Am Wochenende treffen sich die sieben größten Industriestaaten (G7) im bayerischen Elmau. Doch der Widerstand gegen die Politik der G7 wächst. Tausende werden zu den Protestaktionen in den nächsten Tagen erwartet.
Zu einer Großdemonstration gegen die Politik der Gruppe der sieben größten Industriestaaten (G7) ruft ein breites Bündnis von Nichtregierungsorganisationen auf. Nach den Erwartungen des Bündnisses werden an Fronleichnam, den 4. Juni viele tausend Menschen in München bunt, vielfältig und friedlich auf die Straße gehen. Die Demonstration wird um 14.00 Uhr am Stachus beginnen und um 17.00 Uhr mit einer Abschlusskundgebung auf dem Odeonsplatz enden.
TTIP stoppen – Klima retten – Armut bekämpfen
Uwe Hiksch, Vorstandsmitglied der Naturfreunde Deutschlands, freut sich auf die Demonstration: »Wir erwarten viele Tausende Demonstrierende zu einem Fest der Demokratie für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung: eine kraftvolle, lebendige, friedliche Demonstration für jung und alt. Da ist ganz viel Platz für Kind und Kegel, Buchhändler und Beamtinnen, Geiger und Geeks, aber keiner für Scharmützel mit der Polizei.« Bei einer Pressekonferenz am Dienstag erläuterten Sprecher des Bündnisses ihre Ziele im Dreiklang »TTIP stoppen – Klima retten – Armut bekämpfen«. Für Christoph Bautz, Vorstand der Bürgerbewegung Campact, markiert die Demonstration eine neue Etappe in der Auseinandersetzung um die Handels- und Investitionsabkommen mit den USA und Kanada: »Mit dem G7-Gipfel zeigen wir den versammelten Regierungschefs: TTIP und CETA sind ein Angriff auf unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat – und treffen auf den breiten Widerstand der Menschen. Bisher manifestierte sich der Protest gegen TTIP und CETA vor allem im Netz und brachte die Handelsabkommen ins Wanken. Jetzt tragen wir ihn raus auf die Straße – damit TTIP und CETA kippen.«
Politik für Menschen nicht für Konzerne
Gertraud Gafus, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, fordert die G7 auf, ihre Ernährungs- und Agrarpolitik zu stoppen: »Es kann nicht angehen, dass unter dem Deckmantel der Hungerbekämpfung afrikanische Regierungen dazu gezwungen werden gegen ihre eigenen Bauern vorzugehen. Statt internationalen Konzernen Land zur Verfügung zu stellen und den freien Saatguttausch zu verbieten, müssen die Bäuerinnen und Bauern gestärkt werden! Sie erzeugen nämlich den Großteil der weltweiten Nahrung. Auch hierzulande wird Politik nicht für die Menschen sondern für Konzerninteressen gemacht – deshalb kommen wir mit Traktoren nach München!«
Und was ist mit dem Klimaschutz?
Für Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern, muss der G7-Gipfel ein Meilenstein für den Klimaschutz werden: »Die deutsche G7-Präsidentschaft muss stringente Energiesparkonzepte und das Ziel 100% Erneuerbare Energien bis 2050 auf dem Gipfel verankern. Denn wir Industriestaaten stehen in der Verantwortung, voranzugehen und konsequent von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare Energien umzusteigen. In Deutschland müssen wir sofort aus der lebensbedrohenden Atomenergie und bis 2030 aus der klimaschädlichen Verbrennung von Braunkohle aussteigen. Dies wäre ein wichtiger Eckpunkt für den erfolgreichen Abschluss eines globalen Klimaabkommens in Paris im Dezember diesen Jahres.«
Jörg Nowak von Oxfam Deutschland fordert mehr Engagement im Kampf gegen Armut und Ungleichheit: »Ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt 50 Prozent des Vermögens, ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in Armut. Durch Steuerflucht und geringe Besteuerung von Unternehmen und reichen Individuen gehen armen Ländern jährlich hunderte Milliarden Dollar an Einnahmen verloren. Wir fordern, dass das reichste Prozent und multinationale Unternehmen so besteuert werden, dass genug Geld für öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme zur Verfügung steht.«
Weitere Proteste gegen den G7 Gipfel geplant
Nach der Großdemonstration am Donnerstag finden noch viele weitere Protestaktionen gegen das Spitzentreffen statt. Am Mittwoch beginnt in München ein zweitägiger Alternativgipfel, zu dem Entwicklungs- und Umweltorganisationen eingeladen haben. Über Protestaktionen rund um den G7-Gipfel 2015 auf Schloss Elmau informiert das Aktionsbündnis »Stop G7 Elmau 2015«. Vom 4. bis 7. Juni sind mehrere Dauerkundgebungen geplant: Am Bahnhofsplatz Garmisch-Partenkirchen, am Bahnhofsplatz Klais, am Bahnhofsplatz Mittenwald und am Parkplatz Kranzberg. Am Samstag, 6. Juni, (dem Tag vor Beginn des G7-Gipfels 2015) ist eine Großdemonstration in Garmisch-Partenkirchen im Ortsteil Garmisch geplant. Am Sonntag, 7. Juni (zum Beginn des G7-Gipfels 2015 auf Schloss Elmau) ist ein Sternmarsch nach Elmau geplant. Die Teilnehmer setzen sich aus den Orten Garmisch-Partenkirchen, Klais und Mittenwald in Bewegung. Für Montag, 8. Juni (dem Tag nach dem Ende des G7-Gipfels 2015) ist eine Abschlusskundgebung auf dem Bahnhofsplatz Garmisch-Partenkirchen geplant.
