Die AfD ist noch keine faschistische Partei, aber es gibt Kräfte in ihr, die sie dazu machen möchten, meint Jan Maas
Faschismus ist eine widersprüchliche politische Erscheinung – beispielsweise, was seine Basis betrifft. Die NSDAP etwa stützte sich bei ihrem Aufstieg auf eine kleinbürgerliche Massenbasis, die sie mit ihrer scheinbar antikapitalistischen Haltung gewann. An die Macht gelangte die Partei dagegen dank der Unterstützung von immer größeren Teilen des deutschen Kapitals, die sie als Rammbock gegen die Arbeiterbewegung einsetzen wollten. Einig waren sich Kleinbürger und Kapitalisten in ihrem Hass auf die Linke.
Widersprüche begleiten auch den Aufstieg der AfD. Etwa der zwischen ihren Strömungen. Die AfD als Ganzes ist kein faschistisches Projekt. Die Partei wurde zur Sammlung verschiedener rechter Strömungen gegründet.
Der Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel stand für die Strömung des nationalen Neoliberalismus. Dazu gesellte sich eine rechtskonservative Strömung, zu der Beatrix von Storch gehört. Doch die AfD ist auch – wie fast alle rechten Sammlungsversuche – ein Betätigungsfeld von Faschistinnen und Faschisten.
Faschisten tarnen sich
Der Massenmord an den europäischen Juden und der verlorene Zweite Weltkrieg machen es heutigen Faschisten schwer, sich offen in die Tradition des historischen Faschismus zu stellen. Einerseits wollen sie zwar ihre Wurzeln nicht kappen, andererseits können sie aber in der isolierten Nazi-Ecke nicht wachsen.
Also tarnen sie sich und geben sich einen modernen Anstrich. Erkennbar sind sie trotzdem. Oft genug an ihren Worten, aber vor allem an ihren Taten.
Die faschistische Strömung in der AfD nennt sich »der Flügel« und gruppierte sich im März 2015 um die »Erfurter Resolution«. Diese Resolution war vor allem eine Reaktion auf die Abgrenzung des damaligen Parteivorsitzenden Bernd Lucke von der Pegida-Bewegung und von ehemaligen NPD-Mitgliedern. Die Initiatoren um Björn Höcke und André Poggenburg plädierten hingegen für Offenheit und sorgten damit letztlich für die Abspaltung der Lucke-Anhänger im Juni 2015. Seitdem hat der »Flügel« Oberwasser.
AfD könnte Massenbasis gewinnen
Weder die AfD noch ihr »Flügel« wird derzeit von irgendeiner Kapitalfraktion unterstützt. Das galt allerdings auch für die frühe NSDAP. Aber der »Flügel« zielt auf eine scheinbar antikapitalistische Massenmobilisierung des Kleinbürgertums, wenn Björn Höcke etwa sagt: »Sozial sollte die AfD sein, weil die Kluft zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik Deutschland immer größer wird und die soziale Marktwirtschaft unbedingt gegen einen entarteten Finanzkapitalismus verteidigt werden muss.«.
Die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte hat Folgen gehabt. Die Stichworte lauten: soziale Krise, Entsolidarisierung und Parteienverdrossenheit. Natürlich hat der Neoliberalismus auch Widerstand hervorgerufen, aber dieser hat leider wenige Erfolge vorzuweisen. Eine Partei, die vorgibt, weder links noch rechts zu sein, sondern für etwas Neues zu stehen – übrigens ein klassisches Merkmal faschistischer Ideologie – könnte in dieser Situation eine Massenbasis gewinnen. Die AfD ist noch nicht diese Partei.
Doch der »Flügel« möchte sie dazu machen. Die Ankündigung des ursprünglich zum Lucke-Flügel zählenden Vorsitzenden Jörg Meuthen auf dem jüngsten Parteitag, ein »anderes Deutschland« zu wollen als das »linksrotgrün verseuchte«, hat gezeigt, wie der »Flügel« andere Kräfte vor sich hertreibt. Es ist wichtig, die Gefahr des Faschismus bereits im Keim zu ersticken. Er bedroht uns alle. Darum sollte ein Bündnis gegen die AfD auch alle umfassen, die sie stoppen wollen.
Zum Autor:
Jan Maas ist Redakteur von marx21.
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