Die EU zeigt erschreckender denn je ihr wahres Gesicht. Die Festung Europa kann nur solidarisch von unten eingerissen werden. Ein Kommentar von Simo Dorn
Der belarussische Diktator Lukaschenko lässt geflüchtete Menschen an die polnische Grenze bringen. Sein Kalkül, dass diese Menschen von der herrschenden Klasse in Europa nicht gewollt sind, geht auf. In Polen, Litauen und Lettland wird das Militär an die Grenzen mobilisiert, um Zäune mit Nato-Draht zu errichten und geflüchtete Familien vor der Einreise in die EU abzuhalten. Gleichzeitig spricht man in der EU und von deutscher Seite über geflüchteten Menschen als »hybride Waffen« und »hybride Angriffsformen« von Seiten Lukaschenkos. Von europäischer und deutscher Seite wird die Schuld an der Lage der Menschen Lukaschenko zugeschrieben. Man werde sich den Erpressungsversuchen von belarussischer Seite nicht beugen. Es gelte nun, Stärke gegenüber solchen Methoden zu zeigen.
Was wir nun sehen, ist genau die europäische »Lösung«, die zum Thema Migration stets gefordert wird und die doch schon lange Praxis ist: Abschotten, Menschen sterben lassen und die Schuld daran autoritären Systemen zuschieben. Der Diskurs ist dabei stets der Diskurs der herrschenden Klasse und der des Globalen Nordens.
Die antirassistische Maske der Grünen fällt für die EU
In dieser Hinsicht zeigen Parteien wie die Grünen, die sich gerne mit Begriffen wie »Antirassismus« schmücken, ihre Funktion als liberale Fassade für die mörderische Festung Europa. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck vor Kurzem, dass eine »Info-Kampagne« in den Herkunftsländer der Geflüchteten gestartet werden sollte, um sie an der Flucht in über Belarus die EU abzuraten. Sie betonten ebenfalls, dass dem Druck Lukaschenkos nicht nachgegeben werden dürfte und, dass sich »Europa nicht erpressen lässt«. Im Klartext bedeutet das: Keine Geflüchteten an der Grenze aufnehmen.
Dass die Politik der Grünen selbst mit Fluchtursachen zutiefst verstrickt ist, vertuschen sie dabei. So zum Beispiel der von den Grünen befürwortete Nato-Krieg in Afghanistan oder die von Grünen zugestimmte Lieferung von U-Booten nach Israel.
Eine solche von der Grünenspitze geforderte »Aufklärungskampagne« für Menschen, die unter Krieg und Armut leiden, nicht zu versuchen diese Situation zu verlassen, ist perfide als auch rassistisch.
Nieder mit der Festung Europa
Stattdessen müssen alle Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze sofort aufgenommen werden. Die in der bürgerlichen Öffentlichkeit fast komplett vergessenen geflüchteten Menschen in Griechenland und im Balkan ebenso. Die Forderung nach sicheren Fluchtwegen darf nicht nur heuchlerisches Selbstlob sein, sondern muss praktisch umgesetzt werden. Besonders jenen muss sichere Fluchtwege zu Verfügung gestellt werden, die nach dem katastrophalen Nato-Krieg aus Afghanistan flüchten. Sanktionen und das Streichen von Hilfsgelder, wie der Westen sie derzeit fatalerweise gegenüber Afghanistan durchsetzt, muss entschieden entgegen gekämpft werden.
»Sichere Häfen« müssen Praxis werden!
Während die EU die Menschen im Mittelmeer einfach ertrinken ließ und nur dafür sorgen musste, dass sie die rettende Küste nie erreichen, so ist sie jetzt gezwungen genau jene Methoden der Menschenverachtung und des Rassismus, die ihr das Mittelmeer zynischerweise ersparte, für alle Welt sichtbar einzusetzen.
Seehofers Zusicherung an Polen zur Errichtung von Grenzmauern und -zäunen muss sofort eine zivilgesellschaftliche und solidarische Antwort klar entgegen gesetzt werden. Es gilt nun, dass die Städte, die sich vor Jahren noch stolz zu »sicheren Häfen« ernannt haben, Druck auf die Bundesregierung ausüben, damit diese Menschen sofort aufgenommen werden.
Jede Kommune, die zu ihrem Versprechen steht und die Aufnahme dieser Menschen von der Bundesregierung einfordert, ist ein Vorschlaghammer an einen Stein in der Festungsmauer Europas. Es müssen viele sein, dass sie fällt – aber fallen muss sie.
Foto: M. Spiske
Schlagwörter: Abschottung, Belarus, EU, Flucht, Migration, Mittelmeer, Polen, Rassismus