Weltweit brechen die Aktienmärkte ein. Ökonomen erwarten eine globale Rezession. Der Schuldige steht fest: Das Coronavirus. Doch das Virus ist höchstens Auslöser der Krise. Die Ursachen liegen wesentlich tiefer, meint Thomas Walter
Die Corona-Pandemie tritt zu einem Zeitpunkt auf, zu welchem der Kapitalismus immer noch nicht die letzte Finanzkrise überwunden hat. Seit deren Tiefpunkt im Jahr 2009 wachsen sowohl die Weltproduktion als auch der Welthandel noch schwächer als vorher. Dies ist auch der Hintergrund für die aggressive Politik von US-Präsident Donald Trump. Angesichts der verschärften Konkurrenz können sich selbst Großmächte wie die USA auch gegenüber engen »Verbündeten« keine Rücksicht mehr leisten.
Zwar verzeichneten die derzeit einbrechenden Aktienmärkte bis zuletzt immer neue Höchststände, aber nicht weil die Konzerne florierten, sondern weil Aktien (und Immobilien) mangels rentabler Alternativen immer höher bewertet wurden.
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Chronische Depression
Schon seit Jahrzehnten versuchen die Eliten, den schwächelnden Kapitalismus aufzupäppeln und die Profitraten zu stützen. Der Lebensstandard der Arbeiterinnen und Arbeiter wurde im Neoliberalismus verstärkt angegriffen, während die Unternehmen Steuergeschenke erhielten. Die Zentralbanken bieten Kredite zu immer niedrigeren Zinsen an. Regierungen und Zentralbanken retten Banken. Zinssenkungen allein reichen aber nicht mehr aus. Teilweise liegen die Zinsen schon unter null. Deshalb kaufen die Zentralbanken inzwischen Wertpapiere von Regierungen und Konzernen auf, um diese mit Geld zu versorgen. Sie »vergesellschaften« so die mit diesen Papieren verbundenen Risiken.
»Zombi-Kapitalismus«
Im »Zombi-Kapitalismus« werden scheintote Banken und Konzerne staatlich am Leben erhalten. Viele Firmen gehen nur deshalb nicht pleite, weil sie sich mit billigen Krediten, letztlich von den Zentralbanken, über Wasser halten können. Diese Kredite werden nicht zum Investieren verwendet, sondern oft nur dazu, die eigenen Aktien zurückzukaufen. Das treibt deren Kurse nach oben und befördert den Konsum jener reichen Leute, die diese Aktien an die Unternehmen zurück verkaufen. Aber die Investitionen bleiben aus und damit auch das Wachstum.
Das Ergebnis ist »säkulare Stagnation«. Ökonomen befürchten eine drohende »Japanisierung« der Weltwirtschaft. In Japan beträgt die Staatsverschuldung 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und die Zentralbank hat inzwischen Aktien von 30 Prozent der Aktiengesellschaften gekauft. Funktionierende Märkte? Staatliche Eingriffe sind die ratlose Antwort. Dies alles mag vielleicht eine Krise à la 1929 bislang verhindert haben, »aber nur um uns im Sumpf der Verzweiflung einer dauernden und chronischen Depression landen zu lassen«, wie es Friedrich Engels im Jahr 1886 angesichts der damaligen Krise ausdrückte.
Der Kapitalismus ist krank
Das Coronavirus legt die Krankheit des Kapitalismus offen. Der Kapitalismus kann sich nur noch am Leben erhalten, indem er die Umwelt zerstört und so »Kosten« spart. Epidemien werden in Kauf genommen, weil deren Kosten der Allgemeinheit aufgebürdet werden können. Nicht das Virus verursacht die Krise, sondern der Kapitalismus ist krank. Für Banken und Konzerne laufen jetzt, wie inzwischen in Krisen üblich, staatliche Hilfsmaßnahmen an. Bundeswirtschaftsminister Altmaier plant sogar Verstaatlichungen. Ziel ist, so schnell wie möglich zum normalen kapitalistischen Betrieb zurückzukehren. Wir brauchen solidarische Kämpfe von unten, um dieses kranke System durch eine solidarische Wirtschaft zu ersetzen.
Foto: Travel Aficionado
Schlagwörter: Corona, Coronavirus, Finanzkrise, Weltwirtschaft