Nach fünfmonatigem Streik haben die Kumpel in den Platinminen Südafrikas die Bosse zum Einlenken gezwungen. Die Arbeiterbewegung des Landes emanzipiert sich zusendens vom regierenden ANC.
Die siegreichen Kumpel der südafrikanischen Platinminen nahmen Ende Juni die Arbeit wieder auf. Der fünfmonatige Streik der 70.000 Bergarbeiter wurde von der Gewerkschaft Amcu organisiert. Der Gewerkschaftsvorsitzende Joseph Mathunjwa hielt nach Streikende eine Ansprache vor 20.000 versammelten Kumpeln.
»Der Platinabbau hat ein neues Gesicht! Was andere Gewerkschaften in zwanzig Jahren nicht erreichten, habt ihr in nur fünf Monaten geschafft«, sagte er.
Ihre volle Forderung in Höhe von monatlich 12.500 Rand (800 Euro) konnten sie nicht durchsetzen, aber das Ergebnis übertrifft bei weitem das ursprüngliche Angebot der Arbeitgeber. Und es liegt mehr als doppelt so hoch wie das Ergebnis, das die traditionelle Bergbaugewerkschaft NUM jüngst erstreikt hatte.
Rückwirkende Lohnerhöhung ersteikt
Die untersten Lohngruppen werden um 1000 Rand in den beiden ersten Jahren und weitere 950 Rand im dritten Jahr angehoben.
»Ich bin überschwänglich. Wir fangen mit dem Grundlohn an. Die 12.500 Rand werden wir aber auch schaffen«, meinte Minenarbeiter Rudolph Dublua.
Alle drei Platin-Bergbauunternehmen, Impala, Amplats und Lonmin, erklärten sich einverstanden, die Erhöhung rückwirkend gelten zu lassen. Das heißt, dass die Streikenden in der ersten Arbeitswoche Abschlagszahlungen für die Zeit vor Streikbeginn erhalten werden. Im Fall von Amplats sind das fast sieben Monatslöhne.
Die Unterzeichnung der Vereinbarung erfolgte auch erst, nachdem die gewerkschaftliche Forderung nach Wiedereinstellung von 236 wegen Streikaktivitäten entlassenen Kollegen erfüllt wurde.
Rechenschaftspflichtig
Rehad Desai von der Demokratischen Linksfront meinte: »Die Bergarbeiter haben die versuchte Zerschlagung ihrer Gewerkschaft verhindert. Mit regelmäßigen Massenveranstaltungen sorgten sie dafür, dass die Gewerkschaftsführung jederzeit rechenschaftspflichtig blieb. Sie nehmen die Arbeit mit erhobenem Haupt wieder auf.«
Das Massaker an 34 Minenarbeitern in Marikana im Jahr 2012 löste eine Welle des Zorns und wilder Streiks quer durchs Land aus, von denen viele erfolgreich waren. Die Auswirkungen sind heute noch spürbar in der veränderten Gewerkschaftslandschaft wie beispielsweise in der mächtigsten Gewerkschaft der Metallarbeiter, Numsa. Die Gründung der Freiheitskämpfer der Wirtschaft (EFF – Economic Freedom Fighters) ist ein weiteres Erbe dieser Bewegung.
Anlässlich der jüngsten Parlamentswahlen weigerte sich Numsa, den regierenden ANC zu unterstützen.
Der Anführer von EFF, Julius Melema, wurde ins Parlament gewählt. Er wurde kurze Zeit später wegen seiner Jungfernrede: »Die ANC-Regierung hat die Menschen von Marikana ermordet« aus dem Parlamentsgebäude geworfen. Alle anderen EFF-Parlamentarier gingen aus Solidarität mit ihm.
Sieg für Südafrikas Arbeiter
Dem ANC treu gebliebene Gewerkschaften unter der Dachorganisation Cosatu versuchen derzeit, Numsa auszuschließen. Ein Mitglied des Cosatu-Vorstands erklärte: »Wir haben dem ANC mitgeteilt, dass aus unserer Sicht Numsa raus ist.«
Die Regierung will sich jetzt im Rahmen einer neuen Arbeitsgesetzgebung das Recht einräumen, Streiks mit Zwangsmitteln zu beenden.
Jim Nichol, britischer Rechtsanwalt, vertritt die Familien der Marikana-Bergbauarbeiter. Er sprach auf der Abschlusskundgebung: »Ohne Zweifel ist das ein großartiger Sieg in den Augen der Arbeiter und der breiten Massen. Viele NUM-Mitglieder werden sicherlich zu Amcu wechseln. Ich habe selbst miterlebt, wie sich Menschen bei einer Telefonsendung des südafrikanischen Hörfunks meldeten mit der Forderung, Amcu solle für sie eine Gewerkschaft gründen.«
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