Das Buch »Komplett Gänsehaut« der Satirikerin Sofie Passmann ist eine Reflexion über das Erwachsenwerden. Darüber, dass es keine Option ist, mit 27 zu sterben, und dass man trotz der ganzen Hippness und dem »Dinge nur ironisch machen« dann doch irgendwie spießiger und bürgerlicher wird, als man das nach dem Schulabschluss so dachte. Von Lisa Hofmann
Wer jetzt einen flott geschriebenen, lustigen Text erwartet, wird enttäuscht. Passmanns Reflexionen sind genaue nüchterne Beobachtungen der deutschen Bürgerlichkeit, die sie in nicht enden wollenden Bandwurmsätzen zu Papier gebracht hat. Das Buch hat starke Momente, etwa wenn die Autorin sagt, »wären wir mutiger, hätten wir zumindest lustige Handyhüllen und bei der letzten Wahl die LINKE gewählt«. Oder wenn sie beschreibt, dass es sich wie das Benutzen einer Zeitmaschine anfühlt, mit dem Studienabschluss in der Tasche nach Hause zu den Eltern in die Kleinstadt zu fahren. Alles wirkt dort, als wäre es Ende der Nullerjahre stecken geblieben.
Insgesamt ist der Text wenig innovativ und erzählt ein weiteres mal die Geschichte derer, die zum Studieren nach Berlin gegangen sind, um dem ganzen kleinbürgerlichen Mief der Dörfer und Kleinstädte den Rücken zu kehren und jetzt Ende zwanzig merken, dass Wohnungen am Stadtrand und feste Beziehungen nicht das Schlimmste sind, was einem passieren kann. Leider bleibt Passmann dann auch darin stecken, dass man Bürgerlichkeit und Spießertum nur bis zu einem gewissen Grad und nicht auf Dauer entfliehen kann.
3 von 5 Sternen
Sophie Passmann
Komplett Gänsehaut
Kiepenheuer & Witsch
192 Seiten
März 2021
19,00 Euro
Schlagwörter: Bücher, Buchrezension, Kultur