Der Görlitzer Park in Berlin hat ein Problem. Es geht dabei aber weder um Drogen, noch um Flüchtlinge. Ein Kommentar von Martin Haller
Seit Monaten sorgt der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg für bundesweite Schlagzeilen. »Drogenpark der Nation« oder »Paradies für Dealer« sind noch die harmloseren Beschreibungen. Der »Tagesspiegel« bezeichnete das Areal als ein »zivilgesellschaftliches Großexperiment in Sachen Verwahrlosung«, das inzwischen den ganzen Kiez bedrohe. Berlins Innensenator Frank Henkel kündigte nun an, den »Sumpf auszutrocknen« und den Park zu einer »No-go-Area für Drogendealer« zu machen.
No-go-Area für Schwarze
Um eine Verschärfung der Drogenpolitik geht es dabei aber höchstens am Rande. Das eigentliche Ziel ist ein härteres Vorgehen gegen die Flüchtlinge, die mangels Alternative im Park Drogen verkaufen. Durch die Repression ist der »Görli« schon jetzt eine »No-go-Area« – und zwar für Schwarze. Täglich gibt es dort Razzien. Im Jahr 2014 fanden insgesamt 511 Einsätze statt – dreimal so viele wie im Vorjahr. Bis zu hundert Beamte mit Spürhunden und mobilen Flutlichtern durchkämmen den schmalen Grünstreifen und kontrollieren jeden Verdächtigen. Doch solange man weiß ist, hat man nichts zu befürchten.
Ja, der Görlitzer Park hat ein Problem. Die Zahl der Drogendealer ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Der Grund ist jedoch nicht eine Zunahme des Drogenkonsums, sondern die wachsende Zahl von Asylsuchenden, für die der Verkauf von ein paar Gramm Gras darüber entscheiden kann, ob sie die Nacht im Warmen verbringen. Daher geht auch der Vorstoß der Kreuzberger Grünen, die einen »kontrollierten legalen Verkauf von Cannabis« in einem Coffeeshop am Park fordern, am Kern des Problems vorbei.
Stärkste Mietsteigerung in Berlin
Für die meisten Anwohnerinnen und Anwohner des »Görli« dürfte die eigentliche Bedrohung ohnehin nicht vom Drogenhandel ausgehen. Nirgendwo in Berlin sind die Mieten in den letzten Jahren so stark gestiegen wie hier. Seit 2009 haben sich die Preise bei Neuvermietung rund um den Park um 97 Prozent erhöht. Weder die Drogen noch die Geflüchteten bedrohen den Kiez, sondern die Verdrängung – ob mit Räumungsbescheid oder durch Abschiebehaft.
Foto: hsing_nice
Schlagwörter: Berlin, Drogen, Flüchtlinge, Gentrifizierung, Inland, Rassismus, Repression, Verdrängung