Der Film »Ohne uns geht gar nix! Der lange Kampf der Berliner Krankenhausbewegung« zeigt eindrücklich, wie Beschäftigte kollektive Macht durch Streiks entwickeln können. Wir dokumentieren den Film der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Im Sommer und Herbst 2021 hat es die von ver.di initiierte Berliner Krankenhausbewegung geschafft, mit ihren Streiks in den beiden größten landeseigenen Krankenhäusern Charité und Vivantes und bei den Tochterunternehmen von Vivantes für Schlagzeilen zu sorgen (Lies hier den marx21-Artikel: »Berliner Krankenhausbewegung: So haben wir gewonnen.«). Die Beschäftigten forderten Entlastung durch mehr Personal in den Krankenhäusern und die Bezahlung nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Diensts (TVöD) für die ausgegliederten Bereiche.
Berliner Krankenhausbewegung setzt zeichen der Hoffnung
Mit ihren Streiks und letztlich dem Erfolg der Tarifbewegung sendete die Berliner Krankenhausbewegung ein deutliches Zeichen der Hoffnung: Wer kämpft, kann gewinnen – es lohnt sich, sich gemeinsam zu organisieren! Mit gewerkschaftlichen Methoden des Organizing wurden nicht nur Arbeitgeber*innen, sondern auch die Politik im Vorfeld der Berliner Abgeordnetenhauswahl unter Druck gesetzt. All das hat letztlich Wirkung gezeigt – wie der Film eindrücklich belegt. Zugleich legt der Film den Finger in die Wunde und zeigt die Ursachen der Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn auf: Denn Personalmangel in Pflege und Geburtshilfe, ebenso wie Zeitdruck und Arbeitsverdichtungen und die Gefährdung von Patient*innen – all das sind Folgen der Finanzierung von Krankenhäusern nach dem sogenannten Fallpauschalen- oder DRG-System (Diagnosis Related Groups).
Ökonomisierung führt zu Widerstand
Es führt zu Konkurrenz unter den Krankenhäusern, zu einer Konzentration auf «lukrative», d.h. gut vergütete Behandlungen im Krankenhaus sowie zu betriebswirtschaftlichen Sparmaßnahmen. Das Outsourcing der Tochterunternehmen ist also eine Folge des Kostendrucks. Denn die Ausgliederungen gehen mit Tarifflucht und schlechterer Bezahlung einher und führen zudem zu einer Zergliederung der Belegschaften in den Krankenhäusern sowie zur verstärkten Unsichtbarmachung von Bereichen, die ohnehin gesellschaftlich weniger anerkannt, weniger sichtbar und oft weiblicher* und migrantischer geprägt sind – wie etwa Reinigung oder Essenszubereitung. Doch diese Ökonomisierung von Gesundheit führt immer mehr zu Widerstand und zu erfolgreichen Kämpfen. In diesem Sinne ist der Film auch eine Ermunterung an all jene Belegschaften, die auch von besseren Arbeitsbedingungen träumen: Euer Traum kann wahr werden – schließt euch zusammen, organisiert euch und kämpft. Wir zeigen euch, wie das gehen kann. Film ab.
Text: Rosa-Luxemburg-Stiftung
Filmproduzent: Thorsten Winsel
Verantwortliche in der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Julia Dück / Fanni Stolz
How to Win | Lessons from the Berlin Hospital Workers Strike
Wer mehr über den Kampf lernen will sollte sich ebenso den Vortrag (Englisch) von führenden Mitgliedern der Berliner Krankenhausbewegung bei einer Veranstaltung des Londoner Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Stiftung schreibt: »Im Jahr 2021 traten 8.000 Berliner Krankenhausbeschäftigte einen Monat lang in den Streik – eines der wirkungsvollsten Beispiele für Arbeitnehmeraktionen der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Nach 30 aufeinanderfolgenden Streiktagen gab die Geschäftsführung ihren Forderungen nach einem sichereren Personal-Patienten-Verhältnis, besseren Arbeitsbedingungen für Auszubildende und einer besseren Bezahlung des nicht-pflegerischen Personals nach. Am 24. Januar empfing das Londoner Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung einige der führenden Köpfe der Kampagne, um zu erfahren, was nötig war, um den Sieg zu erringen. Dazu gehörte die Verdoppelung der Mitgliederzahlen in nur wenigen Monaten, die Anmietung eines großen Berliner Fußballstadions für eine Streikversammlung, die Einbeziehung von fast 100 Delegierten in die Verhandlungen mit den Bossen und die Entwicklung einer politischen Strategie, die fast alle politischen Parteien auf ihre Seite brachte.«
Schlagwörter: Berlin, Krankenhausstreik