Erst Köln, jetzt Hannover – das Bündnis rechter Hooligans und Nazis stellt eine neue Dimension des antimuslimischen Rassismus dar. Hass auf Muslime und Gewaltbereitschaft ergeben eine gefährliche Mischung, meint Jules Jamal El-Khatib
Zuerst marschierten am 26. Oktober fast 5.000 rechte Hooligans und Neofaschisten unter dem Motto „Hooligans gegen Salafismus“ (Hogesa) in Köln auf. Diese Demonstration war deutlich größer als alle anderen rechten Aufmärsche in Westdeutschland in den vergangenen Jahren. Nun gingen in Hannover am 15. November 3000 Anhänger von Hogesa auf die Straße und lauschten den Reden von Michael Stürzenberger, Autor des antimuslimischen Internetportals PI-News, und anderer Redner aus dem islamfeindlichen Spektrum.
Die rechte Szene verschiebt anscheinend den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Straßenproteste. In der Vergangenheit nahmen die größten Aufmärsche vor allem die Traditionspflege zum Anlass. Beispiele dafür sind die Feiern zur Verherrlichung des ehemaligen Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess oder die Aufmärsche anlässlich der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg. Der jährliche Naziaufmarsch in Dresden war einmal der größte Europas, bevor wiederholte Blockaden von antifaschistischen Bündnissen ihn nahezu unmöglich und für die rechte Szene unattraktiv gemacht haben. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis Nazis einen neuen Weg auf die Straße finden würden.
Denn Aufmärsche wie in Dresden stellen eines der zentralen Elemente in der Strategie der Faschisten dar. Neben dem Kampf um die Köpfe und dem Kampf um die Parlamente führen Nazis bewusst einen Kampf um die Straße, um Macht zu demonstrieren. Faschisten können Anziehungskraft auf ihr Umfeld ausüben, wenn sie den Eindruck erwecken, als könnten sie ihre Scheinlösungen durchsetzen und ihre Gegner niederhalten. Aufmärsche lassen sie als die Macht auf der Straße erscheinen. Deshalb ist es nötig, sie zu verhindern. Das hat in Dresden nach einigen Jahren funktioniert, in Köln aber leider nicht, in Hannover wenigstens in Teilen, wobei die Stadt auch weiter entfernt ist von den Hochburgen der rechten Hooligans im Ruhrgebiet.
Hogesa geht zurück auf eine gemeinsame Aktion mehrerer rechter Hooligan-Gruppen und Nazis aus dem Ruhrgebiet anlässlich einer Rede des reaktionären islamischen Predigers Pierre Vogel in Mönchengladbach am 8. Februar. Seitdem nahmen Hogesa-Unterstützer und Nazigruppen auch in Offenbach, Bremen, Hannover und Mannheim an Protesten gegen Vogel teil. Sie beteiligten sich häufig an Aktionen, die von SPD- und Grünen-nahen Bündnissen organisiert worden waren. Dabei gelang es den Rechten in einigen Städten, die Demonstrationen mit ihren Parolen zu prägen, während die Bündnisse sich weder vor der Demo noch im Anschluss von den rechten Teilnehmern distanzierten.
Das Vorbild für Hogesa stellt die English Defence League dar, die es in den vergangenen Jahren geschafft hat, in Großbritannien ein schlagkräftiges Bündnis aus extrem rechten Parteien und rechten Hooligans zu etablieren. Dort demonstrierten teilweise Abgeordnete der konservativen Tories auf Kundgebungen, die aus dem EDL-Umfeld angemeldet worden waren. Ähnlich wie die EDL hat Hogesa vorgegeben, gegen Salafisten zu sein. Dass auf Demonstrationen beider Gruppen rassistische Parolen wie „Ausländer raus“ gerufen wurden, macht allerdings deutlich, dass es nur vorgeblich um den Salafismus geht. Auch die Rufe mehrere Demonstranten den Koran zu verbrennen zeigten, dass es gegen den Islam und die Muslime in ihrer Gesamtheit geht.
Gefährlich ist das, weil antimuslimische Hetze so verbreitet ist, während das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg oder die Trauer um Nazigrößen den Rechten weniger Anknüpfungsmöglichkeiten gegeben hat. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach spricht beispielsweise immer wieder davon, dass es in Deutschland nur eine christlich-jüdische Tradition gebe, während der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Zwar distanzierte sich sowohl seine Partei als auch die AfD von Hogesa, gleichwohl greift Hogesa die allgegenwärtige Ablehnung von Muslimen und des Islam im Allgemeinen und des Salafismus im Speziellen auf.
Während Hogesa in Köln fast 5000 Menschen auf die Straße bringen konnte, blieben die Gegenproteste in Köln schwach, was sich in Hannover schon änderte, wo etwa 5000 Antifaschisten gegen die 3000 Hogesa-Anhänger demonstrierten. Die Schwäche in Köln liegt zum einen daran, dass Hogesa von linker und antifaschistischer Seite unterschätzt wurde, ein Fehler, der in Hannover nicht wiederholte wurde. Zum anderen aber daran, dass auch antifaschistische Gruppen in Deutschland den Kampf gegen den Salafismus betreiben. Deutlich wird dies im Aufruf des Antifa-AK, der für die Gegenproteste in Köln mobilisierte. Dieser beklagt sich, dass die Neonazis eine angeblich „berechtige Wut auf den Salafismus“ ausnutzen würden. Weiter heißt es, Hogesa gehe es nur „vordergründig“ um die Ablehnung des Salafismus.
Die reale Gefahr für Demokratie und Menschenrechte in Deutschland geht aber nicht von Pierre Vogel oder den Salafisten aus, sondern von denjenigen, die Muslime zum Feindbild erklären, auch wenn sie offiziell nur auf den Salafismus zielen. Ein Erfolg im Kampf gegen Hogesa kann nur erzielt werden, wenn er auch die Umstände thematisiert, die zur Ausgrenzung von Muslimen führen und die Propaganda bekämpft, die Muslime und Terror gleichsetzt. Eine wichtige Basis dafür stellt ein gemeinsam mit den Muslimen organisierter Widerstand gegen die rechten Aufmärsche dar.
Mehr zum Umgang der LINKEN mit islamischen Fundamentalisten.
Foto: cephir
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