Am vergangenen Wochenende trafen sich 600 Aktivistinnen und Aktivisten in Hamburg, um über die Proteste beim G20-Gipfel 2017 zu sprechen. Florian Wilde engagiert sich im Bündnis und erklärt, was passieren soll und wo man sich beteiligen kann
Florian, was erwartet uns beim G20-Gipfel?
Die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg werden die größten Gipfelproteste in Deutschland seit dem G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 werden. Das liegt zum einen am Ort: Bisher versteckten sich die Herrschenden weit abgelegen auf Inseln oder im Gebirge. Jetzt wagen sie sich mitten in eine Großstadt. Es liegt zum anderen auch an den Teilnehmern: Der neue US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan werden anreisen.
Was ist das Besondere an diesem G20-Gipfel?
Inmitten einer tiefen Vielfachkrise des kapitalistischen Systems versuchen die globalen Eliten, sich durch ein neues, softeres Herrschaftsprojekt zu legitimieren, in das sie Teile der sogenannten Zivilgesellschaft integrieren können. Darum findet der Gipfel auch im Stadtzentrum statt.
Für die Linke bietet der Gipfel die Möglichkeit, inmitten einer tiefen Systemkrise und im 100. Jahr nach der Oktoberrevolution ein weltweit wahrgenommenes Zeichen des antikapitalistischen Protestes in einer imperialistischen Metropole zu setzen – und damit zugleich von links in den Bundestagswahlkampf zu intervenieren. Gerade in einer Situation, die von einer starken Polarisierung zwischen liberaler Mitte und Rechtspopulisten geprägt ist, bietet das eine wichtige Gelegenheit, einen alternativen Pol gesellschaftlich sichtbar zu machen.
In Hamburg hat sich bereits ein Bündnis formiert, das den Staats- und Regierungschefs mit Protest entgegentreten will. Wie sehen dessen Pläne aus?
Das bundesweite Bündnis, das sich zurzeit formiert, ist erfreulich breit. Es reicht von entwicklungspolitischen und kirchlichen Initiativen bis hin zu antikapitalistischen Gruppen. Geplant ist ein Dreiklang der Proteste: ein Alternativgipfel, eine Großdemonstration und Gipfelblockaden im Geiste eines massenhaften zivilen Ungehorsams.
Die Stadt Hamburg ist ja nicht gerade für ihren zuvorkommenden Umgang mit Protest berühmt. Was erwartet uns im Vorfeld und während des Gipfels?
Der Gipfel wird in den Messehallen stattfinden, direkt im Karoviertel und unmittelbar neben dem Schanzenviertel, den klassischen Hochburgen der Hamburger Linken.
Vor und während des Gipfels ist mit massiven Einschränkungen der Bürgerrechte zu rechnen. Aber die Hamburgerinnen und Hamburger sind auch für ihren Widerstandsgeist und ihre robuste Demonstrationskultur bekannt. Es dürfte also spannend werden.
Bis Juli ist noch etwas Zeit. Gibt es Möglichkeiten, sich schon jetzt zu beteiligen?
Neben einer Teilnahme am Bündnis ist es wichtig, sich frühzeitig Gedanken über die Mobilisierung in der eigenen Stadt zu machen: Bündnispartner finden, Mobilisierungsveranstaltungen durchführen, gemeinsame Anreise organisieren. Damit der Gipfelprotest nicht als isoliertes Ereignis verpufft, sollte er mit konkreten Fragen wie Miete, Umweltschutz oder Antimilitarismus verknüpft werden. So kann er auch zur Stärkung der eigenen Strukturen genutzt werden. Für den März 2017 ist eine weitere Aktionskonferenz plant.
Foto: seven_resist
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