Christa Müller: »Dein Kind will dich: Echte Wahlfreiheit durch Erziehungsgehalt«, Sankt-Ulrich-Verlag 2007, 176 Seiten, 18,90 Euro
Von Maya Cohen-Mosler
In ihrem Buch „Dein Kind will dich« fordert Christa Müller, dass Hausarbeit entlohnt werden soll. Die Autorin macht sich Sorgen über die aussterbenden Deutschen und befürchtet, dadurch drohe Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Mit einem Erziehungsgehalt möchte sie dem entgegen wirken. Allein eine Erhöhung der Geburtenrate bliebe jedoch „kontraproduktiv«, so Müller, wenn nicht zugleich die Lebensqualität der Kinder stiege.
Glückliche Kinder sind sorglos und unbekümmert und das sind sie nur, wenn sie die vorbehaltsvolle Zuwendung ihrer Eltern genießen, sagt Christa Müller. Kinder in Deutschland seien aber häufig nicht glücklich. Das führt sie zurück auf die zunehmende Vernachlässigung der Kinder durch ihre Eltern.
Ihre zentrale These ist: „Die Erkenntnisse aus der Säuglings-, Bindungs- und neueren Hirnforschung beweisen: Die ganztägige Erwerbsarbeit ist mit den familiären Erfordernissen, vor allem den frühkindlichen Bedürfnissen nach mütterlicher und auch väterlicher Zuwendung, nur in wenigen Fällen in Einklang zu bringen.« Erwachsene handelten egoistisch, denn Kinder würden sich nicht trennen wollen. Ganztagseinrichtungen für Kinder dienten allein dem Wohl der erwachsenen Frauen, die sich im Beruf verwirklichen wollen und dem Interesse der Wirtschaft, die die billige Arbeitskraft der Frauen als Lohndrückerinnen missbrauche.
Christa Müller ist der Meinung, dass „biologisch bedingt« Kinder für das Glück der Frauen „unverzichtbar sind«. Männer und Frauen seien nicht gleich: „Deswegen war es ein Fehler der Frauenbewegung, die Befreiung der Frau vor allem durch die Gleichstellung im Erwerbsleben herstellen zu wollen.«
Nicht die Gleichstellung in der Erwerbsarbeit sei wichtig, sondern „die Arbeit der Frauen in den Privathaushalten muss der beruflichen Tätigkeit gleichgestellt sein (…) Die Emanzipation der Frau ist erst dann erreicht, wenn ihre Leistungen als Hausfrauen genauso anerkannt werden, wie die ihrer erwerbstätigen Mitstreiterinnen.« Deshalb hätte ein Hausfrauenlohn große Bedeutung für das Glück der Kindern, der Frauen und der Männer.
„Der Job als Hausfrau ist weniger entfremdet als jede andere Tätigkeit«, behauptet Müller. Immer wieder betont sie, dass eine Mutter diese Arbeit angeblich am Besten leisten kann: „Eine verantwortungsvolle und fähige Hausfrau, unterstützt von ihrem Partner, ist in der Aufziehung von Kindern, der Pflege von Angehörigen und der Schaffung eines gemütlichen Heimes für die ganze Familie unverzichtbar.«
Um die Geburtenrate zu erhöhen und den Kindern eine glückliche Kindheit zu bescheren schlägt Christa Müller die Einführung eines Erziehungsgehalts vor: 1600 Euro im ersten Lebensjahr, 1000 Euro für das zweite und 500 Euro bis zum 20. Lebensjahr vor. Mit diesem Geld müssten Eltern auch Kitaplätze voll bezahlen. Zur Gegenfinanzierung fordert sie die Abschaffung aller steuerlichen Begünstigungen und Geldleistungen wie zum Beispiel Kindergeld, Kinderfreibeträge, Erziehungsgeld, Kindererziehungsleistungen in der Rente und Ausbildungsfreibeträge.
Bei genauerer Betrachtung schrumpft so das Erziehungsgehalt zusammen: Von den vorgeschlagenen 500 Euro würden allein durch Abzug des Kindergelds in Höhe von derzeit 154 Euro nur noch 346 Euro übrig bleiben.
In der Finanzierung laufen die Forderungen der Autorin hauptsächlich auf eine Umverteilung innerhalb der Arbeitnehmerschaft hinaus. Außerdem verfestigt das Modell die alte Rollenteilung und damit die wirtschaftlich Abhängigkeit der Frau vom Mann.
Das Erziehungsgehalt würde dazu führen, dass Reiche und Mittelstand ihre Kinder nicht selbst erziehen, wie Christa Müller es sich wünscht. Sozial schwächere Familien mit niedriger beruflicher Qualifikation würden dagegen eher ihre Kinder ganztägig selbst betreuen.
Im Kern entpuppt sich das Erziehungsgehalt als „Herdprämie« für die Frauen der Arbeiterklasse und zementiert deren Isolation. Nicht alle Frauen haben das „Glück«, familienpolitische Sprecherinnen in einer Partei zu sein und so mit der Gesellschaft direkt in Beziehung zu treten. Die Entfremdung der Frauen von einer erfüllten gesellschaftlichen Teilhabe würde verstärkt, wenn Christa Müllers Ideen umgesetzt würden.
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- Krippen schaden unseren Kindern nicht: Außer-Haus-Betreuung sei schlecht, behaupten nicht nur rechte Politker, sondern auch linke. Diplompsychologin Maya Cohen-Mosler kritisiert die Argumente der Krippengegner. (Der Artikel ist erschienen in: marx21, Heft 1, Juni 2007)
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