Bankenkrise, Finanzkrise, Eurokrise – die Weltwirtschaft kommt nicht zur Ruhe. Christian Schröppel und Thomas Walter beantworten für die marx21-Leser die wichtigsten Fragen
Griechenland will mit einem Sparpaket den Staatsbankrott abwenden. Aber können Staaten überhaupt pleite gehen?
Unternehmen gehen bankrott, wenn sie ihre Kosten nicht mehr durch Einnahmen auf dem Markt decken können. Auch der Staat hat Ausgaben, seine Einnahmen sind Steuern und Abgaben. Diese kann er erhöhen, wenn es an Geld fehlt. So betrachtet, kann der Staat nur schwer pleite gehen. Notfalls könnten Staaten, die sich in ihrer eigenen Währung verschuldet haben, mit ihren Zentralbanken einfach Geld drucken, um Schulden zu begleichen. Mehr Geld kann aber mehr Inflation bedeuten. Die Betrogenen sind die Gläubiger, die ihre Schulden mit wertlosem Geld erstattet bekommen. Sie werden neue Kredite nur zu höheren Zinsen mit Inflationsaufschlag geben. So können selbst große Staaten, wie die USA, die ihr eigenes Geld drucken können, in Schwierigkeiten geraten.
Staaten, die gar nicht in eigener Währung, sondern in einer großen internationalen Währung wie US-Dollar oder Euro verschuldet sind, müssen besonders aufpassen. Zwar sind solche Fremdwährungskredite oft billiger, weil die Zinsen auf solche Währungen häufig niedriger sind. Doch müssen die Staaten dann auch in dieser fremden Währung ihre Schulden begleichen. Diese fremde Währung muss die eigene Exportwirtschaft verdienen. Klappt das nicht, etwa wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit oder wegen einer Weltwirtschaftskrise, dann fehlen diese Einnahmen in fremder Währung. Der Staat sitzt auf seinen Fremdwährungsschulden, kann sie nicht zurückzahlen und geht pleite.
Meist kommt es zu einem Kompromiss mit den Gläubigern, die auf einen Teil der Forderungen verzichten müssen. Beispiele von Staatsbankrotten oder Beinahebankrotten sind New York City 1975, Russland 1998 und Argentinien 2002. Offensichtlich kann das Wirtschaftsleben auch nach einem Bankrott weitergehen.
Welche Folgen haben Staatspleiten?
Ökonomen meinen, die Handlungsfähigkeit eines Staates sei nach einem Bankrott auf lange Sicht eingeschränkt, weil er erst wieder Vertrauen schaffen muss, bis er neue Kredite bekommt. Wird der Staatsbankrott jedoch auf höhere Gewalt zurückgeführt, und die jetzige Weltwirtschaftskrise spricht dafür, dann erweisen sich solche Sorgen als unbegründet. Schließlich müssen unsichere Staaten auch Zinsen mit Risikoaufschlag zahlen, sodass die erwarteten möglichen Verluste von den Gläubigern schon in dem Preis berücksichtigt sind, zu denen sie die Anleihen gekauft haben. Eine Folge einer Staatspleite kann sein, dass ausländisches Kapital stärker an Einfluss gewinnt.
Gingen große Staaten wie die USA, die BRD oder die EU pleite, würde das wohl weniger nur diese Staaten als vielmehr den Weltkapitalismus insgesamt treffen. Dagegen kämpfen zurzeit die großen Notenbanken der Welt.
Wie kann sich die Linke zur Staatsverschuldung stellen?
In den bürgerlichen Medien wird häufig Staatsverschuldung als etwas ganz Bedrohliches dargestellt. Es wird behauptet, dass Staatsschulden zukünftig von unseren Kindern und Kindeskindern zurückgezahlt werden müssen; dass Staaten ihre Schulden womöglich mit Geld zurückzahlen, welches die Zentralbanken zu diesem Zweck drucken , und dass so eine Inflation entsteht, die uns alle belastet. Um diese angeblichen Gefahren zu vermeiden, wird von den Medien gefordert, dass der Staat »spart«. Gemeint sind damit Sozialausgaben.
