Strafen gegen die Sportler werden Doping nicht verhindern. Denn ihre Sponsoren verlangen Leistungen, die ohne Doping nicht zu erbringen sind. Nur wenn Konzerne für jeden ihrer positiv getesteten Fahrer einen nennenswerten Teil ihres Profits als Strafe zahlen müssen, werden sie die Ärzte beauftragen, illegale Leistungssteigerung zu verhindern, statt zu verbreiten.
Von Hans Krause
Michael Rasmussen gewinnt wahrscheinlich gerade die Tour de France. Doch an der Weltmeisterschaft im September darf er nicht teilnehmen, weil der dänische Verband ihn gesperrt hat. Rasmussen hatte dem Verband auf Anfrage drei Mal verschwiegen, wo er trainiert, damit er nicht auf Doping getestet werden kann.
Nahezu alle Konzerne, die ein Rad-Team besitzen, haben in den letzten Monaten „Doping“ verurteilt. Einige haben wahlweise ihre Fahrer, Trainer oder Ärzte beschuldigt und entlassen. Milram, das Quark-Team von Nordmilch, hat mit Alessandro Petacchi einen der besten Fahrer vom wichtigsten Rennen „Tour de France“ ausgeschlossen, obwohl Petacchis „Schuld“ nicht bewiesen ist und er versichert, nicht gedopt zu haben.
Doch wahrscheinlich lügt Petacchi. Denn ohne Doping kann man in der UCI ProTour, der 1. Liga des weltweiten Radsports, nicht mithalten. Der Fahrer Jörg Jaksche schilderte es Anfang Juli so: „Nur wer dopt, gewinnt. Nur wer gewinnt, ist in den Medien. Nur wer in den Medien ist, macht seine Sponsoren glücklich. Nur glückliche Sponsoren geben Geld.“
Deshalb ist für die Teams ein für die Wertung bedeutungsloser „Etappensieg“ bei der Tour de France wichtiger, als ein Erfolg bei den meisten Ein-Tages-Rennen. Denn nur die Tour de France kommt weltweit jeden Abend in den Fernsehnachrichten: mit der Werbung auf dem Trikot des „Etappensiegers“ vorne weg.
Radfahrer sind von Sponsoren und damit von Erfolg noch abhängiger als die meisten anderen Sportler. Denn Radfahrer sind nicht bei einem Sportverein, sondern direkt bei einem Konzern angestellt. Die erfolgreichsten Teams sind der IT-Dienstleister CSC und Liquigas, eine Marke des weltweit größten Flüssiggas-Konzerns SHV.
Das erste Mal dopen musste Jaksche als 20-jähriger 1997. Damals fuhr er für den Haushaltsgeräte-Konzern Polti für umgerechnet 20.000 Euro pro Jahr.
„Ein Betreuer spritzte mir abends auf meinem Zimmer Epo. Ich wusste, dass Epo das Blut verdickt. Im Bett dachte ich: Hoffentlich bleibt heute Nacht mein Herz nicht stehen“, so der Fahrer. Epo ist ein Hormon, dass zum Wachstum roter Blutkörperchen führt und dadurch die Leistungsfähigkeit steigert.
Als Jaksche die Tour de France 1999 für die Deutsche Telekom ohne Doping fuhr, wurde er achtzigster. Im nächsten Jahr wurde er vom „Team Telekom“ für die Rundfahrt gar nicht nominiert und Ende 2000 entlassen.
Deshalb ist es unsinnig, dass der Radsportverband die Teilnehmer der Tour de France Anfang Juli zwang, eine „Ehrenerklärung“ zu unterschreiben. Darin müssen die Fahrer zwei Jahre Berufsverbot und ein Jahresgehalt Strafe akzeptieren, wenn ihr Dopingtest positiv ist.
Fahrer, die von den Teams nur angestellt werden, wenn sie dopen, können nicht aufhören, egal wie hoch die Strafe ist. „Solange Kommerz den Sport bestimmt, wird es Doping geben“, kritisierte die sportpolitische Sprecherin der LINKE-Fraktion Katrin Kunert zu Recht im Parlament.
Doch in derselben Rede forderte Kunert auch umfangreichere und „bessere“ Kontrollen der Nationalen Anti-Doping-Agentur. „Wenn sie effizient arbeiten soll, müssen die Mittel erheblich erhöht werden“, so die Abgeordnete.
Doch Radfahrer sind Betrüger, weil ihre Arbeitgeber sie zwingen, zu betrügen. Solange nur die Sportler bestraft werden und niemals die Konzerne, sind Kontrollen sinnlos.
Erst wenn den Teams vorgeschrieben wird, dafür zu sorgen, dass ihre Angestellten „sauber“ fahren, kann Doping zurückgedrängt werden. Nur Konzerne, die für jeden ihrer gedopten Fahrer einen nennenswerten Teil ihres Profits als Strafe zahlen müssen, werden ihre Ärzte tatsächlich beauftragen, Doping zu verhindern, statt zu verbreiten.