Im Aufruf des Aktionsbündnis »Stop G7 Elmau 2015« heißt es: »Die Repräsentant/innen der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt erheben den Anspruch, über die Geschicke der gesamten Welt zu entscheiden, ohne eine Legitimation dafür zu haben. Die Politik der G7-Staaten bedeutet neoliberale Wirtschaftspolitik, Krieg und Militarisierung, Ausbeutung, Armut und Hunger, Umweltzerstörung und Abschottung gegenüber Flüchtenden.«
Das sind die Forderungen des Bündnisses im Wortlaut:
- Weg mit den Freihandelsabkommen TTIP, TISA und CETA – die Welt ist keine Ware
- Gegen Militarisierung und Krieg – Schluss mit den Kriegen der NATO-Staaten Grenzen auf für alle Menschen
- Solidarität mit den Migrant/innen und Flüchtenden
- Stoppt die Ausbeutung von Mensch und Natur – Entzieht die natürlichen Lebensgrundlagen der Profitwirtschaft
- Gegen den sozialen Kahlschlag – Die Konzerne sollen ihre Krise selbst bezahlen
- Stop watching us – Gegen Überwachungsstaat und den Abbau demokratischer Rechte
Video zu Protest am 4. Juni in München
LINKE unterstützt und mobilisiert zu den G7 Protesten
Auch die LINKE unterstützt die Proteste gegen den G7-Gipfel. Die Partei sieht die G7 selbst als Teil des Problems und nicht die Lösung für die Krisen auf der Welt: »Obwohl die G7 ihren Gipfel auch dieses Mal wieder entwicklungspolitisch bemänteln, so sind doch alle G7-Staaten an den großen Freihandelsprojekten beteiligt, die derzeit vorbereitet werden. TTIP, CETA und TISA werden zugunsten der Konzerne und gegen die Interessen der Lohnabhängigen, der Verbraucher, gegen Umweltschutz und Demokratie vorangetrieben – und zum Schaden der Länder des Südens. DIE LINKE beteiligt sich mit eigenem Auftritt, Infostand und Lautsprecherwagen an der Demonstration. Wir wollen als LINKE ein starkes Zeichen gegen TTIP setzten.«
Nicole Gohlke, MdB der LINKEN aus Bayern, kritisiert: »Letztlich ist es die Politik der G7, die für die Armut mitverantwortlich ist: Sie haben die verschuldeten Entwicklungsländer gezwungen ihre Schutzzölle abzubauen. Sie haben den regionalen Kleinbauern jegliche wirtschaftliche Grundlage für die Profitinteressen der eigenen Konzerne entrissen. Mit subventionierten Produkten drücken sie die regionalen Volkswirtschaften an die Wand. Im Jahr 2000 hatte sich die internationale Staatengemeinschaft vorgenommen, die Zahl der Hungernden von damals 840 Millionen bis 2015 auf 420 Millionen zu halbieren. Doch heute hungern akut noch immer 800 Millionen Menschen. Zwei Milliarden Menschen gelten als mangelernährt. Dabei könnte die Weltlandwirtschaft 12 Milliarden Menschen ernähren. UN-Sonderbotschafter Jean Ziegler hat deswegen völlig Recht, wenn er sagt, dass »jedes Kind, das auf der Welt an Hunger stirbt, ermordet wird«. DIE LINKE kämpft dafür, dass sich das ändert! Nachhaltige Entwicklungspolitik muss bedeuten, dass die lokalen Produzentinnen und Produzenten vor Preisdumping und Verdrängungswettbewerb geschützt werden – und nicht die Interessen der europäischen und amerikanischen Großkonzerne.«
Schlagwörter: G7-Gipfel, Klima, Klimaschutz, TTIP