Dort soll der Rotstift ansetzen. Linke wehren sich zu Recht dagegen, dass beim Sozialstaat gekürzt wird. Zuweilen wird dabei auch die Auffassung vertreten, dass von einer hohen Staatsverschuldung überhaupt keine Gefahren ausgingen. Tatsächlich verdienen Kapitalisten an den Staatsschulden, weil sie vom Staat Zinsen erhalten. Deshalb sollten auch Linke nicht einfach für Verschuldung sein, in der Hoffnung, dass so Kürzungen beim Sozialstaat vermieden werden können. Schulden sind oft gar nicht dadurch entstanden, dass zuviel für Soziales ausgegeben wurde, sondern dadurch, dass den Kapitalisten immer mehr Steuergeschenke gemacht wurden. Sollen Außenstände abgebaut werden, müssen Einkommen und Vermögen der Reichen besteuert werden. Verschuldung und Krise hat nicht der Sozialstaat verursacht, also muss auch nicht bei sozialen Leistungen gekürzt werden.
Warum haben Staaten Schulden?
Ein Kapitalist investiert sein eigenes Kapital, das so genannte Eigenkapital, um Profit zu machen. Noch mehr Profit kann er machen, wenn er von der Bank weiteres Geld, also Fremdkapital, leiht, vorausgesetzt, die Zinsen darauf sind nicht zu hoch. Ein Kapitalist, der auf diese Weise mehr Kapital kommandiert, hat einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Kapitalisten. Für Staaten gilt grundsätzlich dasGselbe. Mit Kredit finanzieren sie Infrastruktur, Bildung und Ähnliches. Schnellere Straßen oder auch in staatlichen Universitäten besser ausgebildete Hochschulabsolventen senken Kosten für Unternehmen, die dann mehr Umsatz und Profite machen können. Dann können auch mehr Steuern erzielt werden. In Krisen brechen Steuern und andere Staatseinnahmen weg. Würde der Staat jetzt seine Ausgaben den rückläufigen Einnahmen anpassen, würde dies die Krise noch verstärken. So geschah es in der Weltwirtschaftskrise 1929. Hält der Staat aber seine Ausgaben aufrecht, indem er sie über Schulden finanziert, dann stabilisiert das die Wirtschaft. Im Aufschwung, so hoffen die Ökonomen, steigen dann wieder Steuer- und andere Staatseinnahmen, sodass der Staat seine Schulden zurückzahlen kann.
Wie Marx aber feststellte, neigt der Kapitalismus systematisch zu Krisen. Die Aufschwünge haben nicht ausgereicht, um die Schulden zurückzuzahlen, welche weiter gestiegen sind. Deshalb spart der Staat seit den 1980er Jahren zunehmend im Bereich Soziales. Ein Grund, weshalb das kaum gelang, besteht darin, dass eine Verringerung staatlicher Ausgaben die Nachfrage senkt, wirtschaftliche Entwicklung bremst und damit die Staatseinnahmen drückt. Schuldenabbau wird so zu einer erfolglosen Anstrengung. Es entspricht zwar der bürgerlichen Ideologie, zu hoffen, dass die private Wirtschaft den Rückzug des Staates mit eigener Aktivität ausgleicht. Realistisch ist diese Erwartung allerdings nicht.
Von wem leihen sich Staaten Geld?
Staaten leihen sich Geld oft von den Banken, diese leihen Geld wiederum von Privatpersonen. Staatsschulden sind so das Geldvermögen der Privaten. Dieses ist sehr ungleich verteilt. Laut Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung besaßen im Jahr 2002 die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung 56 Prozent aller Geldvermögen. Zahlt der Staat also seine Schulden nicht oder nur zum Teil zurück, trifft es vor allem diese Reichen.
Warum sinkt der Euro-Kurs?
Der Kurs einer Währung, etwa des Euro in US-Dollar, bestimmt sich nach Angebot und Nachfrage. Wer fragt Euro nach? Zunächst diejenigen, die Waren aus dem Euro-Raum kaufen wollen. Verlieren europäische Anbieter an Wettbewerbsfähigkeit, weil sie zu teuer oder in zu schlechter Qualität produzieren, sinkt die Nachfrage nach europäischen Produkten und damit nach Euro. Der Euro wird billiger, sein Kurs sinkt. Solche Kräfte wirken aber nicht von heute auf morgen, sondern eher langfristig.
