marx21-Leserinnen- und Leserdebatte zur Frage: »Die Linke und die Polizei – Freund oder Feind?« Karim ist für Solidarität mit sozialen Bewegungen, nicht mit Uniformierten
»[N]icht weniger, sondern mehr gesellschaftliche Anerkennung und mehr Personal« verdiene die Polizei, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Dem pflichtete der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion in Mecklenburg-Vorpommern Peter Ritter bei: »Wir brauchen mehr Respekt vor denen, die Uniform tragen.« Sie reagierten damit auf die Diskussion über Rassismus in der Polizei auch in Deutschland.
Damit fallen Bartsch und Ritter nicht nur den weltweiten Bewegungen gegen Polizeigewalt in den Rücken, sondern auch der linken Kritik am Staat und seinem repressiven Vorgehen. Sie reihen sich in den Sprech konservativer Kräfte ein und lenken damit von der tatsächlichen Aufgabe der Polizei ab.
Polizei erhält Machtstrukturen
Denn der Sicherheitssektor mit seinen polizeilichen und militärischen Kräften ist fester Bestandteil der kapitalistischen Machterhaltungsstrukturen. Zu keinem Zeitpunkt war es Aufgabe der Polizei, sich auf die Seite der Bevölkerung zu stellen, wenn es systemisch nicht erforderlich war – von freundschaftlichen Beziehungen ganz zu schweigen.
Ihre Aufgabe ist vielmehr, Recht und Ordnung nach Auffassung der jeweiligen Regierung umzusetzen. Innerhalb derzeitiger Strukturen ist die Polizei also nur eines der vielen repressiven Instrumente, welche die Macht der herrschenden Klasse absichern und das kapitalistische Wirtschaftssystem zementieren.
Eine Haltung nach dem Motto: Erst das Kapital, dann der Mensch widerspricht jeglicher linker Gesinnung. Die Polizei kann innerhalb kapitalistischer Strukturen für linke Kräfte nichts anderes als ein »natürlicher Feind« sein. Folglich ist es auch Aufgabe der LINKEN, das Feindbild Polizei aufrecht zu erhalten und »an der Seite derjenigen Menschen zu stehen, die von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung betroffen sind«, wie ein Mitarbeiter des linken Bundestagsabgeordneten Niema Movassat auf Bartsch antwortet.
Solidarität mit sozialen Bewegungen
Der Opportunismus von Bartsch und Ritter mit Blick auf anstehende Wahlen ist das eigentlich »widerliche Verhalten« und die »bewusst rücksichtslose Gewalt«. Denn er legitimiert die strukturelle Gewalt des kapitalistischen Systems, die den Menschen weltweit täglich entgegengebracht wird.
Gleichzeitig öffnet die Argumentationslinie die Tür für den Export der deutschen Polizeiarbeit. Als »rechtsstaatlich« propagiert, beteiligt sich die Bundespolizei mittlerweile global an Ausstattungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Sicherheitssektor. Der Repressionsapparat der deutschen Polizei wirkt im In- und Ausland. Kernaufgabe weltweit: Kapitalismus verteidigen und jegliches Aufbegehren niederschlagen.
Respekt gebührt aber dem Widerstand, nicht den Uniformierten, die Befehle auf Kosten der unteren Klassen ausführen. Linke Solidarität gehört den sozialen Bewegungen, ob im Irak, im Libanon, oder in Chile, denen, die sich dem Machtapparat widersetzen.
_______________________________
In den USA protestieren Tausende gegen rassistische Polizeigewalt. Und wie steht die Linke in Deutschland zur Polizei? Die marx21-Leserinnen- und Leserdebatte zur Frage: »Die Linke und die Polizei – Freund oder Feind?«
Die Bewegung unter dem Slogan »Black Lives Matter« genießt große Sympathie unter Linken. Doch während in den USA bereits über eine Abschaffung der Polizei diskutiert wird, stellte sich Linksfraktionschef Dietmar Bartsch im Juni hinter sie. Sind Rassismus und Gewalt nur Kennzeichen US-amerikanischer Polizisten? Oder gibt es ein grundsätzliches Problem mit der Institution? Brauchen die Beamtinnen und Beamten mehr Unterstützung? Oder sollte die Linke alternative Konzepte von Sicherheit vorschlagen? Diese und andere Fragen wollen wir in den nächsten Wochen auf marx21.de mit Euch diskutieren
- Lachlan Jackson: »Die Polizei bietet keine Sicherheit«
- Karim: »Die Polizei kann kein Freund sein«
- Carola Binse: »Gewaltfreier Protest als Muss gegen Polizeigewalt«
- David Ulmen: »Geld für Hilfe statt für Polizei«
Was denkst Du über das Verhältnis der Linken zur Polizei?
Beteilige dich online an der Debatte via Facebook oder sende deinen Beitrag per E-Mail an redaktion@marx21.de. Oder schreibe uns per Post: marx21-Redaktion, Postfach 44 03 46 12003 Berlin. Bitte mit Absender. Wir freuen uns auf zahlreiche Zuschriften. Die interessantesten Beiträge veröffentlicht marx21 online sowie in der nächsten Ausgabe. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gekürzt zu veröffentlichen.
Schlagwörter: Debatte, Polizei, Polizeigewalt, Staat