In der Talkrunde von Anne Will zitiert die Moderatorin unsere politischen Leitsätze und gibt sich schockiert, dass wir den Kapitalismus stürzen wollen. Der Angriff läuft ins Leere
Gestern Abend war die Parteivorsitzende der LINKEN Janine Wissler zu Gast in der Talkshow Anne Will. Um die LINKE-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl in die Enge zu treiben, zitiert die Moderatorin ausführlich aus unseren Leitsätzen:
»Eine gerechtere Welt kann es nur geben, wenn die Ausbeutung von Menschen durch Menschen beendet wird, die unterdrückten Klassen sich den gesellschaftlichen Reichtum kollektiv aneignen und die Produktionsmittel ihrer demokratischen Kontrolle unterstellen. (…) Eine Regierungsbeteiligung auf der Grundlage der heutigen Kräfteverhältnisse lehnen wir ab. Die Linke kann das Kapital schlagen, wenn Massenbewegungen bereit und in der Lage sind, die herrschende Klasse zu enteignen und den bestehenden, undemokratischen Staatsapparat durch Organe der direkten Demokratie zu ersetzen.«
»Wow!«, fällt Anne Will dazu nur ein. Eine Welt ohne Kapitalismus scheint für sie unvorstellbar. Dass es Menschen gibt, die dieses System überwinden wollen, findet sie offensichtlich unerhört. Janine Wissler war bis zu ihrer Kandidatur als Parteivorsitzende der LINKEN im Herbst letzten Jahres Unterstützerin des marx21-Netzwerks.
Anne Will: Gespielte Empörung
Natürlich ist die Empörung von Anne Will über die zitierte Passage unserer politischen Leitsätze gespielt. Das Kalkül dahinter: Janine Wissler soll als Spitzenkandidatin der LINKEN diskreditiert werden, in dem sie in die linksradikale Ecke gestellt wird. Wer den Kapitalismus stürzen will, habe in der bundesdeutschen Politik nichts verloren.
Janine Wissler kontert den Angriff wie gewohnt souverän. Der Kapitalismus sei eine »zutiefst ungerechte Weltwirtschaftsordnung« und seine Überwindung eine Notwendigkeit für die es natürlich gesellschaftlichen Druck von unten brauche.
Ein Aufstand der Massen?
Anne Will hakt nach und fragt ungläubig: »Ein Aufstand der Massen?« – als ob es eine Ungeheuerlichkeit wäre, wenn Menschen sich massenhaft für ihre Interessen einsetzen und dafür kämpfen. Dass auch die von ihr und ihren Gästen so hoch geschätzte parlamentarische Demokratie von einer Massenbewegung gegen den Widerstand des Kapitals und der herrschenden Klasse erkämpft werden musste, kommt Anne Will offensichtlich nicht in den Sinn.
Dass die Moderatorin kein Interesse an einer Überwindung kapitalistischer Ausbeutung hat, verwundert hingegen wenig. Das jährliche Produktionsvolumen der von ihrer eigenen Firma, der Will Media GmbH, produzierten Sendung belief sich für das Jahr 2011 (aktuellere Zahlen sind nicht bekannt, da die Herstellungskosten nicht veröffentlicht werden) auf geschätzte 7,85 Millionen Euro. 2019 betrug der Jahresüberschuss ihres Unternehmens 1,6 Millionen Euro. Zu ihrem Millionen-Honorar und dem Gewinn ihrer Produktionsfirma kommen zahlreiche Nebeneinkünfte, etwa für Auftritte bei privaten Firmen, Feiern oder Preisverleihungen. Für die Moderation einer Feier der Deutschen Bank soll Will eine 5-stellige Summe erhalten haben. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
Wer unsere von Anne Will zitierten Leitsätze in Gänze nachlesen will, kann das hier tun. Wer wissen möchte, warum wir einen Eintritt der LINKEN in bürgerliche Regierungskoalitionen kritisieren und was wir stattdessen vorschlagen, wird hier fündig. Die ganze Sendung von Anne Will findest du hier. Die Stelle zu marx21 ab Minute 55.
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