Die Europäische Zentralbank (EZB) steht vor einem Dilemma. Einerseits brauchen Konzerne billige Kredite. Andererseits fordern reaktionäre Kreise, dass die EZB die Inflation mit einer Rosskur bekämpft. Hohe Leitzinsen der EZB sollen in die Wirtschaftskrise führen. Dann werden die Preise nicht mehr steigen, heißt es. Ein Kommentar von Thomas Walter
In der Eurozone sind viele Banken, Konzerne, Staaten auf die Hilfe der EZB angewiesen. Mit niedrigen Zinsen versuchte die EZB den niedrigen Profitraten zu begegnen. Die Inflation blieb mangels kapitalistischer Dynamik niedrig.
Doch mit Corona, Dürre und Krieg steigen die Weltmarktpreise vor allem für Energie und Lebensmittel. Gegen diese Verknappung wichtiger Importgüter kann die EZB nichts tun. Die Wirtschaft ist ja nicht »überhitzt«, sondern steckt in der Stagnation. Die höheren Importpreise erhöhen die Kosten und führen zu einer Krise, zusätzlich zur Stagnationskrise.
Die Gewerkschaften müssen für die gestiegenen Preise um einen vollen Lohnausgleich kämpfen. Das ist die richtige Antwort auf die Versuche reaktionärer Kreise, die Inflation auszunutzen, um unter der Überschrift »Inflationsbekämpfung« bei der EZB möglichst hohe Zinsen einzufordern. Sie erhoffen sich davon eine Schwächung konkurrierender kapitalistischer Staaten wie Italien und eine Stärkung des deutschen nationalen Kapitals. Dass hohe Zinsen die Krise noch schlimmer machen, wird gerne in Kauf genommen, denn so sollen Gewerkschaften und Sozialstaat geschwächt werden.
Im Gegensatz zu den Reaktionären hoffen manche Gewerkschafter:innen auf Hilfe von der EZB. Doch der Staat, also Regierung oder EZB, sind dem Profitinteresse des Kapitals verpflichtet. Auch eine »vernünftige« EZB, welche die Zinsen nur »maßvoll« anhebt, kann kein Gas oder Öl, keine Lebensmittel herbeizaubern. Die EZB kann die Krise nicht verhindern. Es geht jetzt darum, dass die Arbeiter:innen sich vor diesen Krisenkosten schützen. Voller Lohnausgleich für die hohen Preise!
Bild: Björn Appel / wikipedia
Schlagwörter: EZB, Inflation