Der größte Auslandseinsatz birgt auch die größten Risiken. Mali droht für die Bundeswehr zu einem zweiten Afghanistan zu werden, findet Christine Buchholz
Im Januar hat die Große Koalition beschlossen, deutsche Transport- und Kampfhubschrauber im umkämpften Nordmali zu stationieren. Sie stockt das Bundeswehrkontingent im Rahmen der UN-Militärmission Minusma auf bis zu tausend Soldaten auf. Damit macht sie diesen Einsatz zum größten laufenden Auslandseinsatz — und zu einem äußerst gefährlichen. Mali droht für die Bundeswehr zu einem zweiten Afghanistan zu werden.
Bereits im letzten Jahr war das von der Bundeswehr genutzte Camp Castor im nordmalischen Gao zweimal Ziel von Anschlägen. Verletzt wurde dabei niemand. Im Januar kam es dann zu einem verheerenden Anschlag auf das in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Lager der malischen Armee. Dabei starben 77 malische Soldaten und mit ihnen zusammenarbeitende Tuareg-Milizionäre.
Militär provoziert Widerstand
Die Begründung für den Bundeswehreinsatz ist widersprüchlich. Ursprünglich stellte die Bundesregierung die Ausweitung des deutschen Operationsgebiets in den gefährlichen Norden als einen Akt der Solidarität mit Frankreich dar, als Reaktion auf die Terroranschläge in Paris im November 2015. Das Mandat der Minusma-Truppe sieht allerdings gar nicht vor, Terror zu bekämpfen. Vielmehr soll sie den Frieden im Land sichern. Den gibt es aber nicht, die Anschläge nehmen zu.
Der Einsatz bekommt eine Eigendynamik. Vieles erinnert an die erste Zeit der Bundeswehr in Afghanistan vor fünfzehn Jahren. Genau wie damals sind weder Minusma noch die mit ihr kooperierende Kampfoperation Barkhane der französischen Armee in der Lage, das Land zu befrieden. Im Gegenteil: Die Anwesenheit ausländischer Truppen provoziert geradezu Widerstand. Die deutschen Truppen fahren abgeschirmt in gepanzerten Wagen Patrouille ohne Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Je länger das dauert, desto mehr werden sie als fremde Besatzer wahrgenommen. Ein Soldat sagte mir bei einem Besuch in Gao: »Je stärker wir hier präsent sind, desto interessanter werden wir als Anschlagsziel.«
Einladung zum Krieg in Mali
Tatsächlich geht es bei dem Bundeswehreinsatz weniger um Mali als vielmehr um die geopolitischen Ziele Deutschlands. Schon im Januar 2013 lud die französische Regierung die Bundesregierung ein, sich am Krieg in Mali zu beteiligen. Diese verstand das als einmalige Gelegenheit, im Windschatten der französischen Armee am Südrand der Sahara, in einer rohstoffreichen Region, militärisch Fuß zu fassen. Frankreich verfügt als ehemalige Kolonialmacht über militärische Stützpunkte, Erfahrung und Einfluss in der Region. Deutschland hingegen kaum.
Ein Jahr später sagten der damalige Bundespräsident Gauck, Verteidigungsministerin von der Leyen und der damalige Außenminister Steinmeier auf der Sicherheitskonferenz von München, Deutschland dürfe nicht länger am Rand stehen und zugucken, wenn internationale Konflikte ausgefochten würden.
Ausbildung für die Bundeswehr
Der Bundeswehreinsatz in Mali fügt sich in die deutschen imperialistischen Bestrebungen ein. Er ist in vielem auch Ausbildung für die Bundeswehr selbst. Was sie heute als Blauhelmtruppe lernt, kann sie morgen als Kampftruppe umsetzen. Dem dient zum Beispiel der Einsatz einer eigenen Heron-Aufklärungsdrohne. Die Bundeswehr wertet hier, anders als bei den Einsätzen in Afghanistan oder in Syrien und Irak, die Bilder in Eigenregie aus. Das ist zwar ineffizient, aber die deutschen Streitkräfte machen es trotzdem selbst, unter schwierigen Bedingungen.
Frieden kann nicht von außen aufgezwungen werden. Er kann nur aus der malischen Gesellschaft wachsen, von unten. Es gibt in Mali eine Linke sowie eine für afrikanische Verhältnisse starke Zivilgesellschaft. Anfang der 90er Jahre gab es eine Revolution im Land. Doch westliche Regierungen haben die korrupten Regierungen gestärkt, die danach gekommen sind. DIE LINKE sollte stattdessen diejenigen Kräfte unterstützen, die im Innern Malis für Frieden und eine sozialere Gesellschaft kämpfen.
Die Autorin:
Christine Buchholz ist friedenspolitische Sprecherin der LINKEN und Mitglied des Verteidigungsausschusses im Bundestag.
Foto: Ministerio de Defensa
Schlagwörter: Afrika, Bundeswehr, Bundeswehreinsatz, Christine Buchholz, DIE LINKE, Imperialismus, Kampfeinsatz, Linkspartei, Mali, Ursula von der Leyen