Beim Streit in der LINKEN geht es nicht um den Porsche von Klaus Ernst oder Gesine Lötzschs Suche nach dem Kommunismus. Indem sie das Führungspersonal in Frage stellen, tragen Teile der Partei den Kampf um ihre Grundausrichtung und um die strategischen Herausforderungen im Superwahljahr 2011 aus. Eine Analyse von marx21
Die Vorsitzenden der LINKEN, Klaus Ernst und Gesine Lötzsch, stehen heftig in der Kritik, sowohl von außer- als auch von innerhalb der Partei. Kernvorwurf aus der Partei ist, dass sie nicht führen und wenn ja, in die falsche Richtung. Das ist nicht richtig. Die neue Führung hat vom Rostocker Parteitag eine klare politische Grundlage erhalten: Erstens soll sie am Kernprofil der LINKEN festhalten. Das bedeutet: »Weg mit Hartz IV«, »Weg mit der Rente mit 67«, »Raus aus Afghanistan«, »Her mit dem Mindestlohn«. In diesen Forderungen bündeln sich die sozialen und politischen Interessen von Millionen Arbeitnehmern, Rentnern, Arbeitslosen, Schülern und Studierenden, deshalb sind sie nicht austauschbar wie beliebige Wahlslogans.
Zweitens soll die Parteiführung an der Seite derjenigen stehen, die gegen Sozialabbau und Krieg kämpfen. Drittens soll sie in der Debatte um Regierungsbeteiligung klare, nicht verhandelbare Haltelinien vertreten, damit DIE LINKE nicht durch den Verrat an ihren Prinzipien massenweise Enttäuschung produziert.
Ein Abweichen von dieser politischen Plattform wäre ein richtiger Anlass, hart mit der Parteiführung ins Gericht zu gehen. Die jetzige Diskussion läuft aber an dieser Frage vorbei. Gesine Lötzsch ist Ziel einer vom Spiegel anlässlich des Superwahljahres 2011 losgetretenen Kampagne, auf die die CDU aufgesprungen ist.
Bessere Gesellschaft
Ob Lötzsch ihre Vorstellung einer befreiten Gesellschaft Sozialismus, Kommunismus oder Nirwana nennt, ist unwichtig, solange sie klar macht, ob sie damit die Unterdrückung der Mehrheit durch eine Minderheit meint oder nicht. Das hat ihr kritisierter Beitrag hinreichend getan. Legitim ist ein Nachdenken über eine bessere Gesellschaft ohnehin angesichts von Hunger, Krieg, Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung.
Lötzsch zu unterstellen, sie würde Stalins Massenmorde nicht wahrnehmen, weil sie diese nicht erwähnt hat, ist böswillig und nur durch den Willen zur Beschädigung der Parteispitze zu erklären. Keinem Christen wird abverlangt, sich bei jedem Bekenntnis zu seinem Glauben für Inquisition, Kreuzzüge und tausend Jahre Abschlachtung Andersgläubiger zu entschuldigen.
In der Aufregung geht unter, dass Lötzschs Beitrag gar nicht so links ist – vom Kommunismus zu reden macht noch niemanden zum Revolutionär. Im Kern führt Lötzsch Rosa Luxemburg als Kronzeugin für eine Regierungsbeteiligung an – linke Verbrämung einer rechten Strategie.
Kein Personalabbau
Anders liegt der Fall beim ebenfalls angegriffenen Klaus Ernst. Er steht innerparteilich wesentlich heftiger unter Beschuss als Lötzsch. Einige Genossen aus ostdeutschen Landesverbänden hatten kritisiert, dass er an einer Haltelinie, nämlich der Ablehnung von Personalabbau im öffentlichen Dienst in Ostdeutschland, festhält. Diese Diskussion muss offensichtlich mit den Regierungswilligen geführt werden, aber inhaltlich. Statt Argumente auszutauschen, wird aber die Person angegriffen.
Umfragen ergeben mögliche Bündnisse mit SPD und Grünen nach den Landtagswahlen, besonders im Osten. Um die Voraussetzungen für Koalitionen zu schaffen, müssen die oben genannten Grundlinien zumindest abgeschwächt werden. Klaus Ernst wird mit seinen Positionen hier als Hindernis wahrgenommen und deshalb wird versucht, ihn aus dem Amt zu drängen.
Das sollte Parteilinken zu denken geben, die sich in dieser Debatte zwischen zwei vermeintlich gleich großen Übeln – Parteibürokrat hier, Gewerkschaftssekretär dort – nicht positionieren wollen. Die Übel sind nicht gleich groß – die Strategie, sich als Beiboot der SPD zu verdingen – so will es die Parteirechte – wird DIE LINKE in die Bedeutungslosigkeit führen. Das Festhalten an Kernprofil und Haltelinien dagegen – so die derzeitige Positionen von Ernst – stellt den Nutzwert der Partei für Millionen von SPD und Grünen Enttäuschten sicher, vor allem wenn die Positionen auch durch eine aktive Kampagnenpolitik unterfüttert werden.
Aktive Kampagnenpolitik
Damit steht der Vorsitzende nicht über der Kritik, aber jetzt von Seiten der Parteilinken der eigenen Abneigung gegenüber Porschefahrern nachzugeben und Ernst nicht zu verteidigen ist kurzsichtig und könnte ihr später sehr schmerzhaft auf die Füße fallen.
Nicht Ernst und Lötzsch sind das Problem der LINKEN, sondern neue Rahmenbedingungen – der Aufschwung, die momentane Flaute in der sozialen Bewegung und die ungewohnte geteilte Oppositionsrolle gemeinsam mit SPD und Grünen. Antworten auf diese Herausforderungen hat marx21 in diesem Thesenpapier formuliert. Wenn sich der Wind dreht, heißt das nicht, dass der Kurs falsch ist, sondern, dass die Segel richtig gesetzt werden müssen – und nicht der Mast abgesägt.