Während Trump auf militärische Eskalation setzt, will die Bundesregierung Deutschland mittelfristig zur größten Militärmacht Europas machen. Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin der LINKEN, sprach heute auf dem Ostermarsch in Fulda über die zunehmend unsichere Weltlage, einen eskalierenden Rüstungswettlauf und linke Antworten auf die Kriegspolitik der Herrschenden. Wir dokumentieren ihre Rede
Wir leben in kriegerischen Zeiten. Spannungen zwischen den Großmächten, Kriege und Krisen nehmen zu. Um nur die wichtigsten Punkte zu nennen: Die NATO eskaliert den Konflikt mir Russland. Die USA, Russland und China liefern sich einen neuen, nuklearen Rüstungswettlauf. Sie alle stecken Milliarden in die Modernisierung ihrer Bomberflotte hinein oder beschaffen sich neue Flugzeugträger. Allen vorweg übrigens die USA, deren Rüstungshaushalt allein rund zehnmal so groß ist, wie der Russlands. Und auch in Deutschland wird das Atomwaffenarsenal der US-Streitkräfte in Büchel modernisiert. Diese Waffen machen bringen keine Sicherheit, im Gegenteil, sie machen Deutschland zu einem potenziellen Angriffsziel. Büchel muss geschlossen werden und die US-Atomraketen müssen aus Deutschland verschwinden.
Das Verbindende der Krisenherde
Mit Sorge sehen wir nach Ostasien. Die USA haben diese Woche einen Flugzeugträger mitsamt Zerstörern und Fregatten vor der koreanischen Küste aufgefahren und drohen offen mit militärischer Gewalt gegen Nordkorea. Dessen Machthaber lässt demonstrativ Trägerraketen für Atomwaffen testen. Im Südostasiatischen Meer eskaliert der Konflikt zwischen China und den US-Verbündeten um den Anspruch auf die Gewässer. In Syrien und im Irak kämpfen mittlerweile die Streitkräfte fast aller Groß- und Regionalmächte. Im Süd-Sudan und im Jemen toben blutigen Bürgerkriege, deren Ausmaß der humanitären Tragödie im Mittleren Osten in nichts nachsteht.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Eines verbindet die Konflikte: Alle diese Konflikte werden durch militärische Interventionen von außen geschürt oder verschlimmert. Amerikanische Kriegsschiffe haben nichts vor Korea oder im südostasiatischen Meer zu suchen. Russische Luftangriffe auf syrische Krankenhäuser sind ein Verbrechen – ebenso wie es ein Verbrechen ist, wenn Saudi-Arabien den Jemen bombardiert und eine Hungerblockade gegen das Land verhängt. Letzteres unterstützt die Bundesregierung auch noch mit dem Export von bewaffneten Patrouillenbooten an das Regime in Riad. Damit muss sofort Schluss sein.
Krieg ist keine Naturkatastrophe
Die Herrschenden reden gern von Frieden – so vor ca. einer Woche beim G7-Gipfel in Italien und voraussichtlich auch auf dem G20-Gipfel im Juli in Hamburg. Aber sie führen Krieg. Wie kann das sein? Bertolt Brecht gab folgende Antwort: »Die Oberen sagen: Frieden und Krieg sind aus verschiedenem Stoff. Aber ihr Friede und ihr Krieg sind wie Wind und Sturm. Der Krieg wächst aus ihrem Frieden, wie der Sohn aus der Mutter, er trägt ihre schrecklichen Züge. Ihr Krieg tötet, was ihr Frieden übriggelassen hat.«
Wer auf die Mächtigen der Welt hofft, um die Kriege zu beenden, der macht den Bock zum Gärtner. Es ist kein Zufall, dass viele Millionen mit dem Export von Waffen nach Saudi-Arabien verdient werden, mit denen der Jemen bombardiert wird. Aber das zur gleichen Zeit die UN berichten, dass viel zu wenig Geld eingeht, wenn es um die Bekämpfung der Hungersnot geht, eine der Folgen eben dieses Krieges. Krieg ist keine Naturkatastrophe, Krieg hat System. Wirtschaftliche Konkurrenz ist untrennbar mit politischer Rivalität verwoben. Wer Frieden will, muss daher dem Kapitalismus den Kampf ansagen.
Die Bundesregierung misst mit zweierlei Maß
Die Welt ist unberechenbar geworden. Die US-Wahl hat es nicht besser gemacht. Trump ist ein ein Rassist und Kriegstreiber. Er will Aufrüstung und den so genannten »Anti-Terror-Krieg« noch weiter ausweiten. Die Bundesregierung sagt unisono, es sei »nachvollziehbar«, als die USA kürzlich Cruise Missiles auf Syrien abwarfen. Ich sage: Nein, das ist es nicht! Richtig ist: Assad ist ein Diktator, der mit brutaler militärischer Gewalt gegen die Opposition und Zivilisten vorgeht. Das US-Bombardement bringt den Opfern des brutalen Bürgerkriegs jedoch nichts, droht aber den Konflikt international zu eskalieren.
