Lucas Zeise, Ende der Party: Die Explosion im Finanzsektor und die Krise der Weltwirtschaft, Papyrossa, Köln 2008, 196 Seiten, 14,90 Euro
Joachim Bischoff, Globale Finanzkrise. Über Vermögensblasen, Realökonomie und die „neue Fesselung“ des Kapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2008, 94 Seiten, 9,80 Euro
Von Thomas Walter
Der 9. August 2007 kann inzwischen als offizieller Beginn der so genannten Finanzkrise gelten. An jenem Tag sprangen die Zinssätze, die sich Finanzinstitute gegenseitig für Kredite fordern, in ungeahnte Höhen. Banken misstrauten Banken. Inzwischen besteht unter Fachleuten Einigkeit, dass wir derzeit die größte Wirtschaftskrise seit 1929 erleben. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Mittlerweile sind die ersten Bücher zu Ablauf und Hintergründen der Krise erschienen. Eines veröffentlichte der linke Wirtschaftsjournalist Lucas Zeise, das andere der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff, Mitherausgeber der Zeitschrift Sozialismus und Abgeordneter der LINKEN in der Hamburger Bürgerschaft.
Zeise, der auch regelmäßig für die Financial Times Deutschland schreibt, stellt in seinem Buch den Ablauf der Krise leicht verständlich dar und erklärt übersichtlich die wichtigsten Einzelheiten. Wer rasch in die Krisengeschichte einsteigen möchte, ist hier gut bedient.
Bischoffs Werk bringt weitere Fakten und stellt die Ereignisse in den Rahmen marxistischer Theorie. Er setzt jedoch schon einige wirtschaftliche Grundkenntnisse voraus.
Beide Autoren sind der Ansicht, dass eine tiefer liegende Ursache der Krise das unverhältnismäßige Aufblähen des Finanzsektors (Banken, Versicherungen, neuerdings Hedgefonds) im Vergleich zur Realwirtschaft (Industrie) sei. Diese Finanzblase gehe zudem damit einher, dass schon seit längerem die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden.
Zeise schildert, dass die Zentralbanken in Krisenzeiten immer die Zinsen gesenkt haben, um die Konjunktur zu stützen. Sie taten sich aber schwer damit, im Aufschwung die Zinsen wieder anzuheben. Im Ergebnis baute sich eine immer größere private Verschuldung auf. Dies passierte auch im keynesianischen Zeitalter (nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 70er Jahre). Damals verschuldete sich der Staat in der Krise. Es gelang ihm aber nicht, im Aufschwung die Verschuldung wieder abzubauen. Im Gegenteil: Sie wurde immer größer. Diese Beobachtungen deuten an, dass hinter der Finanzkrise tiefere, langfristige Probleme der Realwirtschaft selbst stehen.
Beide Autoren unterbreiten Vorschläge, was zu tun sei. Sie knüpfen an Ideen des globalisierungskritischen Netzwerks Attac und der Partei DIE LINKE an. Nach dem Verursacherprinzip sollen die Reichen Steuern zahlen und damit einen Reservefonds finanzieren. So lassen sich vielleicht bei der nächsten Krise Belastungen der Bevölkerung abmildern. Da die staatlichen Zentralbanken inzwischen stark in die Märkte eingreifen, müssen sie, so die Autoren, unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Kontrollen des Kapitalverkehrs sind notwendig, damit das Finanzkapital nicht über die Grenzen ausweichen kann.
Dies ist das bemerkenswerte an den beiden Büchern: Sie erklären nicht nur die Krise, sondern geben auch praktische Anstöße für linke Politik.
Zum Autor:
Thomas Walter ist Wirtschaftswissenschaftler mit dem Schwerpunkt Konjunkturprognose.
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