich, im Westen sind es 20 Prozent. Tarifgebunden sind im Westen 57 Prozent, im Osten nur 44 Prozent. Das WSI-Institut der Hans-Böckler-Stiftung stellt aktuell fest, dass Beschäftigte im Osten bei gleicher Qualifikation 17 Prozent weniger als im Westen verdienen. Ein wichtiger Grund sei die geringe Tarifbindung. Die IG Metall fordert dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung im Osten noch immer vergeblich die Einführung der 35-Stundenwoche. Während diese im Westen schon seit 1996 gilt, müssen Beschäftigte im Osten laut Manteltarif noch immer drei Stunden länger arbeiten.
Klassenkampf statt Standortkonkurrenz
Mit Standortkonkurrenz können die strukturellen Probleme der Wirtschaft im Osten Deutschlands nicht gelöst werden. Produktion auf der Grundlage verlängerter Werkbänke löst keine Dynamik aus. Und auch eine alternative Wirtschafts- und Standortpolitik ist nicht die Lösung. Gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West müssen unter kapitalistischen Bedingungen gegen die Interessen der Wirtschaft erkämpft werden. Aufgabe der LINKEN ist es daher nicht, sich um eine andere Industriepolitik zu kümmern, sondern den Widerstand von unten aufzubauen. Was es braucht, ist eine Stärkung der Gewerkschaftsbewegung sowie soziale und betriebliche Kämpfe um die Angleichung von Löhnen, Gehältern und Renten an das westliche Niveau.
Zum Autor: Thomas Walter ist Volkswirt und Redakteur von marx21.
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Schlagwörter: DDR, Inland, Ostdeutschland, Wiedervereinigung