Nicole Colson beschreibt die repressiven Maßnahmen, für die sich die Behörden in Kopenhagen gerüstet haben, und warum Protest gegen Regierungen und Konzerne so wichtig für die Klimaschutz-Bewegung ist.
Die Staatschefs, die sich dieser Tage in Kopenhagen treffen, haben bereits klar gemacht, was sie nicht wollen, nämlich die Stimmen der einfachen Menschen hören, die gegen ihre kriminelle Untätigkeit im Angesicht der globalen Erwärmung protestieren.
Drohung gegen Klimaaktivisten
Also wird Kopenhagen in eine Festung verwandelt, und die Behörden warnen, dass die Protestierenden mit harten und schnellen Strafen rechnen müssen.
Die »New York Times berichtete von einer Reihe von Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Demonstranten schnell ergriffen und vor Gericht gestellt werden können. Dazu gehören neue Gesetze, die im Schnellverfahren durchs Parlament gebracht wurden und das Strafmaß für »Vergehen« im Zusammenhang mit Demonstrationen erhöhen. Die Regierung hat außerdem neue Polizeiausrüstungen zur »Aufstandsbekämpfung« beschafft.
Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden haben der Presse drei Dutzend käfigartige Zellen präsentiert, die in einer verlassenen Bierbrauerei errichtet wurden. Diese werden als Durchgangslager für bis zu 350 Demonstranten dienen. Bis zu tausend Menschen können in der neuen Einrichtung im Laufe von 24 Stunden registriert und in andere Gefängnisse transportiert werden.
Diese Vorhaben gehören in den Worten von Per Larsen, dem Chefverantwortlichen der Kopenhagener Polizei für die Proteste, zum »größten Polizeieinsatz, den wir in der dänischen Geschichte je hatten.«
Trotz dieser Drohungen bestehen viele Aktive und Organisationen darauf, sich nicht zum Schweigen bringen zu lassen. Am 7. Dezember erklärte die kanadische Globalisierungskritikerin und Autorin Naomi Klein vor tausend Menschen auf dem Klimaforum09, dem alternativen Klimagipfel von unten, dass der Protest und der zivile Ungehorsam in Kopenhagen Teil des Neuaufbaus der globalen Bewegung für Gerechtigkeit werden könne. Diese Bewegung habe »vor so vielen Jahren in Seattle mit ihrem Kampf gegen die Privatisierung des Lebens selbst« weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Im Dezember 1999 protestierten 50.000 Menschen gegen das Gipfeltreffen der Welthandelsorganisation WTO.
Kopenhagen sei eine Gelegenheit, »die Diskussion weiterzuführen, die durch den 11. September so rüde unterbrochen wurde«, sagte Klein.
Klimapolitik für Konzerne
Ein paar Ecken weiter im Kongresszentrum des UN-Klimagipfels stehen Vorschläge zur Verhandlung an, die nicht einmal in die Nähe dessen kommen, was eigentlich notwendig wäre. Wir kennen die mickrigen Reduzierungen an Treibhausgasausstößen, die US-Präsident Obama anbietet.
Nicht nur die Klimapolitik, auch das Logo des UN-Gipfels sei Konzerninteressen überantwortet worden, bemerkte Klein: »Der Globus trägt unten ein Siemens-Logo, und die ganze Veranstaltung wird von Coca Cola gesponsort. Das ist die Kapitalisierung der Hoffnung, aber beim Klimaforum09 liegt die wahre Hoffnung.« Klein wies damit darauf hin, dass Konzerne, darunter bekannte Klimasünder, als Sponsoren der UN-Konferenz auftreten bzw. sich in deren Umfeld präsentieren dürfen.
Andere Aktive stimmten dem zu. »Auf dem Klimaforum09 finden wir Menschen, die über echte Maßnahmen sprechen«, sagte Nnimmo Bassey, Vorsitzender von »Friends of the Earth«, einem internationalen Zusammenschluss von Umweltorganisationen. »Die Klimaverschmutzer müssen zur Verantwortung gezogen werden, und die politischen Entscheidungsträger müssen anfangen, den Menschen zuzuhören.«
Entwicklungsländer sollen über den Tisch gezogen werden
Klein fuhr fort: »Wir müssen hier die Lügendetektoren spielen. Wir sollten uns nicht darauf beschränken, höflich zu demonstrieren und auf Podiumsdiskussionen alte Formeln zu wiederholen. Wenn Seattle die Eröffnungsfeier war, sollte Kopenhagen ein reifes Jubiläumsfest werden (…) Wir müssen eine weltweite Massenbewegung aufbauen, die der politischen Führung nicht durchgehen lässt, womit diese durchkommen will.«
Der Textentwurf eines Abkommens, das als »Dänischer Text« kursiert, zeigt, wie stark der Widerstand der Hauptluftverschmutzer gegen wirkliche Veränderung ist. Im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll, das wenigstens auf dem Papier die Hauptlast der Verantwortung für CO2-Reduzierungen den Staaten zuschreibt, die das Klima am stärksten belasten, übergibt der dänische Entwurf »die effektive Kontrolle über die Finanzierung des Klimawandels der Weltbank. Er gibt das Kyoto-Protokoll auf und damit den einzigen rechtlich bindenden Vertrag, den die Welt zum Thema Ausstoßreduzierungen hat. Und er macht alle Finanzhilfen an arme Länder, die sich dem Klimawandel anpassen müssen, davon abhängig, dass sie eine Reihe bestimmter Maßnahmen ergreifen«, berichtete die britische Tageszeitung Guardian.
Die Zeitung berichtete weiter, dass dem Entwurf zufolge Entwicklungsländer dazu gedrängt werden sollen, bestimmten Ausstoßreduzierungen und anderen Maßnahmen zuzustimmen, die nicht in der ursprünglichen UN-Vereinbarung enthalten waren. Entwicklungsländer müssten sich demnach verpflichten, ihren Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 bis zum Jahr 2050 auf 1,44 Tonnen zurückzufahren, während den reichen Ländern 2,67 Tonnen pro Kopf erlaubt wären.
Das ist ein Schlag ins Gesicht der ganzen Welt und zeigt deutlich, warum wir uns nicht auf Konzerne und Regierungen verlassen können, wenn es darum geht, den Planeten zu retten.
Zum Text:
Dieser Text ist eine gekürzte und leicht bearbeitete Fassung, die zuerst am 9. Dezember im US-Online-Magazin socialistworker.org erschienen ist.
Mehr im Internet:
- ClimateVoice: Multimedia-Live-Berichte aus Kopenhagen (engl.)
- Internationale Klima-Mahnwachen am Samstag, 12. Dezember (Karte)