Im Zeitalter internationaler Finanzmärkte ist die Nachfrage nach Euro wichtiger. Kapitalanleger orientieren sich daran, welche Rendite eine Geldanlage in Euro abwirft, seien es Profite von im Euroraum tätigen Unternehmen, seien es die Zinssätze von Geldanlagen in Euro. Bei hoher staatlicher und privater Verschuldung in Europa wird befürchtet, dass hier Geld nicht mehr gut angelegt ist. Ist die EU-Wirtschaft geschwächt, hält die Europäische Zentralbank die Zinsen niedrig, es kann also nicht viel an Zinsen verdient werden. Die Kapitalanleger fragen keine Euro mehr nach, der Euro-Kurs sinkt. Das kann sogar wünschenswert sein. Wird der Euro gegenüber dem Dollar billiger, werden auch alle Waren aus dem Euroraum in Dollar gerechnet billiger. Die Exporte können wieder, zu Lasten der Konkurrenz, boomen. Auf der anderen Seite werden aber Rohstoffe wie Öl, die in US-Dollar zu bezahlen sind, teurer.
Wird gegen den Euro spekuliert?
Für die aktuelle Krise im Euro-Raum werden immer wieder vor allem Spekulanten verantwortlich gemacht. Das Problem ist, dass inzwischen riesige Finanzinstitutionen entstanden sind, die sozusagen die sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen der Weltwirtschaft sind. Verkaufen solche Institutionen den Euro, sinkt der Kurs des Euro in Dollar schon automatisch, auch ohne dass finstere Machenschaften von Spekulanten dahinter stecken müssen. Verkauft zum Beispiel ein großer Anleger Euro, dann kann schon das Herdenverhalten anderer Anleger einen Kursrutsch des Euro nach unten bewirken.
Hinzu kommen die so genannten Leerverkäufe. Ein Anleger verkauft zu einem jetzt vereinbarten Preis Euro zu einem zukünfigen Liefertermin, aber besitzt diese gar nicht. Vor dem zukünftigen Verkauf muss er sich daher mit Euro eindecken, um überhaupt liefern zu können. Im Unterschied zu realen Verkäufen kann ein Spekulant praktisch unbegrenzt Aktien oder Anleihen leer verkaufen. Er spekuliert darauf, dass bis zum vereinbarten Termin der Euro billiger geworden ist. Die Versuchung, hier nachzuhelfen, indem man die Medien beeinflusst und Gerüchte streut, ist natürlich groß. Große Anleger haben da naturgemäß mehr Möglichkeiten als kleine.
Wenn Spekulanten nicht die Hauptschuldigen sind, woher kommt dann die Euro-Krise?
Der plötzliche Rückgang des Euro-Kurses hat neben der Spekulation eine weitere Ursache: Viele Staatsanleihen dienen den Anlegern als Sicherheiten für Kreditaufnahmen, und Anlagen in vielen Staatsanleihen werden von den Regulierungsbehörden als so sicher betrachtet, dass sie zur Berechnung des den Banken vorgeschriebenen Mindesteigenkapitals nicht herangezogen werden. Steigt das Risiko eines Zahlungsausfalls deutlich, wie im Falle Griechenlands, so werden diese Anleihen vielfach nicht mehr als Sicherheiten anerkannt, und Banken, die eine geringe Eigenkapitalquote haben, müssen riskante Anleihen verkaufen und Anleihen mit geringerem Risiko kaufen. Steigt das Ausfallrisiko plötzlich, so kann das dazu führen, dass es Notverkäufe von Staatsanleihen gibt, etwa wie bei der Zwangsversteigerung eines Hauses. Die Gefahr solcher Notverkäufe ist umso größer, je mehr Banken sich in einer kritischen Eigenkapitalsituation befinden. Genau das ist der Fall, weil die Banken bereits vor der Krise die internationalen Bestimmungen über das Mindestkapital bis zum Äußersten ausgereizt haben und jetzt ein im Vergleich zum tatsächlichen Risiko sehr geringes Eigenkapital besitzen.