Es kann nicht angehen, dass die Bundesregierung mit zweierlei Maß misst. Wenn die russische Luftwaffe Schulen und Krankenhäuser in Aleppo bombardiert, dann wird das zu Recht kritisiert. Aber wenn amerikanische Luftstreitkräfte zivile Ziele treffen, dann wird das gerechtfertigt. Schlimmer: mit Luftaufklärung und Luftbetankung unterstützt die Bundeswehr noch diesen Krieg. Erst vor zwei Wochen ist öffentlich geworden, dass die US-geführte Koalition in Al-Mansura in der syrischen Provinz Rakka eine ehemalige Schule bombardiert haben soll, in der sich viele Familien aufgehalten haben. Es ist von mindestens 33 toten Zivilsten die Rede, wahrscheinlich waren es noch viel mehr. Laut Süddeutscher Zeitung hat die Bundeswehr die Luftbilder für den Angriff geliefert. Wir fordern dafür internationale Aufklärung – genauso wie für den fürchterlichen Giftgasangriff in Idlib, bei dem über 80 Zivilisten umgekommen sind.
Dies sind keine Einzelfälle. Die Website Airwars.org hat allein für den Monat März 2017 Berichte von rund 90 Luftangriffen der US-geführten Koalition in der syrischen Provinz Rakka zusammengetragen, bei denen Zivilisten verletzt oder getötet worden sind. Die Luftangriffe auf das irakische Mossul haben noch mehr Opfer gefordert. Wir fordern ein Ende der deutschen Beteiligung am Krieg im Mittleren Osten. Frieden kann nur aus dem Innern der betroffenen Länder wachsen, er kann nicht von außen herbeigebombt werden. Wir wissen das spätestens seit Afghanistan.
Ein eskalierender Rüstungswettlauf
Im internationalen Wettlauf um Einfluss, Rohstoffe und Märkte mischen alle Herrschenden der großen und mittleren Nationen mit. Folge ist ein eskalierender Rüstungswettlauf. Die Bundesregierung hat mit einer Reihe von Entscheidungen diesen Rüstungswettlauf kräftig mit angeheizt. So hat Ministerin von der Leyen im letzten Jahr die so genannte »Agenda Rüstung« vorgelegt. Diese sieht rund 1600 Einzelmaßnahmen für die Beschaffung oder Modernisierung von Waffen und anderen militärischen Gütern vor. Kostenpunkt: mindestens 130 Milliarden Euro. Es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, das sei notwendig, da die Bundeswehr kaputt gespart worden wäre.
Fakt ist: Zwischen 1999 und 2014 ist der Militärhaushalt um rund ein Drittel gewachsen. Seit die Große Koalition an der Macht ist, wurde dieser Prozess beschleunigt. Im letzten Jahr beschloss die Bundesregierung den größten Militärhaushalt seit dem Zweiten Weltkrieg. Nun sagt Außenminister Gabriel, er kritisiere das Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Militär, wie es die NATO fordert. Allerdings nicht, weil er das Ziel politisch ablehnt, sondern weil er es für »unrealistisch« hält.
Die Verantwortung der SPD
Das ist wenig überraschend. Schließlich war es auch ein sozialdemokratischer Außenminister – Steinmeier – , der das 2-Prozent-Ziel mitgetragen und unterschrieben hat. Die SPD hat bislang jedes einzelne Aufrüstungsprojekt mitgetragen – sei es die Entwicklung der Eurokampfdrohnen, sei es die Entwicklung des Mehrzweckkampfschiffes 180, sei es die Wiederaufrüstung mit Leopard 2-Panzern, mit Eurofightern, mit dem Militärtransporter A400M, sei es die Aufrüstung mit Militärsatelliten, und vieles mehr. Jedes einzelne dieser Projekte haben beide Parteien der großen Koalition mitgetragen.
Ich freue mich über jeden Sozialdemokraten und jede Sozialdemokratin, die das nicht richtig findet und hier gemeinsam protestiert. Aber wir wollen die verantwortlichen Politiker in der Regierung an ihren Taten messen. Und auch Martin Schulz muss hier Farbe bekennen. Wir brauchen Abrüstung, nicht Ausrüstung. Denn die deutsche Aufrüstung heizt die Rüstungsspirale mit an. Und es verschwendet Steuergelder.
Bundeswehr raus aus dem Ausland
In Krankenhäuser und Schulen gibt es reichlich Investitionsbedarf. Was für Rüstungsgüter verschleudert wird, fehlt uns in der Infrastruktur, bei Hungerhilfe und sinnvollen Entwicklungsprojekten. Und wofür das Ganze? Für immer mehr Auslandseinsätze. Vor fünfzehn Jahren schickte Rot-Grün die Bundeswehr nach Afghanistan – und sie ist noch immer da. Hat dies das Land entwickelt, Frieden gebracht oder Demokratie? In Mali nun wird der Bundeswehreinsatz von Jahr zu Jahr langsam ausgeweitet. Doch anstatt das Land zu »stabilisieren« – wie von Frau von der Leyen und Herrn Gabriel monoton und wider besseren Wissens wiederholt wird – hat sich die Sicherheitslage im Land immer nur verschlechtert.
