Staatliche Diskriminierung, rechte Hetze und Gewalt bis hin zu mörderischem Terror – antimuslimischer Rassismus ist weiter auf dem Vormarsch und erfordert eine entschlossene Antwort. Von Christine Buchholz
Nicht erst seit Hanau sind antimuslimischer Rassismus und rechte Gewalt ein riesiges Problem in Deutschland. Moscheen werden angegriffen. Muslime erleben Rassismus und Diskriminierung im Alltag, aber auch durch staatliche Institutionen.
Jeden Tag kommen in Deutschland drei antimuslimische Straftaten zur Anzeige. Jeden zweiten Tag gibt es einen Angriff auf eine Moschee oder einen muslimischen Repräsentanten. Die Straftaten gegen Muslime und Musliminnen werden immer gewalttätiger. Diese Entwicklung ist alarmierend, und die Dunkelziffer ist laut Experten enorm.
Hinter diesen Zahlen stehen Menschen: Zum Beispiel eine junge Frau aus Groß-Gerau, die letztes Jahr wegen ihres Kopftuches an einer Bushaltestelle rassistisch angegriffen wurde – und der niemand half. Ende Dezember 2020 erhielt ein Wolfsburger Imam Morddrohungen.
Dass Nazis und Rassisten auch nicht vor Mord zurückschrecken, zeigt der hinterhältige Mord an dem jungen Mann in einem Dönerimbiss in Halle, den der rechte Attentäter nach seinem Angriff auf die Synagoge erschoss.
Antimuslimischer Rassismus aus Hass
Hass gegen Muslime ist ein zentrales Motiv der rechten Terroristen. Die geistigen Brandstifter der AfD stacheln diese rechten Terroristen an. Wenn Alice Weidel von »Kopftuchmädchen« und »Messermännern« spricht, schürt sie den Hass gegen Muslime.
Aber auch der Staat stützt antimuslimische Einstellungen. Immer wieder nähren Polizei und Verfassungsschutz Vorurteile, zuletzt bei den stigmatisierenden Razzien von Dutzenden schwerbewaffneten Polizisten in Berliner Moscheen wegen angeblich falscher Beantragung von Coronahilfen. Hier wurden ganze Gemeinden unter Generalverdacht gestellt.
Hinzu kommt die Diskriminierung im Alltag. Wer einen türkisch- oder arabischklingenden Namen trägt, hat Schwierigkeiten, eine Wohnung oder Arbeit zu finden. Besonders häufig trifft es Frauen, die Kopftuch tragen. Vor Kurzem lobte eine Münchener Bäckerei eine bosnische Muslimin für ihre Probearbeit, stellte sie aber dann nicht ein. Sie würde als »kopftuchtragende Türkin« einen »ungebildeten Eindruck« hinterlassen.
Niemand darf wegen seiner Religion benachteiligt werden. Jede Form der staatlichen Diskriminierung muss beendet werden. Das betrifft anlasslose Polizeikontrollen ebenso wie Diskriminierung in staatlichen Institutionen. Es braucht mehr als Lippenbekenntnisse.
DIE LINKE gegen antimuslimischen Rassismus
Die LINKE fordert daher eine Reform des Antidiskriminierungsrechts. Wir müssen vor allem die Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch beenden, wenn staatliche Kopftuchverbote die Berufswahl dieser Frauen einschränken. Das gilt auch für das Berliner Neutralitätsgesetz, das insbesondere muslimische Frauen, die zum Beispiel Lehrerinnen oder Richterinnen werden wollen, diskriminiert.
Muslimische Religionsgemeinschaften haben hierzulande nicht die gleichen Rechte wie andere Religionsgemeinschaften und sind in ihren Aufgaben benachteiligt. Deswegen fordert DIE LINKE zurecht die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern darauf hinzuwirken, Vereinbarungen zur Anerkennung von muslimischen Religionsgemeinschaften voranzubringen.
Es ist wichtig, antimuslimischen Rassismus wie jede andere Form von Rassismus zu benennen und zu bekämpfen. Dies wäre nicht nur ein wichtiges Signal an die Musliminnen und Muslime in diesem Land, sondern auch ein Zeichen der Solidarität gegen jede Form von Rassismus und Ausgrenzung.
Autorin: Christine Buchholz ist Mitglied des Bundestages und religionspolitische Sprecherin der LINKEN.
Auf Initiative der LINKEN debattierte der Bundestag am 14.1.2021 über antimuslimischen Rassismus und die Diskriminierung von Muslimen in Deutschland. DIE LINKE legte einen mit muslimischen Gemeinden, antirassistischen Initiativen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erarbeiteten umfassenden Antrag zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus vor.
Schlagwörter: Antimuslimischer Rassismus, Antirassismus, Christine Buchholz, DIE LINKE, Diskriminierung, Frauendiskriminierung, Inland, Muslime