Da Banken befürchten, Anleihen unter Umständen mit starkem Verlust verkaufen zu müssen, oder sogar vom Zahlungsausfall einer anderen Bank betroffen zu sein, horten sie Liquidität, das heißt, sie legen beispielsweise Kundeneinlagen nicht mehr in längerfristigen Anleihen an, sondern parken sie als Tagesgeld bei der Europäischen Zentralbank. Die meisten internationalen Zahlungsverpflichtungen müssen allerdings nicht in Euro, sondern in US-Dollar beglichen werden. Daher ist der US-Dollar bei einem allgemeinen Anstieg der Liquiditätsnachfrage besonders gesucht: In einer solchen Situation kann der Kurs des Euro, oder auch anderer Währungen, deutlich einbrechen. Die Europäische Zentralbank versucht nun, starke Kursschwankungen an den Märkten durch den Aufkauf von Staatsanleihen und durch die Bereitstellung von Liquidität in US-Dollar zu verhindern. Hierfür hat sie auch eine Währungstausch-Vereinbarung mit der Zentralbank der USA neu aufgelegt.
Ein Finanzsystem, das im Boom den Eindruck erweckt hat, Quelle immer neuen Reichtums für die Gesellschaft zu sein, wird in der Krise zum Mühlstein für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung.
Was bringen Finanztransaktionssteuer und Bankenabgabe?
Viele Finanzgeschäfte sind reine Nullsummenspiele. Was der eine gewinnt, verliert der andere. Sie fördern die Kapitalkonzentration, sodass die Regierungen immer stärker von Finanzgiganten abhängig werden.
In der politischen Diskussion stehen deshalb aktuell zwei Vorschläge, mit denen solche Finanzgeschäfte eingedämmt werden sollen: Finanztransaktionssteuer und Bankenabgabe.
Bei der Finanztransaktionssteuer würde ebenso wie bei der so genannten Tobin-Steuer ein bestimmter Prozentsatz des getauschten Werts als Steuer abgeführt werden. Gegner der Finanztransaktionssteuer führen unter anderem an, dass Banken die Steuer auf Anleger abwälzen, und daher Sparer ebenso wie Unternehmen stark belastet würden. Tatsächlich würde eine Transaktionssteuer hingegen vor allem solche Geschäfte belasten, bei denen Werte beispielsweise mehrfach täglich getauscht werden.
Solche Geschäfte betreiben Banken und Investmentfonds vor allem untereinander, Unternehmen und Sparer legen hingegen Geld langfristiger an, und auch internationale Handelsunternehmen nutzen Währungsabsicherungsgeschäfte mit einer Laufzeit von meist mehreren Monaten.
Eine Finanztransaktionssteuer hätte die gegenwärtige Wirtschaftskrise nicht verhindert. Die Verbriefung von Kredit an Immobilienkäufer geringer Kreditwürdigkeit, eine der Hauptursachen der Krise, hatte mit dem kurzfristigen Handel beispielsweise von Aktien nichts zu tun. Allerdings kann mit der Finanztransaktionssteuer die Komplexität des Finanzwesens verringert werden. Den größten Anteil an der Finanztransaktionssteuer müssten voraussichtlich Händler in Banken und Fonds tragen, die mit ihren Geschäften in den letzten Jahren oft riesige Bonuszahlungen generiert haben – die Steuer würde also nicht die Falschen treffen.
Hingegen würde eine Bankenabgabe nicht auf die Tauschgeschäfte, sondern auf den Umfang eingegangener Investitionen von Banken und anderen Finanzinstituten erhoben werden. Die Abgabe wird entweder in den allgemeinen Haushalt oder aber in einen besonderen Fonds eingezahlt, der im Krisenfall zur Rettung von Banken eingesetzt wird. Eine solche Abgabe würde dazu führen, dass Finanzinstitutionen beispielsweise Anleihen in geringerem Umfang als Sicherheiten für neue Kredite verwenden würden, da sie bei einem derartigen Kaskadenmodell für jede neue Stufe zusätzliche Steuern auf den Bruttobetrag der Investition zahlen müssten. Auch die Bankenabgabe würde in der Tendenz zu einer Entflechtung von Kreditbeziehungen führen. Je weniger die Banken untereinander verflochten sind, desto schwieriger können sich Finanzkrisen ausbreiten. Verhindern kann eine solche Abgabe Krisen im Finanzsystem aber nicht.
