DIE LINKE stellt sich für den Europawahlkampf auf und streitet über die richtige Stoßrichtung. Ronda Kipka erklärt, warum wir mit der Forderung nach einer friedlichen und sozialen EU den Durchmarsch der radikalen Rechten nicht stoppen werden
Bei der Europawahl im Mai 2019 droht ein Triumph der radikalen Rechten, die sich mit scharfer Kritik an der EU profiliert. Auch DIE LINKE bereitet momentan ihren Europawahlkampf vor und debattiert über den richtigen Umgang mit dem europäischen Projekt. Doch mit dem windelweichen Kurs, den große Teile der Partei vorschlagen, wird sie der Rechten nichts entgegensetzen können.
Illusion in die Reformierbarkeit der EU
Zwar besteht innerhalb der LINKEN große Einigkeit über den neoliberalen und undemokratischen Charakter der EU, dennoch ist die Illusion in ihre Reformierbarkeit weit verbreitet. So meint etwa Gregor Gysi: »Die EU kann nur gerettet werden, wenn sie die Schaffung sozialer Sicherheit und ökologischer Nachhaltigkeit als eines ihrer Hauptziele begreift.« Um eine Zukunft zu haben, müsse »die EU wieder mit sozialer Wohlfahrt und Friedensinitiativen verbunden werden«.
Das ist gleich doppelt falsch: Zum einen war die EU nie ein soziales, internationalistisches und friedliches Projekt, das lediglich zu seinen Wurzeln zurückfinden müsste. Zum anderen ist es nicht Aufgabe der europäischen Linken, sich als Retterin der EU aufzuspielen.
Kartell imperialistischer Staaten
Die EU war von Beginn an ein Kartell imperialistischer Staaten, denen es darum ging, die europäische Wirtschaft und die europäischen Konzerne im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu machen. Die EU und »Brüssel« sind identisch mit der Umstrukturierung des europäischen Kapitalismus auf dem Rücken der Lohnabhängigen.
Durch den gemeinsamen Binnenmarkt und Währungsraum können Unternehmen innerhalb der Eurozone ohne Einschränkungen operieren. Die einzelnen Staaten stehen hingegen in einem scharfen Standortwettbewerb miteinander und sind gezwungen, die Unternehmenssteuern und Lohnkosten zu senken, den Arbeitsmarkt zu deregulieren und den Sozialstaat abzubauen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Unter diesem Druck konnten die Verschlechterungen für die Bevölkerung wesentlich leichter durchgesetzt werden.
Krise, Neoliberalismus und die Rechte
Ein »sozialeres« Europa ist im Rahmen dieser imperialistischen EU und ihrer Institutionen unter den anhaltenden Krisenbedingungen unmöglich. Dabei ist es nicht nur der undemokratische Charakter der EU-Institutionen, der dies verhindert, sondern auch der undemokratische Charakter ihrer Auftraggeber, das heißt der führenden Nationalstaaten und ihrer jeweiligen Regierungen, allen voran die Bundesrepublik.
Die neoliberale Politik der EU bereitete den Boden für Rassismus, Nationalismus und den Aufstieg der radikalen Rechten. Es ist kein Zufall, dass gerade in den von Massenentlassungen geprägten ehemaligen Industrieregionen die Rechten ab den 1980ern Jahren stark wurden und dort bis heute ihre Hochburgen haben. Das gilt auch für Deutschland. Die AfD holte in den vormaligen Industriestädten Mannheim, Pforzheim und Bitterfeld sogar Direktmandate bei den Landtagswahlen.
Europawahlkampf: Linke und rechte EU-Kritik
Aber der Aufstieg der Rechten ist kein Automatismus. Um ihn zu stoppen, braucht es eine internationalistische Alternative, die auf Selbstbestimmung, Solidarität, sozialen Rechten sowie der Verteidigung anständiger Arbeitsbedingungen und öffentlichen Eigentums beruht. Um eine linke Kritik an der EU scharf vom rechten Nationalismus abzugrenzen, bedarf es des entschiedenen Kampfes gegen Rassismus und jede Form von Chauvinismus. Nur ein geeintes und entschlossenes Vorgehen gegen rechts kann den rassistischen und reaktionären Kräften den Wind aus den Segeln nehmen und die berechtigte Wut auf die unsoziale und undemokratische EU in linke Bahnen lenken.
Wir sollten nicht die EU und den Euro verteidigen, sondern die erkämpften Sozialstandards und die demokratischen Rechte. Die Idee eines solidarischen Europas ohne Grenzen wird nicht über das Projekt EU erreicht, sondern durch die gemeinsamen Kämpfe der Lohnabhängigen für ihre Interessen. Anstatt dem Traum einer sozialen und friedlichen Union nachzurennen, sollte sich DIE LINKE daher den Aufbau des grenzüberschreitenden Kampfes gegen das neoliberale Kartell imperialistischer Staaten zur Aufgabe machen.
Schlagwörter: EU, Europa, Internationalismus, Nationalismus