Mit seinem Buch »Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert« legt Hannes Hofbauer eine wissenschaftliche Unterfütterung für die Wagenknecht’sche Position zu Migration vor. Eine teils schwer zu ertragende Lektüre, die trotzdem erhellend sein kann, meint Ava Matheis
Hannes Hofbauer beschwert sich in seinem neuen Buch »Kritik der Migration« lautstark darüber, dass »die Linke [sich] sträubt, den strukturell zerstörerischen Charakter von Wanderungsbewegungen zu erkennen«. Für Hofbauer ist die Forderung nach offenen Grenzen nichts anderes als eine kapitalistische Forderung, da Migration ein »Ausdruck von [globaler] Ungleichheit« sei und zu Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt führe. Daher kommt er zu dem Schluss, dass Migration keine positiven Aspekte haben könne. Der Fehler in Hofbauers Argumentation ist fundamental: Er sieht die Spaltungen der Weltarbeiterklasse als unüberwindbare Tatsache.
Blinder Fleck: Weltarbeiterklasse
Dass Kapitalisten günstigere Arbeitskraft ausbeuten, ist jedoch weder neu noch Schuld der Migrantinnen und Migranten. Repressive Migrationspolitik schützt Lohnabhängige nicht vor Angriffen des Kapitals, sondern verstärkt die Entrechtung von Migrantinnen und Migranten und verschärft dadurch erst die Konkurrenz zwischen migrantischen Lohnabhängigen und »einheimischen« Arbeiterinnen und Arbeitern. Doch eine solche Perspektive fehlt dem Autor.
Offen nach rechts?
Anschlussfähig nach rechts ist seine mit anti-muslimischen Ressentiments gespickte Sicht auf die Migrationsbewegung ab 2015, die er »Die große Wanderung der Muslime« nennt. Das Buch entwirft eine rechts-sozialdemokratische »Anti-Migration«-Position. Für Sahra Wagenknecht ist das Buch ein Referenzwerk.
Es wärmt olle Kamellen (brain drain) wieder auf und ist in seinem oberlehrerhaften Ton nur schwer zu ertragen. Eine Lektüre kann trotzdem erhellend sein, für jeden und jede, der oder die sich kritisch mit den vorgeblich linken Migrationspositionen auseinandersetzen will.
Das Buch:
Hannes Hofbauer
»Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert«
Promedia Verlag
Wien 2018
272 Seiten
19,90 Euro
Schlagwörter: Arbeiterklasse, Bücher, Buchrezension, Flucht, Kultur, Migration