Mit öffentlichen Rekrutenvereidigungen will die Bundeswehr ihr Ansehen aufpolieren. Die Bevölkerung soll sich an Militärspektakel gewöhnen. Dagegen protestierte am vergangenen Freitag ein breites Anti-Kriegs-Bündnis in Stuttgart. Thomas Haschke hat den Protest mit vorbereitet und berichtet.
Über mangelndes Interesse, sonst ein häufiges Lamento, konnte sich die Bundeswehr am 30. Juli in Stuttgart nicht beklagen. Über 1000 Anti-Kriegs-Aktivisten protestierten gegen das öffentliche Gelöbnis der Truppe, also die Vereidigung von Grundwehrdienstleistenden und Zeitsoldaten.
Mit den öffentlichen Gelöbnissen will die Bundeswehr die Akzeptanz und das Ansehen des Militärs in der Bevölkerung steigern. Keine einfache Sache, denn das Bild der Truppe wird durch den bei der Bevölkerung zu Recht unbeliebten Afghanistaneinsatz geprägt.
Zu dem Protest hatte unter anderem ein breites GelöbNix-Bündnis aus Friedensgruppen, Gewerkschaftern, Globalisierungskritikern, Migrantenorganisationen, Antifa-Gruppen sowie linken Parteien und Jugendorganisationen aufgerufen. Unter dem Motto »Kein Werben fürs Sterben!« hatte das Bündnis eine Kundgebung organisiert.
DIE LINKE.Stuttgart, der Landesverband Baden-Württemberg und mehrere LINKE-Bundestagsabgeordneten unterstützten das Bündnis und nahmen an den Protesten teil.
Für jene, die versuchen wollten, dass Gelöbnis zu blockieren, ist ein zweites Bündnis ins Leben gerufen worden. Beide Proteste fanden in unmittelbarer Nähe des Gelöbnisses statt.
Schon im Vorfeld der Rekrutenvereidigung hatte es Aktionen gegeben, um die Öffentlichkeit auf den kommenden Protest aufmerksam zu machen. Am 25. Juli zum Beispiel besetzten Aktivisten friedlich die katholische St. Eberhard-Kirche, um gegen einen Soldatengottesdienst zu demonstrieren, der unmittelbar vor dem Bundeswehr-Gelöbnis am darauffolgenden Freitag stattgefunden hat (siehe Video). Sie wollten bis zum Gelöbnis in der Kirche bleiben.
Dabei suchten die Aktivisten das Gespräch mit den Gläubigen, verteilten Flugblätter und hängten Plakate auf. Dem Prälaten Michael Brock, Dompfarrer von St. Eberhard, passte der antimilitaristische Protest allerdings nicht. Brock rief die Polizei und ließ die Kirche von den Besetzern räumen, obwohl diese betont hatten, dass sich ihr Protest ausschließlich gegen den Soldatengottesdienst richtet. Den normalen Veranstaltungsablauf in der Kirche wollten sie nicht stören. Aucht Aktivisten wurden von der Polizei festgenommen.
Blockiert werden konnte das Gelöbnis auf dem Stuttgarter Schloßplatz nicht. Ein massives Aufgebot von über 1500 Polizisten und Feldjägern setzte die Veranstaltung durch und ging auch hart gegen die Friedensaktivisten vor.
Aber der Protest war lautstark. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), der beim Gelöbnis redete, musste sein Mikrofon kräftig aufdrehen, um gehört zu werden. Mappus, gegen den kürzlich wegen seiner AKW-freundlichen Positionen die Anti-Atom-Bewegung protestierte, diffamierte die Friedensaktivisten laut Südkurier als Randalierer, von denen man sich das Gelöbnis »nicht kaputt machen« lasse. Er behauptete, dass die Soldaten die Demokratie verteidigen würden.
Dagegen argumentiert Gelöbnix in seinem Bündnisaufruf: »Laut Grundgesetz darf die Bundeswehr ausschließlich für Landesverteidigung eingesetzt werden – in der Verteidigungspolitischen Richtlinie von 1992 aus dem Hause Rühe wurde allerdings die ‚Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt‘ als vitale deutsche Sicherheitsinteressen definiert.«
Dass es beim Gelöbnis nicht um Demokratie geht, meint auch das Blockade-Bündnis. Dass Bundeswehr-Gelöbnis sei Werbung für eine Armee, »die in vielen Ländern auf der Welt Kriege führt«, heißt es in dessen Aufruf: »So soll die Voraussetzung geschaffen werden, in Zukunft mit breiter Zustimmung der Bevölkerung diese Kriege weiterzuführen und auch neue beginnen zu können. Insgesamt bedeutet eine solche Veranstaltung einen weiteren Schritt hin zu einer durch und durch militarisierten Gesellschaft.«
Zum Autor:
Thomas Haschke ist aktiv im »Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung« Stuttgart und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden der LINKEN.Baden-Württemberg.