Wie DIE LINKE im gemeinsamen Kampf gegen antimuslimischen Rassismus aktionsfähig werden kann, erklärt unsere Autorin am Beispiel von Berlin-Neukölln
Lucia Schnell ist aktiv in der LINKEN in Berlin-Neukölln und kandidiert dort für den Bundestag.
In den Medien werden seit Jahren islamfeindliche Klischees verbreitet und oft auch mit scheinbar liberalen und fortschrittlichen Argumenten begründet. Weil antimuslimische Vorurteile weit verbreitet sind, nutzen AfD und Co das Thema, um gesellschaftlich auszugreifen. Um aktionsfähig zu werden, ist es notwendig, zunächst Veranstaltungen gegen antimuslimischen Rassismus in der LINKEN anzuregen. Ohne einen inhaltlichen Austausch und die Möglichkeit, Fragen zu klären, werden Mitglieder bei einem gesellschaftlich so aufgeladenen Thema nicht bestehen können. Es ist sinnvoll, Mitglieder der Linken mit muslimischem Hintergrund oder Menschen aus muslimischen Gemeinden oder antirassistischen Initiativen einzuladen, ihre Perspektiven in der LINKEN zu teilen.
Bei antifaschistischen Protesten braucht es breite Solidarität und Bündnisse mit allen Betroffenen. Wenn Moscheen oder Synagogen angegriffen werden, muss DIE LINKE vor Ort Solidarität organisieren – unabhängig davon, ob das Gotteshaus einen konservativen »Ruf« hat oder nicht. Wir verteidigen alle, die islamfeindlich oder antisemitisch angegriffen werden.
Der Kampf gegen antimuslimischen Rassismus
Wie das gehen kann, haben wir in Berlin-Neukölln zuletzt im November 2020 gezeigt. Damals kündigte ein dänischer Nazi mit seiner islamfeindlichen Partei eine Kundgebung »gegen Antisemitismus« auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln an. In Dänemark provoziert er mit Koranverbrennungen. Das antifaschistische Bündnis-Neukölln rief auf, zu verhindern, dass »die Sonnenallee als Kulisse für rassistische und rechte Hetze missbraucht« wird. Als LINKE beteiligten wir uns an den Gegenprotesten, zu denen 500 Menschen kamen. Ein Imam sprach gegen Rassismus ebenso wie Vertreterinnen der LINKEN, der Grünen und von antirassistischen und jüdischen Initiativen. Über der Kundgebung hing ein Transparent mit der Aufschrift »Kein Rassismus, kein Antisemitismus! Gegen Nazis – Neukölln hält zusammen«. Die nahegelegene Moschee hatte mobilisiert und viele Gemeindemitglieder waren da. Der Nazi kam schließlich nicht, weil er aufgrund der Pandemie nicht einreisen durfte. Die Aktion war dennoch ein wichtiges Zeichen gegen rassistische Spaltung.
Solidarität der LINKEN
Wenn der Staat Muslimen diskriminiert, setzt die Solidarität häufig mehr Diskussion in der LINKEN voraus. In Berlin macht die Polizei seit Jahren auf Betreiben des Innensenators der SPD massive Polizei-Razzien in Shisha-Bars und anderen migrantischen Geschäften unter dem Vorwand des Kampfes gegen sogenannte »Clan-Kriminalität«. Als LINKE.Neukölln haben wir mit Betroffenen Aufklärung gegen diese stigmatisierende Kampagne organisiert. Aus einer Podiums-Veranstaltung gründete sich die Initiative »Kein Generalverdacht«. Der Senat musste schließlich zugeben, dass die Ergebnisse der Razzien sehr dürftig sind und es keineswegs um »organisierte Kriminalität« geht.
Ebenso wurde DIE LINKE in Neukölln aktiv gegen die Moschee-Razzien wegen angeblich falscher Beantragung von Corona-Soforthilfen. Gemeinsam mit den Abgeordneten Hakan Tas und Christine Buchholz stattete DIE LINKE in Neukölln einer betroffenen Moschee einen Solidaritätsbesuch ab und wandte sich öffentlich gegen diese stigmatisierende Razzia.
Solidarität der LINKEN im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung von Muslimen und Musliminnen auch von staatlicher Seite ist die Voraussetzung dafür, dass die Betroffenen uns als Bündnispartner und DIE LINKE als glaubwürdige antirassistische Kraft wahrnehmen. Tun wir das nicht, überlassen wir dieses Feld anderen, teils reaktionären Kräften. So spielt sich beispielsweise der türkische Staatspräsident Erdogan regelmäßig als Vorkämpfer gegen antimuslimischen Rassismus in Deutschland auf. Auch er hat die Razzia in einer Moschee in Kreuzberg scharf kritisiert.
DIE LINKE muss besser werden im Kampf gegen antimuslimischen Rassismus – das schließt mit ein, dass die Stimmen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die von antimuslimischen Rassismus betroffen sind, aufgegriffen und gehört werden, um einen gemeinsamen Kampf zu führen.
Fotos: Christine Buchholz
Schlagwörter: Antimuslimischer Rassismus, Inland