Es ist im Übrigen ein Hohn, dass das Land als stabil und friedlich genug erklärt wird, um Mali ein Rückführungsabkommen für Flüchtlinge aufzuzwingen, aber gleichzeitig die militärische Präsenz ausgeweitet wird mit dem Argument, das Land sei immer noch nicht sicher genug. Auch hier sehen wir die gleiche Verlogenheit: Geld für den Export und die Entsendung von Truppen und Waffen ist da, für die Aufnahme von Flüchtlingen aber angeblich nicht. Wir sagen: Holt die Bundeswehr aus den Auslandeinsätzen zurück.
Angriffskrieg im Internet
Nun hat Ministerin von der Leyen eine weitere Front entdeckt: das Internet. Gerade letzte Woche wurde mit dem neuen »Cyberkommando« eine ganze Teilstreitkraft gegründet, die gleichberechtigt neben Marine, Heer und Luftwaffe kämpfen soll. Dabei wird nicht hinter dem Berg gehalten: Die Bundesregierung sagt von vornherein, es gehe um die »Entwicklung offensiver Hochwertfähigkeiten«. Mit anderen Worten: Angriff heißt die Devise. Das Internet wird als internationaler Operationsraum definiert. Die Grenzen zwischen Äußerem und Innerem verschwimmen. Das heißt nichts anderes, als dass die Bundeswehr nun militärisch in die Netze und Computer von Staaten, Unternehmen oder Einzelpersonen offensiv eindringen soll.
Ich sage: Für die Sicherheit des Netzes in Deutschland gibt es zivile Institutionen. Wenn es nur um die Sicherheit des Internets in Deutschland ginge, dann bräuchte man nicht Abermillionen in einen Cyberkrieg hineinstecken.
Die EU ist ein Instrument des Militarismus
Und dann gibt es ja immer noch diejenigen, die uns die EU als friedliche Alternative zu Nationalismus und Trump verkaufen wollen. Hier wird uns eine EU vorgespielt, die es nur in Sonntagsreden und auf dem Papier gibt. Fakt ist: Deutschland kann seine militaristischen Ziele nicht allein erreichen. Die Bundesregierung setzt deshalb bei allen Militäreinsätzen auf Bündnisse, ohne dabei auch nur eine Sekunde die eigenen Interessen aus dem Auge zu verlieren. Die EU spielt dabei eine Rolle, vor allem bei den Rüstungsvorhaben.
Ein Beispiel ist die Entwicklung einer europäischen Drohne. Auch hier geht es darum, im Bündnis mit anderen europäischen Mittelmächten eigene militärische Potenz aufzubauen. Wir wollen ein friedliches Europa. Das kann nur von unten aufgebaut werden. Die EU wie sie heute ist, ist ein Instrument des Militarismus.
Solidarität und Widerstand
Wir stehen hier in Solidarität mit Friedensbewegungen und Widerstand weltweit: Mit der Anti-Trump-Bewegung in den USA, mit den Soldatenmüttern in Russland, mit den Demokratiebewegungen im Mittleren Osten und mit jenen, die sich in der Türkei gegen zunehmend autoritäre Politik und Repression wehren. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für das »Nein« beim morgigen Referendum.
Schließlich möchte ich euch noch auf die nächsten beiden Mobilisierungen hinweisen. Zum einen wird es am 22. April in Köln einen großen Protest gegen die AfD geben. Das sollten wir unterstützen, denn Krieg und Nationalismus gehen überall Hand in Hand. Und schließlich wird es Anfang Juli in Hamburg einen Gegengipfel und eine Gegendemonstration gegen den G20-Gipfel geben, zu dem die größten Kriegstreiber der Welt anreisen. Lasst uns die Proteste gegen den G20-Gipfel auch zu einer Demonstration gegen die Kriege machen, die sie überall auf der Welt führen.
Wir fordern hier und heute: Schließt endlich Büchel und zieht die US- Atomwaffen ab. Und wenn ihr gerade dabei seid: Schließt Ramstein! Es kann nicht angehen, dass von Deutschland aus der US-Drohnenkrieg geführt und weltweit Menschen per Knopfdruck hingerichtet werden. Wir brauchen keine NATO. Sie macht die Welt unsicherer. Stoppt die Aufrüstung: Wir brauchen keine Eurodrohne, keine Mehrzweckkampfschiff und andere Milliardengräber. Was wir brauchen ist Abrüstung! Und wir fordern den Rückzug aus allen Auslandseinsätzen. Dafür demonstrieren wir hier heute und auf den Ostermärschen in der ganzen Republik.
Foto: dirkvorderstrasse
Schlagwörter: Antimilitarismus, Auslandseinsätze, Bundesregierung, Bundeswehr, Christine Buchholz, Frieden, Friedensbewegung, Inland, Krieg, Militär, Militarismus