Um Bewegungsfreiheit, soziale Sicherheit, Gleichstellung und Teilhabe durchzusetzen, brauchen wir kein linkes Einwanderungsgesetz. Von Jules El-Khatib
Ich bin gegen ein linkes Einwanderungsgesetz. Denn unter kapitalistischen Bedingungen wird jegliche gesetzliche Regelung von Einwanderung immer einen restriktiven Charakter annehmen: Sie regelt immer auch, unter welchen Bedingungen Menschen gehen müssen.
Das trifft leider auch für das vorliegende Konzept der ostdeutschen Landtagsfraktionen der LINKEN für ein Flüchtlings- und Einwanderungsgesetz zu. Das Papier kritisiert zu Recht die bisherige rassistische Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf und möchte stattdessen für Menschen, die nach Deutschland kommen, »Bewegungsfreiheit, soziale Sicherheit, Gleichstellung und Teilhabe« gewährleisten. Es ist zu begrüßen, dass sich die Autorinnen und Autoren deutlich von dem bisherigen Vorschlag der beiden links regierten Länder Brandenburg und Thüringen abgrenzen. Deren Landesregierungen hatten sich noch positiv auf das sogenannte kanadische Modell bezogen, in dem ein Punktesystem »Einwanderungswillige« nach Ausbildung, Sprachfähigkeiten und dem Alter auswählt. Diesem Nützlichkeitsrassismus erteilen die ostdeutschen Landtagsfraktionen dankenswerterweise eine Absage.
Einwanderungsgesetz bedeutet Beschränkung
Doch trotz vieler fortschrittlicher Vorstellungen hält das Konzept unverständlicherweise an Abschiebungen und Einreiseverboten (bei Begehung von Straftaten, Spionage oder Kriegsverbrechen) fest. Das ist eine Abschwächung linker Programmatik. Hier offenbart sich das Grundproblem der Herangehensweise. Im gutgemeinten Versuch, Rechte auszuformulieren, werden gesetzliche Restriktionen entwickelt. Was ist beispielsweise mit Kurdinnen und Kurden, die in der Türkei verfolgt werden und die PYD oder die PKK unterstützen? Nach bundesdeutschem Recht begehen sie durch die Unterstützung dieser Organisationen eine Straftat. Dürfen sie also nicht einreisen?
Ein zweites Problem ist der strategische Ansatz des Papiers. Die Autorinnen und Autoren meinen, es bestehe eine Leerstelle zwischen den Forderungen der LINKEN nach offenen Grenzen und ihrem Agieren im Hier und Jetzt. Sie sagen, dass die Partei »eigentlich keine progressiven Vorschläge macht, wie Migration legal und sozial abgesichert stattfinden kann«. Das ist schlicht falsch. DIE LINKE hat als einzige Partei gegen die Asylrechtsverschärfung gestimmt und fordert die Wiederherstellung des Asylrechts. Sie fordert, alle benachteiligenden Regelungen und Gesetze aufzuheben, wie das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht und Arbeitsverbote für Geflüchtete. Außerdem fordert DIE LINKE, die Unterbringung in Sammellagern sofort abzuschaffen, Abschiebungen zu beenden und ein Bleiberecht für alle. Ebenso verlangt sie, dass alle Kinder, die in Deutschland geboren werden, auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Um Geflüchtete und Einheimische vor Lohndumping zu schützen, fordert DIE LINKE die Anhebung und flächendeckende Durchsetzung des Mindestlohns. Statt Hartz IV für Einheimische und Sachleistungen für Geflüchtete will sie eine sofortige Mindestsicherung von 1050 Euro, ohne Sanktionen, für Menschen, die von ihrer Arbeit nicht leben können.
Gesellschaftliche Gegenmacht
Daraus ergibt sich ein ziemlich konkretes Bild, wie »Bewegungsfreiheit, soziale Sicherheit, Gleichstellung und Teilhabe« erreicht werden können. Um diese Forderungen durchzusetzen, brauchen wir kein linkes Einwanderungsgesetz. Statt sich auf die Einführung eines solchen Gesetzes zu konzentrieren, sollte DIE LINKE gegen restriktive Gesetze kämpfen. Dieser Kampf kann kein rein parlamentarischer sein, sondern bedarf des Aufbaus gesellschaftlicher Gegenmacht durch soziale Bewegungen. Auch und gerade mit Geflüchteten.
Zum Autor:
Jules El-Khatib ist Mitglied im Landesvorstand der Linken.NRW und aktiv in Essen.
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Schlagwörter: Debatte, DIE LINKE, Einwanderung, Einwanderungsgesetz, Flüchtlinge, Linkspartei, Migration