Ist das Geld aus der Bankenrettung verloren?
Viele Staaten haben seit Beginn der gegenwärtigen Wirtschaftskrise das Finanzsystem mit verschiedenen Maßnahmen gestützt. Dazu gehörten auch Maßnahmen, mit denen Banken gerettet, ihre mögliche Zahlungsunfähigkeit also verhindert wurde. Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem
- der Aufkauf von risikobehafteten Investitionen, etwa Verbriefungen von Hypotheken an Immobilienbesitzer in den USA oder Staatsanleihen in der Euro-Zone,
- die Gewährung von Krediten, sodass fällige Zahlungen geleistet werden können,
- die Übernahme von Garantien für Anleihen, die Banken am Kapitalmarkt aufnehmen, meist gegen eine Gebühr,
- die Ausgabe neuer Aktien von Banken an den Staat, so dass der mit dem Verkauf der Aktien erlöste Betrag als zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung steht und damit das Pleiterisiko verringert wird, wie im Fall der Commerzbank,
- die vollständige Verstaatlichung einer Bank, so dass die Verpflichtungen, ebenso wie die Aktiva, der Bank komplett vom Staat übernommen werden, wie im Fall der Hypo Real Estate.
Mit den Bürgschaften und Krediten, ebenso wie mit der vollständigen oder teilweisen Übernahme des Eigentums an Banken hat der Staat Kapital, das er zuvor bei Anlegern geliehen hat, zum Erwerb von vergleichsweise riskanten Anlagen wie Aktien, zur Deckung möglicher Verpflichtungen aus Bürgschaften, und zur Übernahme von zukünftigen Zahlungsströmen aus Forderungen und Verbindlichkeiten verstaatlichter Banken verwendet.
Verschärft sich die Krise, dann wird der Staat letztlich mit Rettungsmaßnahmen Verlust machen. Andererseits ist es denkbar, dass bei einem günstigeren Verlauf der Krise zum Beispiel die erworbenen Aktien zu einem Preis verkauft werden können, der deutlich über dem Kaufpreis liegt. Mit den Gebühren für die ausgesprochenen Garantien hat der deutsche Bankenrettungsfonds bislang etwa 0,7 Milliarden Euro Erlöse erzielt – das würde sich allerdings schlagartig ändern, sobald nur eine der Garantien fällig würde. Viele staatliche Rettungsinvestitionen lassen sich nur schwer bewerten, da tatsächlich oft niemand weiß, ob beispielsweise die Kreditnehmer einer verstaatlichten Bank letztlich die Forderungen der Bank begleichen werden. Aktuell schätzt der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, im vergangenen Jahr durch die Maßnahmen zur Rettung der Hypo Real Estate 4,75 Milliarden Euro verloren zu haben.
Skandalös an der Bankenrettung ist vor allem, dass riesige Verluste, die jederzeit eintreten können, von der Allgemeinheit bezahlt werden müssen, während die Dividenden- und Bonuszahlungen der Banken aus den Jahren des Aufschwungs unangetastet bleiben. Die Gewinne aus riskanten Geschäften in guten Zeiten werden privatisiert – dreht sich der Wind, so werden mit den Maßnahmen zur Bankenrettung die Verluste teilweise von der gesamten Gesellschaft übernommen. Konsequent wäre es, wenn dem Gemeinwesen zugleich in guten Zeiten die Erträge der Investitionen der Finanzinstitute zugutekommen würden, was mit einer Verstaatlichung von Banken und Fonds möglich wäre.
Über die Autoren:
Christian Schröppel ist Diplom-Soziologe und lebt in Darmstadt. Thomas Walter ist Diplom-Volkswirt.