Warum der Kampf gegen Inflation, Aufrüstung und Sanktionen zusammengehört. Eine Analyse des marx21-Netzwerks
Dies ist eine Vorabveröffentlichung aus dem neuen marx21 Magazin »Desaster Kapitalismus«. Es erscheint Anfang November 2022. Kostenfreies Probeheft online bestellen. Den Text gibt es als marx21-Extra: Hier das Flugblatt zum Downloaden und Verteilen.
Die Inflation und Preissteigerung raubt immer mehr Menschen die Lebensgrundlage. Die Entlastungsvorhaben der Ampel-Koalition sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die vermeintliche Gaspreisbremse soll erst nach der Winterkälte kommen.
Menschen mit niedrigen Einkommen, Studierende und Rentner:innen werden viel zu wenig entlastet. Die Kampagne »Genug ist Genug!« fordert zu Recht ein sofortiges Wintergeld von 1000€, die Verlängerung des 9€-Tickets, einen wirklichen Gaspreisdeckel, höhere Löhne, die Vergesellschaftung der Energieversorgung und eine Umverteilung von oben nach unten. Es wird Zeit, dass sich Widerstand von links formiert. Die rassistische und nationalistische Wendung der Rechten bietet keine Antwort auf die Krise. Als Partei der Reichen bekämpft die AfD auch weiterhin die Besteuerung von millionenschweren Krisenprofiteuren und Mietpreisbremsen gegen Immobilienhaie.
Streiks und Tarifrunden
Streiks und Tarifrunden stehen in mehreren Sektoren an: etwa in der Metall- und Elektroindustrie und im öffentlichen Dienst. Die wichtigste Forderung ist der Inflationsausgleich durch Lohnerhöhungen mindestens in Höhe der aktuellen Jahresinflationsrate. Die Bundesregierung rechnet dabei für den gesamten Öffentlichen Dienst mit Kosten von unter 5 Milliarden Euro. Das ist nur ein Bruchteil von den 100-Milliarden-Sondervermögen, die die Ampel-Regierung in die Bundeswehr verpulvert hat.
Die Gewerkschaften sind gefragt, Druck auf die Ampel-Regierung zu organisieren und sich gegen einen Burgfrieden mit den Arbeitgebern zu stellen. Und auch DIE LINKE ist gefragt. Die Partei muss jetzt ihre gesamte Kraft aufwenden, um zu Protest auf der Straße beizutragen. Die Opposition zur Ampel-Regierung und ihrer Krisenpolitik kann zugleich nicht getrennt vom Ukraine-Krieg behandelt werden.
Charakter des Ukraine-Krieges
In der Linken gibt es keine Klarheit über den Charakter des Ukraine-Krieges. Viele erhoffen sich von den Sanktionen gegen Russland ein schnelles Ende des Krieges. Doch nach Monaten des Krieges und immer weiterer Eskalation ist klar: Die Sanktionspolitik führt nicht zu Frieden.
Die Annexion ukrainischen Staatsgebietes durch die russische Regierung, Atomschlag-Drohungen und die Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte sind weitere Stufen der Eskalation in diesem Zermürbungskrieg, bei dem ein Ende nicht abzusehen ist. Es sind die einfachen Menschen in der Ukraine, in Russland und im Rest der Welt, die den Preis für diesen grausamen Krieg bezahlen. Dieser Krieg ist auch ein Stellvertreterkrieg und ein Wirtschaftskrieg. Es geht Russland und dem Westen um geopolitischen Einfluss und wirtschaftliche Interessen. Ja, es ist ein Wirtschaftkrieg. Robert Habeck hat bereits in diesem Frühjahr selbst gesagt: »Deutschland ist Wirtschaftskriegspartei.« Und wenn Annalena Baerbock mit Bezug auf die Sanktionen davon spricht, Russland »ruinieren« zu wollen, dann ist das nicht misszuverstehen. Die Sanktionen gegen Russland schaden jedoch in erster Linie der Bevölkerung und zögern ein Kriegsende hinaus. Während sie die russische Bevölkerung in die Arme Putins treiben, verschärfen Sanktionen Hungerkrisen in ärmeren Ländern und haben in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu einer Energiekrise beigetragen. Die Weltwirtschaft steuert auf eine durch den Krieg beschleunigte Rezession zu.
Die Eskalationsspirale des Krieges
Die ökologischen Folgen des Wirtschaftskrieges werden dramatisch ausfallen. Die Grünen haben sich durch ihren Militarismus und ihre Kohle-Deals mit RWE gegen die Klimabewegung positioniert und sich als vermeintliche »Umweltpartei« entzaubert. Putins Teilmobilisierung hat Russlands Antikriegsbewegung trotz der Sanktionen wiederbelebt. Hunderttausende protestieren oder versuchen vor dem Einzug zu fliehen. Aber statt sie – auch zur Schwächung von Putins Kriegsmaschinerie – in die EU fliehen zu lassen und ihnen hier Schutz zu gewähren, verschließt die Festung Europa ihnen die Türe. Wäre der EU der Frieden in der Ukraine ein ernstes Anliegen, müsste die Antwort auf den Krieg offene Grenzen für Flüchtende, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht und Religion, sowie einen Schuldenschnitt für die Ukraine beinhalten. Stattdessen werden Waffen und Panzer in die Ukraine gepumpt. Seit April koordiniert eine Kontaktgruppe zwischen Nato- und EU-Mitgliedsstaaten mit der Ukraine Waffenlieferungen und militärische Trainings. Bewusst wird auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung ein Zermürbungskrieg aufrechterhalten. Die Eskalationsspirale nehmen die Nato-Staaten in Kauf, weil sie der russischen Konkurrenzwirtschaft möglichst lang anhaltend schaden wollen.
Für eine neue Linke
Das 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr ist inmitten alledem blanker Hohn. Schon lange vor dem Ukraine-Krieg lagen solche Pläne in der Schublade deutscher Regierungen bereit. Mit Frieden hat die gigantische Aufrüstung in Wahrheit nichts zu tun. Ziel ist es, die Bundeswehr für neue Kriege hochzurüsten. Die militärische Zuspitzung der Konflikte zwischen Großmächten schafft die Drohkulisse eines Dritten Weltkrieges. Hoffnung auf Frieden erwecken nicht die Regierungen der Weltmächte, sondern belarussische Eisenbahner, die Kriegstransporte gegen die Ukraine sabotieren, russische Deserteure und der Ausblick auf eine internationale Bewegung für den Frieden und soziale Gerechtigkeit. Es gilt für eine Linke zu kämpfen, die für diese Perspektiven eintritt.